Interview mit CEO TK Kurien

Wipro Digital soll neue Märkte adressieren

29.04.2015
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

"Wir brauchen eine neue Marke für das Digitalgeschäft"

CW: Sie wollen also mit zwei Botschaften an ihre Kunden herantreten: Wir können das operative Geschäft, einfach, schnell, billig, hoch automatisiert. Und: Wir helfen dir mit unserem Digitalisierungs-Know-how, dich im Wettbewerb besser zu positionieren.

KURIEN: Exakt. Deshalb ist es so wichtig für uns, dass Wipro Digital unabhängig agiert. Unsere Marke steht für Stabilität und Kostenvorteile, aber sie ist bislang nicht bekannt für Innovation und Geschwindigkeit. Deshalb brauchen wir eine völlig andere Marke.

CW: Dass es Wipro Digital gibt, war mir bisher noch gar nicht aufgefallen.

KURIEN: In den kommenden Monaten werden Sie es deutlich sehen.

CW: Für Ihre neue Ausrichtung brauchen Sie nicht nur Zugang zu den CIOs - den haben Sie -, sondern auch zu den Business Lines. Wie wollen Sie das mit Ihrer Historie erreichen?

KURIEN: In den meisten Unternehmen, mit denen ich zu tun habe, glauben die Business-Verantwortlichen, dass die CIOs ihre Probleme nicht verstehen und außerdem zu langsam sind. Die CIOs kritisieren ihrerseits das fehlende Verständnis für Kostendruck, Standardisierungszwänge, Sicherheit und Compliance.

Wenn wir heute zu einem großen Kunden wie zum Beispiel Daimler gehen, kommen wir nicht mehr mit der einen großen, universal gültigen Message. Lieber sagen wir: ‚Wir können Euch bei Eurem Digitalisierungsproblem helfen‘ oder: ‚Wir können für dich ein Integrationsproblem im Infrastrukturbereich lösen‘.

CW: Aber viele Kunden denken an Wipro in einer klassischen Weise. Sie möchten ihren Anwendungsbestand gepflegt oder die Infrastruktur betreut haben.

KURIEN: Application Maintenance und Support, Infrastruktur-Maintenance und Support - dort wollen wir möglichst rationell und mit exakt planbarem Aufwand arbeiten. Das erreichen wir, in dem wir die Anzahl der Mitarbeiter dort tendenziell reduzieren und immer mehr automatisieren.

Trügerische Idylle auf dem Wipro-Campus: Beim IT-Outsourcers ist vieles in Bewegung.
Trügerische Idylle auf dem Wipro-Campus: Beim IT-Outsourcers ist vieles in Bewegung.
Foto: Wipro

Vor zwei Jahren haben wir mit dem Aufbau einer Gruppe begonnen, die komplett neu definiert hat, wie wir unsere Kunden beraten. Beispielsweise haben wir jetzt eine neue Methode für die Software-Entwicklung, die agile Ansätze mit Elementen der Wasserfall-Methode kombiniert. Auch für den Support haben wir uns etwas einfallen lassen. Dafür haben wir eine Reihe von Tools entwickelt, die auf Künstlicher Intelligenz basieren. Wenn Sie sich beispielsweise größere Helpdesks anschauen, dann kann ich Ihnen garantieren, dass wir damit in jedem Unternehmen, egal wie effizient gearbeitet wird, 50 Prozent des Aufwands senken können, indem wir unsere Tools zum Einsatz bringen.

Wir verfolgen hier einen anderen Ansatz als unsere Konkurrenten. Wir setzen konsequent auf Tools und Automatisierung, um die Menge der anfallenden Arbeit für die Mitarbeiter zu senken.

"Das muss man selbst machen"

CW: Vermarkten Sie diese Tools auch?

KURIEN: Nein. Wir nutzen unsere Tools, um den Kunden zu helfen, Budget einzusparen und die Effizienz in diesem Bereich zu erhöhen. Bei uns arbeitet ein 200-Mitarbeiter-Team an Artificial Intelligence Engines. Dafür kann man keine anständigen Produkte kaufen, das muss man selbst machen. Da ist viel Entwicklungsarbeit nötig, aufwändige Algorithmen müssen programmiert werden. Für uns ist es ein strategischer Vorteil, hier gute eigene Lösungen zu bauen.

CW: Welche Rolle spielt die Cloud in ihrer Strategie?

KURIEN: Für uns ist es wichtig, unser Infrastruktur-Business so aufzustellen, dass es hybride Umgebungen beim Anwender unterstützt. Heute holen sich die Unternehmen Cloud-Broker, die zwischen Kunde und Ressourcenlieferant stehen, um Datenflüsse effektiv und vor allem effizient zu managen. Wir bieten dafür die gesamte Umgebung. Wir bieten auch unsere eigene Cloud-Umgebung, aber diese Infrastruktur bleibt bei uns eher im Hintergrund. Wir haben aber die Infrastruktur weltweit. In den USA betreiben wir sieben Rechenzentren, in Deutschland sind wir in Meerbusch bei Düsseldorf, außerdem haben wir Rechenzentren in UK.

Wir glauben aber, dass das RZ-Geschäft Commodity wird. Am Ende wird diese Welt von drei oder vier sehr großen Playern dominiert werden. Ganz sicher wird AWS einer sein, Microsoft auch, vielleicht noch Google und IBM mit Bluemix. Das ist es auch schon.