Facebook, Twitter und Co

Auf der Suche nach der richtigen Social-CRM-Strategie

24.01.2012
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Welche Vorteile könnten Unternehmen aus Social CRM ziehen?

Franz Billinger, SBK: "Unsere Social-Media-Guidelines passen auf ein Blatt Papier."
Franz Billinger, SBK: "Unsere Social-Media-Guidelines passen auf ein Blatt Papier."
Foto: Joachim Wendler

Nichtsdestotrotz bieten soziale Medien den Unternehmen aus Anbietersicht viele Vorteile im Kontakt mit den Kunden. Zeisinger zufolge lässt sich damit ein viel engerer Kontakt zu den Kunden aufbauen. Das schaffe Vertrauen, das sich auf anderen Kanälen nicht in dem gleichen Maße herstellen lasse. "Da kann man noch so viele Pressemitteilungen schreiben."

Handfeste Vorteile nennt auch Andreas Zipser, Mitglied der Geschäftsführung der CAS Software AG: Firmen könnten ganze Geschäftsprozesse im Kunden-Management mit Hilfe von Social-Media-Werkzeugen abbilden. Beispielsweise hätten Service- und Supportabteilungen die Möglichkeit, Traffic von E-Mail und Telefon auf Twitter zu verlagern. Das sorge für Effizienz. "Man muss eine Antwort nicht zehnmal per Mail rausschicken, sondern stellt sie einmal in Twitter, und alle Kunden können sie lesen." Das könne so weit gehen, dass die eigenen Supportmitarbeiter teils gar nicht mehr antworten müssten - zum Beispiel wenn ein Kunde ein Problem in Facebook einstellt und andere eine passende Lösung posten.

Wie sollten Unternehmen mit einer Strategie für Social CRM beginnen?

Allerdings ist nicht alles Gold, was im Social-Media-Umfeld glänzt, räumen auch die Anbieter ein. Aus Sicht von Oracle-Manager Elmar Neuwirth ist es vor allem die Entwicklung des Markts, die für alle Beteiligten schwer abzuschätzen bleibe. "Heute ist es Facebook und Twitter, morgen möglicherweise etwas ganz anderes", fürchtet der CRM-Experte. "Wir wissen einfach nicht, wie sich diese Dinge konkret weiterentwickeln und welchen Erfolg sie haben." Das macht es für die Anwender nicht gerade einfacher, langfristige Visionen zu entwickeln. "Kein Unternehmen wird Geld in die Hand nehmen und in ein System investieren, dass in zwei oder drei Jahren möglicherweise komplett überholt ist", kommentiert BASF-Manager Dietrich.

Auch Eon-Manager Jörg Koletzki würde ohne genaue Analyse keine Millionen ausgeben, um sein CRM-System so anzupassen, dass es plötzlich unstrukturierte Daten aus Facebook und Twitter verarbeitet. "CRM-Prozesse sind Kernprozesse, die heutzutage stark automatisiert ablaufen." Dagegen bedeuteten Social Media sowie deren Datenstrukturierung völliges Neuland. CRM-Systeme seien bisher nicht dafür ausgelegt, unstrukturierte Daten zu verarbeiten, sondern komplexe Prozesse wie beispielsweise diejenigen im Call-Center zu automatisieren. "Kippt man hier einfach unstrukturierte Daten hinein, steigt das System aus."

Marcus Rübsam, Director Global Solution Management bei SAP, rät daher dazu, pragmatisch mit kleineren Projekten zu starten, beispielsweise im Bereich Social-Media-Monitoring, um überhaupt erst einmal zu ermitteln, inwieweit die eigene Firma ein Thema in den verschiedenen Netzen ist. Dazu gehöre letztlich aber auch, einer Firma zu sagen, dass sie besser die Finger von Social CRM lassen sollte, selbst wenn die Verantwortlichen der Meinung sind, auf diesen Zug unbedingt aufspringen zu müssen.

Der Ansatz, im Rahmen einzelner Pilotprojekte erste Erfahrungen zu sammeln, scheint auch für die meisten Anwenderunternehmen derzeit das Mittel der Wahl. "Social CRM steckt gerade in einer Art Experimentierphase", sagt BASF-Mann Dietrich. Es gehe zunächst darum, Themen, die den Unternehmen am Herzen liegen, in Form von Pilotierungen auszuprobieren.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die Firmen ohne Strategie in das Abenteuer Social CRM stolpern sollten. "Die Software ist nur Mittel zum Zweck", warnt CAS-Manager Zipser. Wenn Unternehmen keine Idee, keine Strategie hätten und es dort auch niemanden gebe, der sich darum kümmere, "dann wird auch die Software wenig helfen". Die Rolle der Anbieter ist für Zipser eindeutig: "Wir sind nicht dafür da, eine Strategie für unterschiedliche Unternehmen auszuarbeiten." Aufgabe der Anbieter sei es, die notwendige Technik bereitzustellen.

"Es entbindet uns niemand von der Aufgabe, uns zunächst zu fragen, welche Strategie wir verfolgen und was wir damit erreichen wollen", bestätigt Koletzki. Dabei erwarten die Verantwortlichen in den Unternehmen jedoch Hilfe von Seiten der Anbieter. "Sie als Anbieter müssen das unterstützen", fordert Dietrich. "Sie müssen Ihre Produkte weiterdenken." Auch Dominik Multhaupt, Leiter Online Marketing bei Burda Direct Services, sieht die Hersteller an dieser Stelle in der Pflicht. Letztlich bilde die Software die Grundlage, um überhaupt eine Strategie entwickeln zu können.