Eine Beförderung ist häufig der Beginn einer Karriere - bei Annette Grub war sie der Anfang vom Ende. Die 50-Jährige verbrachte ihr gesamtes Berufsleben bei einem Unternehmen der Versorgungswirtschaft, 2008 wurde sie zur stellvertretenden Abteilungsleiterin im Einkauf befördert. "Zunächst war ich darüber froh", sagt Grub heute. Sie sollte ein Team mit sieben Mitarbeitern aus verschiedenen Kontinenten leiten, freute sich auf die Herausforderung und fühlte sich fachlich geeignet. Kurz nach dem Jobantritt begannen die Probleme.
Zunächst konnte sie nur in den Nächten von Sonntag auf Montag nicht mehr gut einschlafen. Dann grübelte sie schon tagsüber, ob sie abends gut würde schlafen können. Ihr Arzt verschrieb ihr Schlaftabletten, die sie einmal in der Woche nehmen sollte. Nach einigen Monaten schluckte sie die Pillen täglich - eine höhere Dosierung lehnte der Arzt ab. Bald schlief sie pro Nacht höchstens drei Stunden, und auch das nur unruhig. Das hinterließ Spuren.
"Ich war oft unkonzentriert, hatte Probleme, Auto zu fahren, und wollte in der Freizeit nur noch meine Ruhe haben", sagt Grub. Eines Morgens im April 2012 konnte sie nicht mehr aufstehen. "Ich war nicht krank", sagt Grub, "sondern einfach zu schwach." Der jahrelange Schlafentzug hatte sie ausgelaugt.
Grubs Beispiel zeigt: Wer im Job vorankommen will, für den ist gute Nachtruhe unerlässlich. Erst recht, wenn die Tage geprägt sind von Termindruck und Stress. Wenn Chefs zufriedengestellt werden wollen und Dienstreisen Jetlag verursachen.
"Wer tagsüber Vollgas gibt, muss seinen Akku abends aufladen", sagt Jürgen Zulley, bis 2010 Professor für Biologische Psychologie an der Universität Regensburg und einer der renommiertesten Schlafforscher. "Schlaf ist für Körper und Geist so wichtig wie Atmen, Essen und Trinken."
Das musste vor einigen Wochen auch ein Mitarbeiter der Frankfurter Volksbank zugestehen: Er hatte einen Zahlungsbeleg von 62,40 Euro auf 222.222.222,22 Euro hochgeschraubt. Nicht aus Großzügigkeit oder krimineller Energie. Er war für einige Sekunden am PC eingenickt und dabei auf die Taste "2" geraten.
Das Ausmaß mag extrem und der Fall skurril sein - das Dilemma aber kennen viele. Schlaflosigkeit bei Nacht und Müdigkeit am Tag sind in Deutschland weit verbreitet. Laut einer Untersuchung des Robert Koch-Instituts leidet hierzulande jeder vierte Erwachsene unter Schlafstörungen, elf Prozent finden ihren Schlaf nicht erholsam - schuld ist meist Stress: Fast die Hälfte der Deutschen schläft deswegen schlecht, ergab eine repräsentative Studie von Forsa.