Buchtipps zum Fest

Weihnachtszeit ist Lesezeit

13.12.2012
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Inspiration & Familie

Zum Vorlesen bestens geeignet

Foto: Diogenes

Es war einmal... vor langer Zeit. Wer sich nur vage an all die vielen Geschichten von bösen Hexen, guten Feen oder dem reichen Herrn Kannitverstan erinnert, für den könnte das schön gestaltete „Große Märchenbuch“ die passende Nachhilfe bieten. Hundert europäische Märchen wählte Christian Strich aus. Tatjana Hauptmann griff zu Pinsel und Bleistift, um sie zauberhaft zu illustrieren. Natürlich sind die Gebrüder Grimm prominent vertreten, auch Hans Christian Andersen und weitere Märchen aus Spanien, Irland oder dem Balkan finden sich in der Sammlung. Altbekanntes und völlig Neues begegnet dem Leser in dem schön gestalteten Schmöker gleichermaßen.

Fazit. Dieser Prachtband eignet sich gut zum Vorlesen für die Großen und zum Staunen für die Kleinen.

Christian Strich, Tatjana Hauptmann: Das große Märchenbuch. Die hundert schönsten Märchen aus ganz Europa. Diogenes, Zürich, 2012. 663 Seiten. Geschenkausgabe im Schuber 49,90 Euro.

Verloren in einer Spielwelt

Foto: Schöffling & Co

Eine Vater-Sohn-Geschichte erzählt Burkhard Spinnen in seinem neuen Roman, die manchen Eltern von ihren eigenen Teenagern kennen. Wenn nämlich die virtuelle Welt am PC wichtiger wird als die reale. Ohne erhobenen Zeigefinger schildert der Autor die Annäherungsversuche von Vater und Sohn nach dem Tod der Mutter. Von Frustrationen, vergeblichen Versuchen und kleinen Erfolgserlebnissen auf diesem Weg, seinem 17-jährigen Sohn in die Untiefen von World of Warcraft zu folgen. Spannend wird es, als sich beide mit dem alten Auto der Mutter auf eine reelle Reise ins ehemalige Jugoslawien begeben. Dort lebt die aus der Online-Welt verschwundene Spielpartnerin des Sohnes. Gerade für Erwachsene, denen virtuelle Spielwelten fremd sind, eröffnet der Roman einen Zugang zur Gedankenwelt von Jugendlichen. Auch wenn der Autor mitunter zu viele Themen in die Geschichte gepackt hat, etwa die Folgen des Krieges im ehemaligen Jugoslawien und die reale Entfremdung innerhalb der Familie. Übrigens scheint auch der Autor kein leidenschaftlicher Computerspieler zu sein, denn er bedankt sich im Nachwort für die kompetente Beratung seines Sohnes.

Fazit: Eine spannende Familiengeschichte, die in der On- und Offline-Welt spielt.

Burkhard Spinnen: Nevena. Schöffling & Co., Frankfurt am Main, 2012. 384 Seiten. 19,95 Euro.

Ein bisschen was von allem

Es gibt fast kein Thema, das einer der bekanntesten Kolumnisten noch nicht aufgegriffen hat. Politik, Familie, Vater-Sohn-Geschichten und vieles mehr zerlegt Harald Martenstein Woche für Woche aufs Neue. Das Sympathische an seinen kleinen Textwunderwerken ist, dass er für scheinbar alltägliche Nichtigkeiten immer wieder einen ganz besonderen Dreh findet, der den Leser schmunzeln lässt. In der Sammlung „Ansichten eines Hausschweins" sind einige der in ZEIT und Tagesspiegel erschienen Kolumnen zusammengefasst.

Fazit: Bestens geeignet zum Verschenken an Menschen, die sich eine Spur Selbstironie erhalten haben.

Harald Martenstein: Ansichten eines Hausschweins. Neue Geschichten über alte Probleme. C. Bertelsmann Verlag, München, 2011, 207 Seiten, 16 Euro.

Ein früher Aussteiger berichtet

Zwei Jahre zog sich der ehemalige Lehrer und Landvermesser Henry David Thoreau im Jahr 1845 in ein einsames Blockhaus an den Waldensee in Bundesstaat Massachusetts zurück. Die später veröffentlichten Erinnerungen an diese Zeit „Walden; or Life in the Woods" gilt als Klassiker der Aussteigerliteratur. Die Zivilisationskritik des Autors verpackte der Diogenes Verlag in eine neue, schön gestaltete Leinenausgabe. Die zahlreichen Erläuterungen im Anhang sowie Zeittafel erleichtern die Lektüre dieses Experiments.

Fazit: Abenteuergeschichte mit philosophischem Tiefgang für Leser jeder Altersstufe.

Henry David Thoreau: Walden oder Leben in den Wäldern. Diogenes Verlag, Zürich, 2012. 492 Seiten, 16,90 Euro.