Die Cloud-Migration ist nicht mehr eine Frage des "Ob", sondern nur des "Wann und Wie" und des "Wozu". Zum einen lassen sich auf diese Weise alte Zöpfe abschneiden, sprich nicht mehr genutzte Erweiterungen oder Eigenentwicklungen eliminieren, und Applikationen wie das zentrale ERP-System schlank halten. Der Einsatz moderner Cloud-Technologien ist aber auch für eine digitale Transformation unverzichtbar.
Cloud-Migration braucht ganzheitliche Strategie
Darüber herrschte Konsens bei den Teilnehmenden einer aktuellen Computerwoche-Expertenrunde zum Thema Cloud-Migration. Hinzu kommt, dass viele Softwareanbieter wie SAP oder Microsoft ihre Kunden im Sinne einer "normativen Kraft des Faktischen" inzwischen in die Cloud drängen, da sie neue Funktionen oft zuerst dort bereitstellen oder ausschließlich für die Cloud entwickeln. Auch KI-Modelle wie Generative AI oder Large Language Models (LLMs) werden ausnahmslos über die Cloud verfügbar gemacht.
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Der Erfolg einer Cloud-Migrationsreise hängt maßgeblich davon ab, dass sie auf der Grundlage einer ganzheitlichen Strategie erfolgt, die sämtliche relevanten Aspekte einbezieht: Applikationen, IT-Infrastruktur, Datenverwaltung, Zielarchitektur, aber auch IT-Security, Compliance, Datenschutz und IT-Governance. Sie muss sich zugleich flexibel an neue oder geänderte Anforderungen anpassen lassen.
Genauso wichtig ist es, das am besten geeignete Cloud-Betriebsmodell für die vorhandenen Applikationen zu finden: eine (Managed) Private Cloud, die Public Cloud eines Hyperscalers oder eine Multi-Cloud- beziehungsweise ein Hybrid-Cloud-Ansatz. Dass die vorhandene On-Premises-IT-Landschaft vor der Cloud-Migration sauber zu dokumentiert und auf dieser Grundlage eine "elastische" Cloud-Zielarchitektur definiert wird, die sich bei Bedarf jederzeit nachjustieren lässt, ist ein weiterer Baustein für den Erfolg.
- Gabriel Gaura, Global Tribe Lead Cloud Migration & Transformation, T-Systems
„Die Cloud bietet zwar nahezu beliebige Skalierbarkeit, doch ein 'Alles-in-die-Cloud-Ansatz' ist in vielerlei Hinsicht problematisch und sollte nicht gnadenlos verfolgt werden, denn die Gefahr eines Scheiterns ist groß. Kommt es bei Workloads auf Latenz oder Sicherheit an, ist der On-Premises- oder Private-Cloud-Betrieb die richtige Wahl." - Alexander Trautmann, Head of Product Engineering, Sage
„In Bezug auf die Cloud-Migration sehen wir heute einen Paradigmenwechsel bei inhabergeführten KMU, in denen die Nachfolgegeneration das Ruder übernimmt. Diese priorisiert eine umfassende Application Modernisation. Es geht weniger um den vermeintlich einfacheren Lift-&-Shift-Ansatz, sondern darum, die bestehenden On-Premises genutzten Lösungen in der Cloud optimiert zu betreiben oder durch neue cloudbasierte Lösungen zu ersetzen, unter anderem auch wegen des IT-Fachkräftemangels.“ - Sebastian Latz, Head of PreSales, plusserver
„Immer mehr Unternehmen starten Ihre Cloud Journey und gehen in die Cloud. Doch leider häufig ohne klaren strategischen Ansatz, etwa im Hinblick auf die Datensouveränität oder die Wahl zwischen Single- oder Multi-Cloud. Durch eine Multi-Cloud kann zwar ein Overhead entstehen, doch wer wie bei Cloud-first auf einen einzigen Cloud-Anbieter setzt, landet schnell in der Kostenfalle und riskiert einen Vendor Lock-in.“ - Wolfgang Pinkhardt, Senior Director – GTM | Cloud, Applications and Infrastructure, Unisys
„Eine Cloud-Migration sollte gemäß dem Motto ‚Die richtige Cloud für den richtigen Workload‘ erfolgen, um einen Vendor-Lock-in zu vermeiden. Der De-facto-Standard dafür ist ein Multi-Cloud-Ansatz in Verbindung mit der passenden Strategie. Im Vergleich dazu birgt ein Cloud-first-Ansatz deutlich mehr Risiko. Scheitert er, hilft meist nur der Roll-back ins eigene Data Center.“ - Viktor Greve, Director, Principal Architect Cloud Practice Germany, Kyndryl
„In Bezug auf die Cloud-Migration spielt die Musik auf der Applikations- statt auf der Infrastrukturebene. Wer Applikationen in die Cloud bringt, profitiert von all ihren Vorteilen, zum Beispiel im Hinblick auf Skalierbarkeit, Containerisierung oder die Einbindung von KI-Modellen. Voraussetzung ist, dass die Anwendungen zuvor durch Modernisierung cloud-ready gemacht wurden.“ - Bernhard Kube, CTO, Lufthansa Industry Solutions
„Eine Cloud-Migration ist heute praktisch alternativlos, aus strategischen Gründen, aber auch weil viele Standardsoftwarehersteller ihre Kunden in die Cloud drängen und bestimmte innovative Services wie KI-Services oder Datenplattformen ausschließlich in der Cloud angeboten werden. Bausteine für den Erfolg der Cloud Journey ist eine gute Planung, die Dokumentation der vorhandenen IT-Landschaft als Grundlage für die Definition einer Cloud-Zielarchitektur, die sich bei Bedarf nachjustieren lässt.“ - Donald Fitzgerald, Geschäftsführer, EasiRun Europa
„Firmen müssen vorhandene monolithische Legacy-Applikationen, die sie auf eine Cloud-Architektur mit containerisierten Infrastruktur migrieren wollen, bereits zuvor technologieunabhängig modernisieren. Das gilt im Übrigen auch für den Fall, dass die Legacy-Anwendungen per Lift-and-shift in die Cloud gebracht werden sollen.“ - Dr. Martin Hebach, Senior Solutions Architect, Informatica
„Unternehmen modernisieren ihre IT-Applikationen, um Digitalisierung und Automatisierung zu fördern, Skalierbarkeit und Agilität zu steigern und Knowhow-Verlust durch ausscheidende Mitarbeiter zu verhindern. Moderne cloud-native Datenmanagement-Lösungen sind entscheidend, um Daten nahtlos über diverse Systeme zu integrieren und effektiv in hybriden Szenarien zu agieren.“ - Dr. Philipp Zweihoff, Vice President Cloud Development, Materna-Gruppe
„Die Modernisierung von Applikationen, ihre Migration in die Cloud und ihre spätere Optimierung sind heute alternativlos. Der Erfolg einer Cloud-Migration hängt aber auch maßgeblich davon ab, dass sie auf Grundlage einer strategischen Ansatzes erfolgt und damit verbundenen Kernziele klar definiert werden. Erfahrungsgemäß sind Strategie und Ziele aber oftmals schwammig formuliert.“
Studie "Cloud-Migration 2024": Sie können sich noch beteiligen! |
Zum Thema Cloud-Migration führt die COMPUTERWOCHE derzeit eine Multi-Client-Studie unter IT-Verantwortlichen durch. Haben Sie Fragen zu dieser Studie oder wollen Sie Partner werden, hilft Ihnen Julia Depaoli (julia.depaoli@foundryco.com, Telefon: +49 15290033824) gerne weiter. Informationen zur Studie finden Sie auch hier zum Download (PDF). |
Cloud Journey nicht überstürzen, Ziele klar festlegen
Doch gerade in Bezug auf die Strategie gibt es in deutschen Unternehmen noch Nachholbedarf, wie die Expertenrunde feststellt. Firmen hierzulande gehen inzwischen zwar in großer Anzahl in die Cloud - vielerorts jedoch überstürzt und schlecht vorbereitet. Und die Betriebe, die bereits über eine Cloud-Strategie verfügen, sollten diese im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes in ihre IT- und Geschäftsstrategie einbinden. Genauso wichtig ist es in diesem Zusammenhang, die primäre(n) Zielsetzung(en) einer Cloud-Migration eindeutig zu definieren und zu formulieren: zum Beispiel die Reduzierung von IT-Kosten, die Steigerung der Agilität im Business oder die Beschleunigung des Time-to-market. Die Cloud-Migrationsstrategien seien allerdings oft zu "schwammig" und ohne klare Zielsetzungen, fasste ein Teilnehmer seine Erfahrungen zusammen.
Cloud-Vorteile dank Skalierbarkeit, Energieeffizienz und Co.
Einverständnis herrschte darüber, dass die Cloud (Public/Private) im Vergleich zu einem On-Premises-Betrieb zahlreiche Vorteile bietet. Da ist allen voran die Flexibilität der Cloud-Infrastruktur, deren Rechenleistung sich nahezu beliebig nach oben skalieren lässt, beispielsweise wenn die Datenlast wegen einer enormen Anzahl gleichzeitiger Anfragen kurzfristig steigt.
Im Unterschied dazu ist eine On-Premises-Infrastruktur von Haus aus auf Maximallast auszulegen. Auch müssen sich die Unternehmen selbst darum kümmern, ihre Infrastruktur auf dem aktuellen Stand zu halten sowie aufgrund stetig steigender Datenvolumina auszubauen. Darüber hinaus gilt es, sie zu überwachen und abzusichern - in Bezug auf den Daten- und Zugriffsschutz, die Compliance oder durch Disaster-Recovery-Maßnahmen. Das ist kostenintensiv und mit einem hohen finanziellen und personellen Aufwand verbunden, den viele Firmen nicht zu leisten imstande sind.
Bei einer Cloud-Infrastruktur tätigt hingegen der Cloud-Provider beziehungsweise der Hyperscaler die erforderlichen Investitionen in State-of-the-Art-Technologien und Cloud-Security. Hinzu kommt, dass die Rechenzentren der Provider/Hyperscaler im Sinne des Green-IT-Prinzips in der Regel deutlich energieeffizienter arbeiten als firmeneigene Data Center.
Multi-Cloud-Ansatz anstatt Cloud-first und Vendor-Lock-in
Apropos Strategie: Die Expertenrunde diskutierte auch sehr rege, ob bei der Cloud-Migration ein Cloud-first-Ansatz das Mittel der Wahl sein sollte. der zwar ein hohes Maß an Flexibilität ermöglicht, aber auch mit Risiken behaftet ist. Bleibt der erwartete Erfolg aus oder scheitert ein Cloud-first-Projekt, hilft im Nachgang oft nur der teure Roll-back von Applikationen aus der Cloud in das eigene Data Center.
Der de facto-Standard sei daher ein Multi-Cloud-Modell, getreu dem Motto "Die richtige Cloud für den richtigen Workload", wie ein Teilnehmer feststellte. Auch der berüchtigte Vendor-Lock-in, der mit Cloud-first in der Regel einhergeht und sich häufig als Kostenfalle erweist, aus der es kaum ein Entrinnen gibt, lässt sich auf diese Weise umgehen.
Doch auch der Multi-Cloud-Ansatz hat seine Tücken, kann er doch teure Overhead-Kosten nach sich ziehen. Um sie zu umgehen, empfiehlt sich eine cloud-agnostische Applikationsentwicklung, die es ermöglicht, problemlos zwischen den Clouds der einzelnen Hyperscaler zu hin- und herzuwechseln. In der Praxis vielfach bewährt hat sich auch ein hybrider Ansatz aus Multi-Cloud- und On-Premises-Betrieb. Im Ergebnis komme es aber letztlich darauf an, die bestmögliche Lösung für den Kunden zu finden, damit er die Effizienz seiner Prozesse und seines Business dauerhaft optimieren kann, so das Fazit eines weiteren Teinehmers.
Lift-and-Shift soll nicht erste Wahl bei Cloud-Migration sein
Weitgehende Übereinstimmung bestand darüber, dass beim Weg in die Cloud nicht der Lift-and-Shift-Ansatz nicht das Mittel der Wahl sein sollte, bei dem bislang On-Premises betriebene Legacy- oder ERP-Altsysteme ohne Code-Modifikation in eine Public Cloud gehoben werden. Applikationen und Workloads lassen sich so zwar schnell in die Cloud bringen, müssen im nächsten Schritt aber modernisiert und somit neu programmiert werden. Allerdings klaffen Wunsch und Wirklichkeit hier offenbar auseinander. Ein Teilnehmer berichtete, dass 60 bis 70 Prozent seiner Kunden ihre Applikationen, in den meisten Fällen sind es Eigenentwicklungen, in einem ersten Schritt per Lift-and-shift in die Cloud brächten und sie zu einem späteren Zeitpunkt optimierten.
Deutlich effizienter ist es, Anwendungen und Workloads per Lift and Extend in die Cloud zu bringen, sie also bereits im Vorfeld zu modernisieren und an die Platform-as-a-Service-Umgebung (PaaS) des Anbieters der Wahl anzupassen. Alternativ bietet sich auch der Neuaufbau in der Cloud durch einen Full Rebuild (Cloud-native) an, um die Vorteile der Cloud von Beginn an nutzen zu können. Da ein solcher Cloud-native-Ansatz die bisherige IT-Architektur verändert, ist hier unter anderem auf die Security zu achten; auch muss die Landing Zone entsprechend vorbereitet und das Netzwerk geprüft werden. Als Landing Zone wird eine sichere Cloud-Umgebung bezeichnet, die der Bereitstellung und Nutzung von Apps und Workloads dient und auf die unterschiedliche Anwender zugreifen können.
Trotzdem gibt es Use Cases, in denen Lift-and-Shift das Mittel der Wahl sein kann, zum Beispiel wenn es darum geht, den reibungslosen Weiterbetrieb vorhandener IT-Systeme in der Cloud sicherzustellen. Nahezu ein Muss ist Lift-and-Shift bei Mergers & Acquisitions, also bei einer Unternehmensfusion oder dem Erwerb einer anderen Firma.
Eine Diskussion zum Thema Cloud-Migration muss aber auch berücksichtigen, dass der Umstieg in die Cloud aus bestimmten Gründen manchmal nicht möglich ist: sei es, weil dem rechtliche Vorschriften entgegenstehen oder die technischen Voraussetzungen wegen zu geringer Bandbreiten und somit Datenübertagungsraten nicht gegeben sind.
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