Phänotyp des neuen Managers
Inzwischen verhalten sich viele Manager und Unternehmen klüger. Vorbei sind die Zeiten der New Economy, in denen man nach Feierabend in die nächste Bar zog, die Nacht möglichst lange an der Theke verbrachte und morgens als Erster im Büro saß. Top-fit natürlich. Die Vollgaskultur hat ein Ende. Denn es setzt sich die Erkenntnis durch, dass es selbst der stärkste Motor nicht dauerhaft auf der Überholspur aushält. Immerhin 60 Prozent der deutschen Top-Manager sagten laut Heidrick & Struggles, dass sie einen bewussten Lebensstil pflegen, um für den Job fit zu sein.
Zu diesen gehört etwa Peter Terium Seit dem 1. Juli 2012 ist der 50-Jährige Vorstandsvorsitzender des Energieriesen RWE, verantwortlich für 70.000 Mitarbeiter und 53 Milliarden Euro Jahresumsatz. Seine Gesundheit sei ihm "sehr wichtig", sagt er: "Und dazu gehört vor allem genügend Schlaf."
Damit er den bekommt, verhält er sich sehr diszipliniert. Auch auf Dienstreisen versucht er, vor Mitternacht im Bett zu sein. Durchzechte Nächte an der Hotelbar? Eher nein. "Wenn wir ehrlich sind, dann ist das, was nach Mitternacht und dem sechsten Bier an der Theke besprochen wird, kaum entscheidend für den Unternehmenserfolg", sagt Terium. "Wenn möglich, halte ich mich daran."
Außerdem meditiert er regelmäßig und macht Yoga, um ausgeglichen durch den Tag zu kommen - und abends entspannt ins Bett.
Terium ist der Phänotyp des neuen Managers. Er hat die Geschicke von RWE ebenso im Blick wie seinen eigenen Körper. Nachhaltigkeit, eines der Schlagworte des neuen Jahrtausends, gilt nicht nur für die Strategie der Unternehmen, sondern auch für viele CEOs. Sie werden zum Gesundheitsmanager in eigener Sache.
Das bestätigt auch Felicitas von Elverfeldt. Die Diplom-Psychologin arbeitet seit 1995 als Executive Coach für Führungskräfte im mittleren und oberen Management von Großkonzernen. Im Schnitt arbeiten ihre Kunden unter der Woche bis zu 14 Stunden täglich, pro Nacht schlafen manche nur vier Stunden. Inzwischen redet von Elverfeldt mit ihren Klienten nicht nur über geschäftliche Strategien oder personelle Entscheidungen. "Das Thema Gesundheit wird bei Führungskräften salonfähig", sagt von Elverfeldt, "und dazu gehört auch, richtig und gut zu schlafen."
Kein Wunder - denn langfristig ist Schlafentzug Raubbau am eigenen Körper. Wer nachts ständig zu wenig ruht, gefährdet nicht nur Kollegen und Mitarbeiter, sondern auch sich selbst. Die Folgen von schlechtem Schlaf sind bestenfalls hinderlich, schlimmstenfalls lebensgefährlich.
- Zielsicher in die Katastrophe
Viele Menschen steuern - bewusst oder weniger bewußt - über Jahre hinweg zielsicher auf den Burnout zu. Werden konsequent die häufigsten 13 Fehler gemacht, ist früher oder später der Burnout garantiert! - Allzeit bereit!
Bei Ihrem Job werden "flexible" Arbeitszeiten und Überstunden als selbstverständlich erwartet, auch Reisetätigkeiten, wechselnde Arbeitsplätze, internationale Zusammenarbeit über mehrere Zeitzonen hinweg und Erreichbarkeit 24 Stunden an sieben Tagen per Blackberry, Handy & Co. - Brennen für den Job
Ihre Tätigkeit begeistert Sie, Überstunden stören Sie nicht. Sie stehen für Flexibilität, Schnelligkeit und höchste Qualitätsansprüche. Das Team, der Chef, der Auftraggeber und alle anderen können sich stets auf Sie verlassen. Sie sind ehrgeizig, der nächste Schritt zum Projekt-Manager, Team- oder Abteilungsleiter winkt und fordert vollen Einsatz auf gleichbleibend hohem Niveau. Brennen Sie für Ihre Aufgaben, das Projekt, Ihr Team, Ihr Unternehmen - bis Sie ausgebrannt sind. - Entspannen? Was ist das?
Signale wie anhaltende Müdigkeit, Unkonzentriertheit, Leistungsabfall, Schlafstörungen sowie die Unfähigkeit abzuschalten und aufzutanken, ignorieren Sie. Bedienen Sie sich bei auftretenden Zipperlein großzügig an Produkten der Pharmaindustrie. - Nur nicht wütend werden
Kümmern Sie sich auf keinen Fall um Ihre Gefühle. Wut, Ärger, Ängste, das Gefühl von Überforderung oder ständiger Gehetztheit ignorieren Sie, ebenso wie das Schwinden Ihrer Lebensfreude, zunehmende Teilnahmslosigkeit, Sinn- und Lustlosigkeit und Depressionen. Bei zunehmendem Leeregefühl lösen Sie sich von der Idee, dass Arbeit Sie innerlich erfüllen könnte. - Immer schön fleißig sein!
Ineffektiv verbrachte Arbeitszeit kompensieren Sie mit Mehrarbeit. Das vertreibt auch die Langeweile am Wochenende und im Urlaub. Sind Sie Freiberufler, verzichten Sie ganz auf Urlaub. Sie müssen die Aufträge abarbeiten, oder das Geld reicht nicht. Machen Sie möglichst mehrere Dinge gleichzeitig, um Zeit zu sparen. Sagen Sie "Ja" zu jeder neuen Aufgabe. - Verzweifelt? Sie doch nicht!
Machen Sie sich unentbehrlich. Auch wenn es unmöglich ist und Sie der Verzweiflung nah sind, versuchen Sie, möglichst alle Erwartungen von Teamkollegen, Auftraggebern, internen und externen Projektmitarbeitern, Vorgesetzten und Ihrer Familie und Freunde zu erfüllen. Am besten übertreffen Sie noch deren Erwartungen. - Warnsignale?
Verwerfen Sie sämtliche Warnungen, Vorhaltungen, Vorwürfe, Bitten und Sorgen von Ihrer/m Partner/in, Angehörigen oder Kollegen. Ihre Ausreden sollten wasserdicht sein: "Nach diesem Projekt wird alles besser" oder "nur noch dieser Fall". Oder: "Die Umstände/der Vorgesetzte/der Auftraggeber zwingen mich dazu, ich habe keine Wahl." - Im Hamsterrad
Hämmern Sie sich und anderen ein, es geht nicht anders, in Ihrem Job jedenfalls nicht. Wenden Sie sich dennoch auf Drängen anderer an eine professionelle Beratung, werden Sie es sicher verstehen, die Sinnlosigkeit dieser Maßnahme unter Beweis zu stellen. - Nur nicht drüber reden!
Gehen Sie auf Distanz zu Menschen, zu denen erstaunlicherweise noch Kontakt besteht. Als Eigenbrötler können Sie leichter die Fassade wahren. Sagen Sie niemandem, wie es Ihnen geht. Gemeinsame Mittags- und Kaffeepausen mit Kollegen sind zeitlich unmöglich, die Zeit mit der Familie wird immer knapper. - Jede Minute zählt - zum Arbeiten.
Streichen Sie sämtliche Hobbys einschließlich sportlicher Betätigungen. Falls Sie doch noch ein Privatleben haben, gestalten Sie die Terminplanung zwischen ihm und dem Job noch engmaschiger, nutzen Sie jede freie Minute. - Gesund leben? Maßlos überschätzt!
Gesundes Essen wird als Zeitkiller abgeschafft zugunsten von Fast Food und belegten Semmeln. Damit Sie überhaupt entspannen und von Ängsten und anderen unangenehmen Gefühlen abschalten können, gönnen Sie sich regelmäßig abends etwas Alkoholisches. - Perfektion, Perfektion, Perfektion
Seien Sie nie zufrieden mit Ihren Ergebnissen, auch wenn andere begeistert sind. Sie sind Ihr strengster Kritiker. Weniger als perfekt kommt für Sie nicht in Frage. Stecken Sie sich zusätzliche Ziele. Erlernen Sie eine Fremdsprache, machen Sie eine berufsbegleitende Ausbildung und laufen Sie Marathon. - Probleme? Ach was!
Lösen Sie keine Konflikte und Probleme grundlegend. Schieben Sie alles vor sich her, damit der Berg von Unerledigtem immer höher wird. - Ein Ausstieg ist möglich!
Falls Sie sich in unserem Text zu stark wiedererkennen, steiegen Sie aus! Je früher, desto besser. Gehen Sie zum Arzt, ändern Sie Ihre Lebensweise, solange es noch früh genug ist. Das raten Ihnen Ruth Hellmich, Rechtsanwältin und Geschäftsführerin von CoachingTraining.
Das zeigt eine aktuelle Langzeitstudie des Schlafforschers Lars Laugsand von der Universität Trondheim, für die er elf Jahre lang mehr als 54.000 Norweger im Alter von 20 bis 89 beobachtet hatte. Wer schlecht schlief, litt häufiger unter Herzproblemen - unabhängig von Ernährung, Gewicht oder Lebensumständen. Denn wenn unser Körper nachts nicht ruhen kann, schüttet er vermehrt Stresshormone aus - und die schaden mittelfristig dem Herz. Manche Forscher gehen gar davon aus, dass permanenter Schlafmangel die Lebenserwartung verkürzt.
Und die Leistungsfähigkeit senkt: Die französische Wissenschaftlerin Virginie Godet-Cayré vom Centre for Health Economics and Administration Research untersuchte im Jahr 2006 für eine Langzeitstudie knapp 800 Angestellte. Die eine Hälfte schlief gut, die andere lag häufig nachts wach. Und das wirkte sich nicht nur auf die Betroffenen aus, sondern auch auf ihren Arbeitgeber. Wer schlechter schlief, fehlte krankheitsbedingt knapp sechs Tage im Jahr. Wer ruhig schlummerte, war nur 2,4 Tage abwesend. Besonders gefährdet: Schichtarbeiter.