Kunst, Genuss & Reisen
Haben Sie schon mal in eine Aubergine verliebt?
„Bei mir war es Liebe auf den ersten Biss; gebacken, bis das Fleisch fast geschmolzen war, schwer von Olivenöl, mit den kräftigen Aromen von Zimt und Piment, Kreuzkümmel und Ingwer, süß von goldenen Sultaninen", diese Zeilen finden sich nicht in einer neuen Vampir-Trash-Geschichte, sondern in dem informativen und schön gestalteten Buch „Tender – Gemüse" von Nigel Slater.
Kochen und das kluge Plaudern darüber ist mittlerweile ein sicheres Smalltalk-Thema. Immer exotischere Kochbücher überfluten jeden Herbst den Büchermarkt, gleichzeitig breiten sich in den Supermärkten die Tiefkühlfächer mit Fertiggerichten aus. Doch „Tender – Gemüse" ist anders. Seit Jamie Oliver traut man auch Engländern zu, dass sie etwas von der Speisezubereitung verstehen. Slater rückt seinen eigenen Gemüsegarten in den Mittelpunkt. Dieses ehemalige, zwölf Quadratmeter große Stück Rasen hinter seinem Londoner Reihenhaus verwandelte er in Gemüsebeete. Was er dort anbaut und was sich damit kochen lässt, stellt er in 29 Gemüse-Rubriken von A wie Aubergine bis Z wie Zwiebel vor. In einem Sammelkapitel packt er noch all die Sorten, die ihm entweder nicht schmecken oder für die er keinen Platz in einem kleinen Gartenreich hat. Manche Gemüsearten liegen ihm näher, andere handelt er ziemlich kurz ab. Doch die Rezepte lesen sich gut und regen zum Ausprobieren an. Allerdings nimmt er es mit den Mengenangaben nicht immer so genau. Die Anleitungen sollen Inspiration für die Leser sein, selbst etwas zu wagen. Im Frühjahr 2013 erscheint auch der zweite Band der Reihe „Obst". Selbst wer keinen Garten anlegen möchte, findet in dem schön gestalteten Buch viel Informatives zu Gemüsesorten, Eigenheiten der Pflanzen, Saatgut, Ernte und Pflege.
Fazit: Gutes Geschenk für visuell veranlagte Menschen mit Koch- und Gartenambitionen.
Nigel Slater: Gemüse. DuMont, Köln, 2012. 624 Seiten, 39,95 Euro.
Kochen mit dem Zollstock
Nüchtern, sachlich und ziemlich spartanisch präsentiert sich das „Kochbuch für Ingenieure". Der Titel hält was er verspricht, nämlich präzise Angaben dazu, wie technisch begabte Menschen pannenfrei Speisen zubereiten können. Mit gängigen Rezepten zu Vor-, Haupt- und Nachspeisen erleichtert der Autor Stefan Palkoska, selbst Ingenieur, dieser Berufsgruppe das Kochen. Natürlich nennt er exakte Mengenangaben, liefert Empfehlungen für den zu reichenden Wein und vergisst auch nicht den Hinweis, den Tisch zu decken. Das Besonders ist die Zeitachse zu jedem Gericht. Dort wird genau erklärt, in welcher Reihenfolge die einzelnen Aufgaben erledigt werden sollten und wie viel Zeit die Köche einplanen sollten, um sicher zum Ziel zu kommen. Für nüchterne Kochanfänger mit technischer Ausbildung ein ideales, wenn auch nicht ganz billiges Geschenk.
Fazit: Wer es mit diesem Manual nicht schafft, ein genießbares Coq au vin auf den Tisch zu bringen, kann vermutlich nicht lesen.
Stefan Palkoska: Kochbuch für Ingenieure. 24,99 Euro. ISBN 9783000321160.
Endlich Verreisen
Jede neue Woche mit einer Gedankenreise beginnen, dazu lädt der „Literarische Reisekalender“von Schöffling & Co ein. Ein ansprechendes Foto sowie ein Zitat aus einem Buch sollen den Betrachter dazu animieren. Elsemarie Maletzke wählte eine vielversprechende Reiseroute aus. Neben neuen Ideen für künftige Ziele liefert der Kalender mit den kleinen Ausschnitten aus Büchern auch Stoff für neue Leseabenteuer.
Ähnlich funktioniert die „Gebrauchsanweisung für die Welt“. Auch Andreas Altmann möchte zum Reisen verführen. Zwar erzählt der Autor ausgiebig von seinem abenteuerlichen Leben als Reisejournalist, doch eine gewisse Arroganz schwingt in all seinen Geschichten mit. Einmal beschimpft er alle, die eine komfortable Reise vorziehen, dann stellt er die These auf, dass die meisten Leser doch zu feige sind, ähnliche Risiken einzugehen wie er selbst. Doch wenn sich der Autor auf seine Geschichte und das Erzählen konzentriert und das abgegriffene Macho-Gehabe für einige Seiten weg lässt, weiß er Spannendes zu erzählen. Ob aber wirklich alles Erzählte wahr ist, das könnte nur Altmann selbst beantworten.
Fazit: Reisen als Gedankenspiel auf zwei ganz unterschiedlichen Routen.
Andreas Altmann: Gebrauchsanweisung für die Welt. Piper, München, 2012. 211 Seiten, 14,99 Euro.
Der literarische Reisekalender 2013. Schöffling & Co., Frankfurt am Main, 2012. 22,95 Euro.
Noch mehr Smalltalk-Stoff
Mit 60 ausgewählten Kunstwerken erklärt die Kunsthistorikerin Susanne Partsche moderne Kunst. Gut strukturiert, einfach und gut verständlich geschrieben, eine Zeitachse mit Erläuterungen am unteren Bildrand sowie hervorragend ausgesuchte Beispiele. Was braucht es mehr?
Fazit: Nach der Lektüre hat garantiert keiner mehr Angst vor Rot, Blau Gelb.
Susanne Partsche: Wer hat Angst vor Rot, Blau Gelb? C.H. Beck, München, 2012. 208 Seiten mit 60 Abbildungen. 19,95 Euro.
Ja ist denn schon wieder Weihnachten?
Noch nicht ganz. Wer noch nach einer Einstimmung auf die fröhlichen Tage sucht, dem sei das freche Buch mit vielen modernen Weihnachtsgeschichten empfohlen, das Susanne Gretter zusammengestellt hat. Auch Geschäftsideen finden sich darin, womit wir fast wieder bei beim Anfang und dem Thema Karriere wären.... Nein, keine Sorge. Abschalten, Ausspannen, Lesen.
Fazit: Weihnachten bleibt.
Susanne Gretter: Wie immer unverhofft. Neue Weihnachtsgeschichten. Suhrkamp Verlag, Berlin, 2012. 191 Seiten, 8 Euro.