Zeitenwende bei SAP

Hasso Plattner tritt ab von der SAP-Bühne

15.05.2024
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

"Mit Pekka Ala-Pietilä haben wir eine Führungspersönlichkeit gefunden, die nicht nur ein tiefgreifendes Verständnis unserer Branche und der Komplexität der europäischen SE-Governance mitbringt, sondern auch ein wichtiger Verbündeter in vielen entscheidenden Momenten der SAP war", kommentierte Plattner die Neubesetzung. "Mit der Wahl von Pekka Ala-Pietilä bin ich zuversichtlich, dass der Aufsichtsrat der SAP in den besten Händen ist. Seine Vision und seine bedächtige Vorgehensweise sind genau das, was die SAP braucht, um sicher und auch weiterhin erfolgreich in die Zukunft zu blicken."

SAP steht vor tiefgreifendem Wandel

Von einem gut durchgeplanten und strukturierten Übergang, wie man ihn in Walldorf gerne gesehen hätte, kann aber keine Rede sein kann. Dabei bräuchte der deutsche Softwarekonzern gerade jetzt im Aufsichtsrat einen Ruhepol. SAP durchlaufe den grundlegendsten strategischen Wandel seiner Geschichte, hieß es zuletzt immer wieder aus den Reihen des Managements.

Plattners Einfluss auf die SAP-Strategie in den vergangenen Jahrzehnten war gewaltig - vor allem mit Blick auf die Produktstrategie. Der gebürtige Berliner war Anfang der 1990er Jahre die treibende Kraft hinter der R/3-Entwicklung. 2010 hatte sein Lieblingsprojekt, die In-Memory-Datenbank HANA (High Performance Analytical Appliance), die maßgeblich am Hasso-Plattner-Institut (HPI) entwickelt wurde, ihren großen Marktauftritt. Die Technik bildete die Basis für die neue ERP-Produktgeneration S/4HANA, die 2015 herauskam. Der ehemalige SAP-Vorstand Vishal Sikka bezeichnete HANA in einem Blogbeitrag einmal als "Hassos New Architecture".

SAP-CEO Christian Klein im großen CW-Interview

Doch nicht immer wurde Plattners Einfluss positiv bewertet. Er halte das SAP-Management zu sehr an der kurzen Leine und stehe grundlegenden Veränderungen im Weg, so die Kritik von Branchenbeobachtern.

SAP-Chef Christian Klein sieht sich in seinen Umbauplänen vom Aufsichtsrat und Plattner gestützt.
SAP-Chef Christian Klein sieht sich in seinen Umbauplänen vom Aufsichtsrat und Plattner gestützt.
Foto: SAP SE

"Ich denke, da tun wir Hasso Plattner Unrecht", wies aber erst kürzlich SAP-Chef Christian Klein in einem Interview mit der COMPUTERWOCHE die Vorwürfe zurück. Plattner wie auch der gesamte Aufsichtsrat habe dem Management immer wieder den Rücken gestärkt. "Ohne diese Unterstützung hätten wir die Strategiewechsel vor drei Jahren nicht durchziehen können - vor allem mit dem Wissen um das Risiko eines um 30 Prozent absackenden Aktienkurses." Klein bekräftigte, dass die Veränderungen bei SAP weitergehen werden, auch was den Generationswechsel im Vorstand betreffe.

Junge Manager-Riege soll es richten

Richten soll es eine Riege junger Manager in Walldorf, die Plattner in die Spur gesetzt hat. Neben Klein sind das vor allem der Technikvorstand Jürgen Müller und Thomas Saueressig, der vor kurzem das neu aufgesetzte Ressort Customer Services & Delivery übernommen hatte. An Saueressig liegt es, die Kunden auf SAP-Linie zu bringen und zum Umstieg auf die neue Produktgeneration S/4HANA zu bewegen - möglichst zügig und am besten gleich in die Cloud.

Thomas Saueressig, verantwortlich für das Ressort Customer Services & Delivery, soll endlich mehr Schwung in die Cloud-Transformation bringen.
Thomas Saueressig, verantwortlich für das Ressort Customer Services & Delivery, soll endlich mehr Schwung in die Cloud-Transformation bringen.
Foto: SAP

Doch die SAP-Klientel ist eine träge Masse. Sie in Schwung zu versetzen, ist alles andere als einfach. Gerade die Migration auf die neue Produktgeneration wollte nicht so recht in Gang kommen. Der Umstieg auf S/4HANA, das Anfang 2025 bereits seinen 10. Geburtstag feiert, bedeutet für viele Unternehmen ein langwieriges und teures Softwareprojekt. Vor allem das Customizing der bestehenden SAP-Systeme hängt den Betrieben wie ein Klotz am Softwarebein. Viele Verantwortliche in den Firmen scheuen den Schritt und schieben die Migration auf die lange Bank, zumal sie mit ihren bestehenden SAP-Installationen in aller Regel sehr zufrieden sind.