Zeitenwende bei SAP

Hasso Plattner tritt ab von der SAP-Bühne

15.05.2024
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Geschadet hat SAP diese interne Rivalität jedenfalls nicht. Auch war die Zeit damals eine ganz andere. Werden IT-Startups heute von Investoren binnen weniger Jahre mit Milliarden Dollar und unter enormem Druck aufgeblasen, ging es bei SAP etwas gemächlicher zu. "Wir hatten Riesenglück und waren zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort", erinnerte sich Hopp 2015 in einem Interview mit der Nordwest-Zeitung (NWZ). "Wir hatten damals Zeit - unsere Startup-Phase dauerte etwa zehn bis 15 Jahre."

Nach dem Börsengang 1988 teilten sich Hopp und Plattner einvernehmlich die Macht bei SAP. Hopp übernahm bis 1998 den Posten des Vorstandsvorsitzenden und Plattner kümmerte sich als stellvertretender Vorstandsvorsitzender um Technik und Entwicklung sowie den für SAP so wichtigen Einstieg in den US-Markt. "Die Zeit zwischen 1988 und 1992 war wunderbar", erzählte Plattner später in einem Interview mit dem Oral-History-Projekt des Smithsonian Awards Program. "Ich verbrachte jeden Tag damit, Software zu entwickeln, das hat mir einen Riesenspaß gemacht. Es war eine tolle Zeit."

1998 übernahm Plattner von Hopp, der sich in den Aufsichtsrat zurückzog, den Staffelstab im Vorstandsvorsitz. Mit in die obersten Führungszirkel SAPs folgte ihm sein Zögling Henning Kagermann als Stellvertreter, der fünf Jahre später 2003 Plattner an der SAP-Spitze ablöste. Plattner selbst übernahm den Posten als Aufsichtsratsvorsitzender, den er bis zuletzt unangefochten behauptete.

Unruhige Zeiten nach der Jahrtausendwende - auch für SAP

Als vor gut 20 Jahren erstmals ein Nicht-Gründer an der SAP-Spitze stand, bedeutete dies eine Zeitenwende für SAP. Insgesamt wurde das Fahrwasser unruhiger. Dazu beigetragen haben sicher auch die zahlreichen Krisen der vergangenen zwei Jahrzehnte. Auf das Platzen der Dot.com-Blase folgten 2008 nach der Lehman-Pleite eine weltweite Wirtschaftskrise und direkt im Anschluss die Euro-Krise, die die Welt viele Jahre in Atem hielt. Als sich die Wogen geglättet zu haben schienen, schlug Corona zu und dann der russische Machthaber Wladimir Putin mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Auch bei SAP ging es immer mal wieder rund. Bei Personalentscheidungen, bei denen auch Plattner an der Spitze des Aufsichtsrats ein Wörtchen mitzureden hatte, hatte der Konzern nicht immer ein glückliches Händchen. Die Berufung von Leo Apotheker als Nachfolger von Kagermann 2009 geriet zum Desaster. Die Erhöhung der Wartungsgebühren, die Apotheker auf Biegen und Brechen durchzusetzen suchte, rief die Anwender auf die Barrikaden und ramponierte das Verhältnis zu den eigenen Kunden auf viele Jahre. Letzten Endes musste SAP seine Preispolitik revidieren und Apotheker war nach gerade einmal einem Jahr seinen Job als SAP-CEO wieder los. Die Nachfolger Bill McDermott und Jim Hageman Snabe brauchten lange, den Scherbenhaufen, den ihnen ihr Vorgänger hinterlassen hatte, wieder aufzukehren.