Energieeffizienzgesetz (EnEfG)

So will die Regierung Data-Center-Betreiber regulieren

20.06.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Energiehunger der Data Center wächst

Insgesamt beziffert der Verband die Zahl der größeren Rechenzentren in Deutschland auf derzeit etwa 3.000. Dazu zählen Anlagen mit mehr als 40 Kilowatt (KW) IT-Anschlussleistung und mindestens zehn Server-Racks. Hinzu kommen zirka 47.000 kleinere IT-Installationen. Zusammen summieren sich die Rechenzentren in Deutschland auf eine IT-Anschlussleistung von insgesamt 2.341 MW, so der Bitkom. 2012 waren es nur 1.362 MW.

Auch der Strombedarf der hiesigen Data Center ist gestiegen. Lag der Verbrauch dem Verband zufolge im Jahr 2012 noch bei etwa elf Milliarden Kilowattstunden (kWh), waren es im vergangenen Jahr schon 18 Milliarden kWh. Zum Vergleich: Laut Bundesnetzagentur betrug der Stromverbrauch in Deutschland im vergangenen Jahr 483,9 Milliarden kWh. Der RZ-Sektor kommt damit auf einen Anteil von etwa 3,7 Prozent am deutschen Gesamtstromverbrauch. Tendenz steigend: Denn während der Stromverbrauch in Deutschland insgesamt sinkt - im vergangenen Jahr um 4,1 Prozent im Vergleich zu 2021 (504,5 TWh) - dürfte der Stromhunger der Data Center weiter wachsen, allen Effizienzbemühungen zum Trotz.

Größenstruktur der Rechenzentren in Deutschland.
Größenstruktur der Rechenzentren in Deutschland.
Foto: Borderstep

Dass die IT-Anlagen angesichts des rasant steigenden Compute-Bedarfs nicht noch mehr Strom verbrauchen, liegt in erster Linie an der verbesserten Effizienz der Rechen­zentren. Die Rechenleistung sei durch die Weiterentwicklung von Hard- und Software deutlich stärker gestiegen als der Bedarf an Energie, teilt der Bitkom mit. Die Effizienz der Rechenzentren habe sich in den vergangenen Jahren insgesamt um den Faktor sechs verbessert.

Trotz dieser enormen Leistung werden weitere Optimierungen folgen müssen. Das Energie­effizienzgesetz, das am 25. Mai 2023 erstmals im Bundestag diskutiert wurde und derzeit zur weiteren Beratung im Ausschuss für Klimaschutz und Energie liegt, setzt neue Leitplanken für den Betrieb von RZs in Deutschland. Das gilt vor allem für die größeren Anlagen ab einer Anschlussleistung von 50 beziehungsweise 200 KW. Schätzungen zufolge sind damit etwa 1.000 der rund 50.000 Rechenzentren in Deutschland von der geplanten Energie­regulierung betroffen.

Wird das EnEfG wie geplant verabschiedet, kommt Folgendes auf die Betreiber zu:

  • Spätestens ab 2030 müssen alle größeren Rechenzentren eine Energieverbrauchseffektivität - die sogenannte Power Usage Effective­ness (PUE) - von 1,3 erreichen. Das bedeutet, dass der Stromverbrauch der Infrastruktur­anlagen beispielsweise für die Kühlung nicht mehr als 30 Prozent des Stromverbrauchs für die Informationstechnik, also Server- und Storage-Systeme ausmachen darf. Zur Einordnung: 2021 lag der durchschnittliche PUE-Wert deutscher Data Center bei 1,57. Doch gerade große Anlagen erreichen schon heute meist Effizienzgrade von 1,3 und besser.

  • Ab 2027 müssen die Rechenzentren ihren Energiebedarf zu 100 Prozent mit nicht subventioniertem Strom aus erneuerbaren Energien decken.

  • Neue RZ werden im EnEfG dazu verpflichtet, ihre Abwärme sinnvoll zu nutzen. Je nach Zeipunkt der Inbetriebnahme soll es unterschiedliche Stufen geben: Ab Juli 2026 müssen zehn Prozent der Abwärme genutzt werden. Findet die Inbetriebnahme ein Jahr später statt, sind es dann schon 15 Prozent, und ab Juli 2027 bis zu 20 Prozent. Dafür müsse aber sichergestellt sein, dass die neuen Data Center die Abwärme auch abgeben können, heißt es in dem Gesetzesentwurf. Dabei dürfe lang­fristig kein Standortnachteil für Deutschland entstehen.

  • Bis zum Juli 2025 müssen Data Center ab einer Größenordnung von 50 KW ein Umweltmanagement-System einführen, mit dessen Hilfe sich Energieverbrauch und Effizienz messen und überprüfen lassen. Betreiber großer Anlagen ab 500 KW beziehungsweise 200 KW für Data Center, die im Auftrag öffentlicher Träger betrieben werden, müssen ihre Messsysteme von einer unabhängigen Prüfstelle zertifizieren lassen.

  • Die Informationen aus diesen Umwelt­managementsystemen müssen jährlich an den Bund übermittelt werden, spätestens bis zum 31. März des Folgejahres. Geplant ist eine Art Energieeffizienz-Register, in dem alle relevanten Umweltdaten gesammelt werden.

  • Data-Center-Betreiber, die ihre Ressorcen als Dienstleistung für Dritte anbieten, sind ab Anfang 2024 verpflichtet, ihren Kunden die ihnen zugeordneten Energieverbräuche transparent mitzuteilen.

Das EnEfG ist politisch umstritten, wie die Aussprache im Bundestag Ende Mai gezeigt hat. Katrin Uhlig (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete das Gesetz als wichtigen Baustein der Energiewende. Damit setze die Bundes­regierung klare und realistische Ziele. "Der Markt kann nicht alles regeln", sagte Uhlig. Um die Energieeffizienz zu verbessern, brauche es einen regulatorischen Rahmen. Dieser schaffe letztendlich auch Planungssicherheit für die Unternehmen. "Natürlich erfordert die Umstellung Investitionen", so die Grünen-Politikerin. "Doch mittel- und langfristig können auch Kosten eingespart werden."

Bengt Berg von der SPD sekundierte Uhlig, indem er darauf hinwies, dass "clevere Unternehmerinnen und Unternehmer" längst von sich aus Maßnahmen zum Energiesparen ergriffen hätten, weil sie wüssten, dass dies notwendig sei. "Viele haben es begriffen - viele aber noch nicht", so Berg, der klare Vorgaben für die Wirtschaft ebenfalls richtig findet.

Bewertung von Standortfaktoren in Deutschland.
Bewertung von Standortfaktoren in Deutschland.
Foto: Borderstep

Thomas Gebhart aus den Reihen der CDU/CSU-Fraktion sagte: "Die Unternehmen haben sich angestrengt, es ist nicht so, als würden wir am Anfang stehen." Um weiter voranzukommen, brauche es vor allem marktwirtschaftliche Instrumente: "Wer mehr macht, muss mehr profitieren", so Gebhart. Der Gesetzentwurf der Ampelparteien passe nicht in die aktuelle Wirtschaftslage, kritisierte der Oppositions­politiker. Viele Unternehmen stünden ohnehin schon massiv unter Druck. "Das letzte, was wir brauchen, sind nationale Sonderwege und Extrahürden für einheimische Unternehmen."

In der ITK-Branche wird die neue Data-Center-Regulatorik mit gemischten Gefühlen gesehen. "Energie einzusparen, liegt im ureigensten Interesse der Rechenzentrumsbetreiber", sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Unternehmen könnten so ihre hohen Stromkosten reduzieren und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. "Je energieeffizienter und nachhaltiger Rechenzentren betrieben werden, desto besser ist der eigene ökologischer Fußabdruck und zugleich der Fußabdruck digitaler Lösungen und Anwendungen insgesamt."