25 Jahre Windows

Der lange Reifeprozess

01.11.2010
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

1990: Windows wird flügge

Viele jüngere Zeitgenossen verbinden jedoch den Beginn der Windows-Historie mit einem anderen Datum: Im Mai 1990 erschien Windows 3.0. Bereits in den ersten vier Monaten konnte Microsoft eine Million Lizenzen verkaufen. Technisch setzt 3.0 zwar noch immer auf dem 16-Bit-DOS auf, doch die grafische Benutzeroberfläche hat mit den Vorgängern wenig gemeinsam. Mit Icons, 3D-Schaltflächen oder VGA-Unterstützung erinnerte das Look and Feel mehr an einen MAC. Gleichzeitig hielten der Programm- sowie der Datei-Manager Einzug und lösten die bis dato übliche MS-DOS-Executive ab. Unter der bunten Oberfläche beherrscht das System mit Einschränkungen kooperatives und präemptives Multitasking. Gleichzeitig begründet Windows 3.0 das Prinzip der Systemdatenbank, auch als Registry bekannt.

Windows 3.0 blieb nicht lange auf dem Markt. Bereits im März 1992 folgte Windows 3.1. Offiziell nur als Update verkauft, markiert das Release einen endgültigen Bruch mit der Vergangenheit. Etliche für Windows 3.0 geschriebene Programme laufen unter dem Update nicht. Dafür entschädigt das System auf einem anderen Gebiet: Multimedia hält auf dem PC Einzug. So werden Soundkarten unterstützt und die damals noch recht neuen CD-ROM-Laufwerke. Zudem wurde DDE zum OLE (Object Linking und Embedding) weiterentwickelt, so dass nun etwa eine Tabelle aus Excel in Word eingefügt werden kann. Dabei sind zwei Wege möglich: Dynamisch (linking), so dass alle Änderungen an der Tabelle auch automatisch in Word nachvollzogen werden, oder statisch (embedded). Gleichzeitig läutet Windows 3.1 den langsamen Abschied von der 16-Bit-Welt ein: Als Win32s ist eine Programmierschnittstelle erhältlich, die es erlaubt, 32-Bit-Anwendungen auf der eigentlich auf 16 Bit ausgelegten Betriebssystem-Plattform laufen zu lassen.

Aus Sicht des einzelnen Anwenders sind aber zwei andere Neuerungen viel offensichtlicher. Mit TrueType konnten Vektorschriften dargestellt werden, ohne auf Adobes Postscript-Fonts angewiesen zu sein, die aufgrund der Patentpolitik des Herstellers nicht bei jedem IT-Hersteller große Gegenliebe fand. Neu für Windows-User war jetzt auch die Möglichkeit, Dateien einfach per Maus zwischen zwei Fenstern hin- und herzuziehen. Das von Apple bekannte Drag and Drop hielt in der Windows-Welt Einzug.

Unter Windows 3.x begann die Aufsplittung der Familie in zwei Linien: eine eher Consumer-orientierte und eine für die Business-Klientel. So war das im Oktober 1992 vorgestellte Windows für Workgroups 3.1 primär für Unternehmenskunden interessant, denn zum damaligen Zeitpunkt gehörte ein integrierter Netzadapter noch nicht zur Standardausstattung eines PC. Und die Experten stritten sich nicht über Gigabit Ethernet oder 10 Gibgabit Ethernet, sondern darüber, ob ein lokales Netz mit dicken oder dünnen Koaxkabeln (Thin oder Thick Ethernet) gebaut werden sollte. Vor diesem Hintergrund war Windows for Workgroups geradezu revolutionär mit seinen Peer-to-Peer-Möglichkeiten, einem integrierten Mail-Programm und einem Kalender, der gemeinsam in Arbeitgruppen genutzt wurde. Allerdings fehlte dem System noch ein wichtiger Aspekt, der im November 1993 mit Windows for Workgroups 3.11 nachgereicht wurde: TCP/IP hielt auf dem PC Einzug, womit die technische Grundlage für den späteren Internet-Erfolg gelegt war. Bisher mussten Unternehmen nämlich teure Zusatzpakete erwerben, um ihre PCs für TCP/IP fit zu machen. Zudem unterstützt diese Variante nun von Haus aus Standardmodems, so dass der Anwender sich aus der Ferne per PC oder Notebook mit einem Firmennetz verbinden konnte.