Frauen in der IT

Zurückhaltung hilft nicht weiter

26.01.2012
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Altmodische Rollenmodelle

Die Rollenmodelle in Deutschland gelten im europäischen Vergleich als traditionell bis altmodisch. "Zu wenige Frauen in Führungspositionen sind überall in Europa ein Problem, doch besonders in Italien und Deutschland", analysiert Rebecca de Souza, Diversity Managerin von General Electric (GE). Ein weiteres Handicap sieht sie in den unzureichenden Angeboten zur Kinderbetreuung: "In Frankreich gibt es für Kinder ab einem Jahr einen garantierten Betreuungsplatz. Hierzulande ist die Politik gefragt, mehr zu tun."?

Headhunterin Ralica Yancheva: "Mädchen müssten schon in der Schule für Technik begeistert werden."
Headhunterin Ralica Yancheva: "Mädchen müssten schon in der Schule für Technik begeistert werden."
Foto: Conargus

Doch noch immer entscheiden sich zu wenige Abiturientinnen für ein technisches Studium. "Die Erziehung müsste schon in der Schule und Ausbildung ansetzen, mehr Mädchen für technische Fächer zu begeistern und ihnen auch Mut machen, später verantwortungsvolle Aufgaben zu übernehmen", fordert Headhunterin Yancheva. Möglichst früh junge Mädchen für technische Studiengänge begeistern möchte auch GE. "Wir laden regelmäßig Jugendliche und junge Erwachsene zu uns ins Unternehmen ein. Dort zeigen wir ihnen, was die Arbeit einer Medizintechnikerin oder Turbineningenieurin ausmacht und welche Entwicklungschancen im Unternehmen möglich sind, " erzählt de Souza.

Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland rund 7000 Mitarbeiter an 70 Standorten, 30 Prozent der Belegschaft sind Frauen, bereits seit den 1990er Jahren gibt es innerhalb des Konzerns ein GE Women Network. "Chancengleichheit hat für ein Unternehmen mit US-amerikanischen Wurzeln historisch eine große Bedeutung", erläutert die Personalerin. Spezielle Förder- und Entwicklungsprogramme sollen auch hierzulande sicherstellen, dass Frauen mehr Führungsaufgaben übernehmen. Gerade weil in Deutschland Familie immer noch ein Frauenthema ist, spielen Vorbilder eine wichtige Rolle, so die GE-Managerin.

Frauenförderung in Unternehmen setzt nach Meinung von Elisabeth Heinemann oft zu spät an. Die Professorin, die an der Fachhochschule Worms angehende Informatiker in Soft Skills unterrichtet, plädiert dafür, das Image der Informatik attraktiver zu gestalten. "Sprache spielt in der Informatik eine große Rolle, und da sind Frauen klar im Vorteil", ist ihre Beobachtung. Allerdings rückten nur wenige Hochschulen diesen Aspekt in den Studienplänen in den Mittelpunkt. Stattdessen schrecke viele junge Frauen das negative Bild des Nerd ab. Ehrlicherweise muss Heinemann zugeben, wenn sie den Blick über die Reihen der Studenten vor sich schweifen lässt, dass dieses Vorurteil nicht ganz aus der Luft gegriffen ist. Nachlässig bis schlampig gekleidet, bescheidene Umgangsformen, all das komme durchaus im Alltag vor, räumt sie ein.

Deshalb wünscht sich Heinemann, dass mehr erfolgreiche Frauen aus der IT-Branche in die Schulen gehen und über ihre Arbeit reden. Das sei viel überzeugender als gutes Zureden. Auch das Image der Informatik könnte etwas mehr Pep vertragen, Sex Appeal und Erfolg sind schließlich keine Gegensätze. Weibliche Vorbilder könnten auch das Schreckgespenst des Nerd verblassen lassen und den Mädchen die Angst nehmen, dass sie selbst unattraktiv sein müssen, um in der (noch) Männerdomäne IT Erfolg zu haben.