"Jedes Projekt muss einen Business-Case haben"
CW: Muss SAP mit dem Best-Practice-Ansatz nicht eher mit den Fachabteilungen reden?
SNABE: Wir müssen immer auch mit der IT reden. Hier geht es schließlich um Konsistenz und Kosten der IT-Landschaft.
CW: Damit will sich eine Abteilung wie das Marketing aber nicht beschäftigen.
SNABE: Richtig - deswegen müssen wir auch lernen, mit den Geschäftsabteilungen umzugehen. Das heißt beispielsweise, Diskussionen zu führen, wie sich ein Retail-Geschäft oder Mobile Banking besser abwickeln lässt. Deshalb sprechen wir auch mit dem Management und nicht nur mit der IT. In der Folge bedeutet das auch eine Veränderung der SAP. Wir haben schließlich 1800 Mitarbeiter, die jeden Tag mit Branchen arbeiten. Damit verfügt SAP über die notwendige Kompetenz, um mit den Verantwortlichen in den Unternehmen zu diskutieren. Hier geht es darum, Mehrwert zu schaffen, und nicht nur darum, wie viele Lizenzen verkauft werden und wie man das ganze Paket schnürt und verpackt. Es zählt einzig und allein, welche Verbesserungen SAP im Geschäftsbetrieb bei den Kunden umsetzen kann.
CW: Sie brauchen also Branchen-, Prozess- und Technik-Knowhow?
SNABE: Wir gehen zu den Kunden mit den Key-Performance-Indicators (KPIs) der jeweiligen Branche und können zeigen, wie die Branchenbesten agieren. Anhand des Benchmarks lässt sich nachweisen, wie viel Geld zu holen ist - seien es weniger Kosten oder mehr Umsatz. Dann erarbeiten wir einen Business Case. Das bedeutet aber auch, dass wir gegen diesen Business Case liefern. Deshalb ist das Ganze auch eine Business-Diskussion und keine reine Softwarediskussion mehr.
CW: Nimmt man das der SAP ab?
SNABE: Jedes Projekt heute muss einen Business Case haben. Man kann keine großen IT-Projekte anstoßen, ohne darzulegen, wo die Mehrwerte für das Business sind. Es wird auch genau geprüft, welche Verbesserungen erzielt wurden. Wir führen keine Preisdiskussionen mehr sondern Value-Diskussionen.
CW: SAP muss sich daran aber auch messen lassen.
SNABE: Wir nehmen uns selbst in die Verantwortung und helfen den Kunden, diesen Business Case zu liefern. Damit sitzen wir auch mit im Boot bei den Projekten. Wir sind bei den wichtigen Entscheidungen dabei. Wir messen anschließend, wie ein Projekt gelaufen ist. Zielvorgabe für so eine Partnerschaft ist nicht, wie viele Lizenzen verkauft werden, sondern inwieweit die Geschäftsziele erreicht wurden. Das ist eine Gelegenheit für SAP, in eine Business-Diskussion einzusteigen und nicht nur über Technik zu reden. In den vergangenen Jahren hatten wir zu viele Diskussionen, die sich nur um die Technik gedreht haben. SOA und Netweaver - wofür ist das eigentlich? Es muss ja einen Mehrwert schaffen.
- Leben und Arbeiten in Shanghai
...heißt es seit zwei Jahren für SAP-Berater Andreas Leidloff, der jeden Monat zwei Wochen in Shanghai arbeitet. - Die Niederlassung von Itelligence in Shanghai...
....hat Andreas Leidloff (Bildmitte) aufgebaut. In China musste er umdenken. So hat ein unterschriebener Vertrag weniger Bedeutung als in Deutschland. - Von der fremden Kultur....
...ist Leidloff fasziniert. Er hat gelernt, dass man in China nicht so stark zwischen Privatem und Geschäftlichem trennt. Und dass beim Essen und Karaoke-Abende oft wichtige Kontakte geknüpft und Entscheidungen getroffen werden. - Andreas Leidloff, Itelligence, ...
...weiß aber auch, dass man nie sofort zum Geschäftlichen kommen sollte. Wichtig ist die Kunst, Umwege zu gehen, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren; sich Zeit zu lassen für wichtige Entscheidungen. - Nicht nur beim Einkaufen....
kommt man als Europäer ohne Chinesischkenntnisse schnell an seine Grenzen. Leidloff war überrascht, dass in der 16-Millionen-Metropole kaum Englisch gesprochen wird. - In Herrn Zhu...
...fand IT-Berater Leidloff dennoch einen guten Ansprechpartner. Von ihm lernt er jedes Mal etwas Neues über Tee - der Sprachbarriere zum Trotz. - Teetrinken als Oase in der Hektik des Shanghaier Alltags
Leidloff lernte etwa von Herrn Zhu, den Tee immer erste nach dem zweiten Aufguss zu trinken. Der erste Aufguss ist nur dazu da, die Blätter zu öffnen und dem tee die Bitterkeit zu entziehen.
CW: Aber SAP hängt doch nach wie vor an der Technik hängt, wenn ich mir die aktuellen Diskussionen um In-memory und Mobile ansehe.
SNABE: Hier spielen zwei Punkte eine Rolle: die Kommunikation und der Business Case. Wenn ich mit einem Bank-Vorstand zusammensitze und erzähle, In-Memory sei zehntausend Mal schneller als herkömmliche Festplattentechnik, dann nickt er höflich, sagt "interessant" und fragt mich, ob ich noch einen Kaffee möchte. Wenn ich aber sage: Was würde im Bankengeschäft passieren, wenn man ein Realtime-basierendes Risk-Management für die transaktionalen Daten haben könnte? Dann geht es nicht um Kaffee, sondern um Fragen, wie das funktioniert, und wie schnell so etwas umgesetzt werden könnte. In-Memory ist eine Technik - unsere Aufgabe ist es, diese Technik für das Business zu übersetzen.
CW: Welche Chancen rechnen Sie sich damit aus?
SNABE: Wenn die Technik ein wirklicher "Game-Changer" ist, dann habe ich die Möglichkeit, damit Geschäfte zu machen. Sonst habe ich nur ein Forschungsprojekt. Forschung bedeutet, Geld in Ideen umzuwandeln. Innovation heißt, Ideen in Geld umzuwandeln. Dafür muss ich den Nutzen nachweisen. Sonst habe ich nur eine Technik und die Hoffnung, dass die Kunden mit unseren Partnern eine Einsatzmöglichkeit dafür finden.