CEO John Donahoe im Interview

"ServiceNow war immer eine Plattform-Company"

15.02.2019
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Deutschland und Japan zögerten mit der Cloud...

Sie haben vorhin die Cloud-Architektur von ServiceNow betont. Sind deutsche Unternehmen aus Ihrer Sicht bereit, in die Public Cloud zu gehen, um ihr ITSM, ihren Customer Service und ihre HR-Workflows zu automatisieren?

Donahoe: Die ganze Welt hat sich gegenüber der Cloud geöffnet, große und kleine Betriebe, auch die Behörden. Wichtig ist, dass sie die Sicherheit garantieren können. Dann können sie diese Unternehmen überzeugen. Deutschland und auch Japan sind zwei große Industrienationen, die eher zögerlich in die Cloud gegangen sind. Die Unternehmen dort sind sehr detailorientiert, die Lösungen müssen genau validiert und auf ihre Robustheit getestet werden. Aber jetzt geht es auch in diesen beiden Märkten richtig los.

Noch wichtiger als die Cloud-Fähigkeit ist in unserer Historie, dass unsere Lösung als Plattform herauskam. Der Gründer Fred Luddy hatte die einfache Vorstellung, dass normale Leute in den Büros ein einfacheres Arbeitsleben haben sollten. Aber eine Workflow-Plattform allein kaufen die Leute nicht, weshalb er eine Anwendung draufsetzen musste. Das war IT Service Management. Das hat dann abgehoben. Tatsächlich war ServiceNow aber nie eine ITSM-Company, es war eine Plattform-Company.

Heute haben wir drei Application-Sets auf unserer Plattform: Unsere IT-Workflows helfen dem CIO, einen modernen IT-Shop aus seiner Organisation zu machen. Das zweite ist die Employer Experience, über die digitalen Workflows dort haben wir schon gesprochen. Und drittens Customer Service. Wie identifiziert und löst man Kundenprobleme und wie sorgt man durch automatisierte Antworten und Selbsthilfe für Produktivität und gleichzeitig hohe Kundenzufriedenheit?

Wie ist das Upselling-Verhalten der Kunden? Nimmt jemand, der Ihre ITSM-Lösung einsetzt, irgendwann auch HR- und Customer-Service-Lösungen?

Donahoe: In 80 bis 90 Prozent aller Fälle geht es erstmal mit ITSM los. Dann packen sie andere Produkte dazu. 19 unserer Top-20-Deals nutzen ITSM, 16 inzwischen auch weitere Produkte. Was besonders interessant ist: Die Kunden teilen unseren Plattformgedanken. 30 Prozent haben ihre eigenen Anwendungen auf Basis unserer Plattform gebaut. Wir haben ein Setup an Konfigurationen, die das einfach machen. Sie können ihre eigenen Anwendungen schreiben, ohne den Upgrade-Prozess zu beeinträchtigen, was sehr wichtig ist. Das ist kein eigentliches Coding, sondern eher ein Konfigurieren via Drag and Drop. Wir nennen das Scoped Apps.

Inwieweit verändert sich Ihre Plattform durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz?

Donahoe: Wir interessieren uns hier insbesondere für den Aspekt Machine Learning, das wir für verschiedene Use Cases anwenden, auch intern. In unserem Kundenservice-Zentrum haben rund 600 Ingenieure rund zwölf Prozent ihrer Zeit für das Kategorisieren und Routen von Incidents aufgewendet. Der Kunde kontaktierte sie und sie mussten herausfinden: Was ist sein Problem? Und dann galt es, die richtige Person zu finden, die das Problem lösen kann.

Heute analysieren wir die eingehenden Anfragen via Machine Learning und erkennen sofort, worum es geht. Schon nach drei Wochen haben das die Algorithmen akkurater erledigt als jeder menschliche Mitarbeiter. Die Kunden bekommen ihr Problem jetzt viel schneller und exakter beim richtigen Ansprechpartner adressiert. Und wir verfügen jetzt intern über zwölf Prozent mehr Kapazitäten, um Kundenprobleme zu lösen - worum es ja schließlich geht.