Interview mit Soti-CEO Carl Rodrigues

“Wir sind anders als alle EMM-Anbieter”

10.12.2015
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.

"Wir begannen schon 2003 damit, alles zu verbinden"

CW: Okay, aber wo ist der Unterschied? Andere Anbieter wie Airwatch und Blackberry reden auch von Wearables, Internet of Things oder Connected Cars etc…?

Rodrigues: Okay, jeder redet derzeit von IoT, weil dies der heißeste Begriff aktuell ist, aber ich denke, in den nächsten Monaten gibt es dann ein neues Schlagwort, das ist noch heißer… Beim reinen Fokus auf Buzzwords handelt es aber nicht um Forschung, sondern um Marketing. Wir machen Dinge, wir verbinden Wearables wie Google Glass und diese ganzen Geräte und das schon für eine lange Zeit.

Wir haben bereits mit dem Internet of Things gearbeitet, bevor IoT überhaupt erfunden wurde. Carl Rodrigues, Soti-CEO
Wir haben bereits mit dem Internet of Things gearbeitet, bevor IoT überhaupt erfunden wurde. Carl Rodrigues, Soti-CEO
Foto: Soti

Bei uns kursiert ein Witz, der lautet: Wir haben bereits mit dem Internet of Things gearbeitet, bevor IoT überhaupt erfunden wurde. 2006 beispielsweise verbanden wir bereits Drucker, Scanner und alles, was man via Bluetooth verbinden kann - das haben wir schon 2006 gemacht. Und sogar schon vorher, 2003, 2004 begannen wir, alles zu verbinden.

CW: Und wie ist der aktuelle Stand rund um das Internet of Things?

Rodrigues: Wo stehen wir heute beim Verbinden von Dingen mit MobiControl? Wir haben ein IoT-Framework, das in den nächsten zwei Quartalen freigegeben wird und das verbindet alles mit dem System, also ein iBeacon-Device oder ein intelligentes Device mit Prozessorleistung wie ein Rasberry Pie. Wir arbeiten mit Companies in der Flugzeugindustrie zusammen, die interessante Dinge mit Gepäck-Tracking und Ähnlichem mit Bezug zu den Passagieren machen, also solche IoT-Themen.

Aber lassen Sie mich über etwas interessantere und tiefgründigere Forschung reden: Wenn man Wearables mit MobiControl verknüpft, kann man sehr interessante Dinge machen. Klar redet jeder über die Apple Watch und solche Dinge und natürlich das machen wir auch. Für uns ist aber interessanter, wenn wir andere Dinge verbinden.

In unserer Forschungseinrichtung in Waterloo verbinden wir ganze Fahrzeuge mit MobiControl, also hauptsächlich Autos und Lastwägen - und in der Zukunft sogar Züge, Schiffe und Flugzeuge - und erhalten Daten von diesen Fahrzeugen. Über die OBD2-Schnittstelle etwa erhalten wir interessante Informationen über den Motor und das Fahrverhalten, etwa Muster über das Brems- und Lenkverhalten oder den Kraftstoffverbrauch. Wenn man das ausweitet, erhält man sogar Daten vom Lenkrad wie den Blutdruck oder Puls des Fahrers.

CW: Das klingt ziemlich futuristisch - ist das denn heute schon so im Einsatz?

Rodrigues: Nicht alles, aber was wir heute schon machen: Wir kombinieren die Daten über Brems- und Lenkverhalten und erhalten so ein weitgehendes Profil des Fahrers mit einer bestimmten Charakteristik. Und wie erkennen wir den Fahrer? Er trägt ein mobiles Endgerät bei sich und über das erhalten wir seine Geo-Daten. Anhand der Fahrdaten können wir dann beispielsweise erkennen, wie es um seinen Gesundheitszustand bestellt ist, also ob er eventuell einen Herzinfarkt bekommt.

Es ist aber auch möglich, festzustellen, dass der Fahrer jeden Arbeitstag um 17 Uhr an einem Ort hält, den wir als eine Bar identifizieren können. Und wenn er nach einigen Stunden aus der Bar herauskommt, ist das Fahrmuster komplett anders. Wir können daraus schließen, dass der Fahrer betrunken ist.

Das ist die Forschung, die wir aktuell schon machen, weil sie Leben retten kann. Wir können auch anhand einer anderen Fahrer-Signatur folgern, dass ein Fahrzeug, in dem sich möglicherweise Ausrüstung im Wert von Millionen Dollar befindet, gestohlen wurde.

CW: Das ist ein interessanter Ansatz, wenn man betrachtet, dass fast jeder große Player im EMM-Markt mehr und mehr in Richtung Mobile Security geht…

Rodrigues: Ja, aber Sie sagen es ja selbst: Jeder Player. Wir machen das auch, aber ich nenne das Brot-und-Butter-Geschäft, denn wir blicken weiter. Eines der Dinge, über die wir kürzlich auf unserer Hausmesse in Toronto gesprochen haben, ist eine andere Technik, nämlich ein Rapid App Development Framework. Vor zwei Jahren erkannten wir im Gespräch mit Kunden das Problem, dass Mobility zwar von Apps angetrieben wird, Zeit, Geld und Komplexität jedoch deren Einsatz im Business bremsen. Die Technologie hat großes Potenzial, aber viele Unternehmen sind in ihren Möglichkeiten eingeschränkt…

Doch wie ändern wir diese Situation? Ich habe mein Team herausgefordert: Ich möchte, dass Ihr, noch während der Kunde die App beschreibt, einen Prototyp schafft. Am Ende der Unterhaltung - also eine bis anderthalb Stunden -soll dann ein funktionierender Prototyp stehen, den der Kunde sehen kann. Von da ab darf es dann nur noch vier Wochen dauern, bis eine fertige Cross Plattform-App erstellt ist. Die Entwickler sagten zu mir, Carl, Du bist verrückt. Dennoch zeigten wir auf der Konferenz eine Demo von einer App, die wir live in fünf Minuten bauten und sie läuft auf jeder Plattform.

CW: Für viele EMM-Anbieter scheint bereits das Brot- und Butter-Geschäft eine Herausforderung zu sein, wenn man betrachtet, wie wenig Companies neue Releases ab Tag Eins unterstützen. Wie bekommen Sie das auf die Reihe?

Rodrigues: Wir waren die einzige Company, die Same-Day-Support für Android for Work hatte. Im März stellt Google das System vor und machte dabei viel Pressearbeit für uns, denn die üblichen Verdächtigen, also Blackberry & Co., schafften Googles Zertifizierungsprozess nicht. Wir hatten auch Same-Day-Support für iOS 9. Wir machen das natürlich, weil es zum Tagesgeschäft von EMM gehört. Unsere Vision reicht aber weiter, weil wir auf das gesamte Ökosystem rund um Mobility blicken.

Wir schauen auf die Themen Business Analytics und Intelligence, um das Geschäft am Laufen zu halten, wir überlegen uns, wie man Apps schneller bauen kann und all diese Aspekte. Sie wollen Content auf Ihren Devices? Wir haben dafür ein Produkt namens Soti Hub, das mehr kann als Lösungen anderer Hersteller. Hier geht es darum, wie man auf Web-Inhalte zugreift, wie man Content auf ein Gerät bekommt, auch wenn man sich gerade in Tokio befindet. Denn wenn man gerade im Bullet Train in Tokio sitzt, wird das Mobile Device zum Office. Es geht um mehr als E-Mail und das ist die Vision, die wir haben.