Jim Hagemann Snabe

SAP soll das Apple für Business-Software werden

29.12.2010
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

"Jedes Projekt muss einen Business-Case haben"

CW: Muss SAP mit dem Best-Practice-Ansatz nicht eher mit den Fachabteilungen reden?

SNABE: Wir müssen immer auch mit der IT reden. Hier geht es schließlich um Konsistenz und Kosten der IT-Landschaft.

CW: Damit will sich eine Abteilung wie das Marketing aber nicht beschäftigen.

"Wir führen keine Preisdiskussionen mehr sondern Value-Diskussionen."
"Wir führen keine Preisdiskussionen mehr sondern Value-Diskussionen."

SNABE: Richtig - deswegen müssen wir auch lernen, mit den Geschäftsabteilungen umzugehen. Das heißt beispielsweise, Diskussionen zu führen, wie sich ein Retail-Geschäft oder Mobile Banking besser abwickeln lässt. Deshalb sprechen wir auch mit dem Management und nicht nur mit der IT. In der Folge bedeutet das auch eine Veränderung der SAP. Wir haben schließlich 1800 Mitarbeiter, die jeden Tag mit Branchen arbeiten. Damit verfügt SAP über die notwendige Kompetenz, um mit den Verantwortlichen in den Unternehmen zu diskutieren. Hier geht es darum, Mehrwert zu schaffen, und nicht nur darum, wie viele Lizenzen verkauft werden und wie man das ganze Paket schnürt und verpackt. Es zählt einzig und allein, welche Verbesserungen SAP im Geschäftsbetrieb bei den Kunden umsetzen kann.

CW: Sie brauchen also Branchen-, Prozess- und Technik-Knowhow?

SNABE: Wir gehen zu den Kunden mit den Key-Performance-Indicators (KPIs) der jeweiligen Branche und können zeigen, wie die Branchenbesten agieren. Anhand des Benchmarks lässt sich nachweisen, wie viel Geld zu holen ist - seien es weniger Kosten oder mehr Umsatz. Dann erarbeiten wir einen Business Case. Das bedeutet aber auch, dass wir gegen diesen Business Case liefern. Deshalb ist das Ganze auch eine Business-Diskussion und keine reine Softwarediskussion mehr.

CW: Nimmt man das der SAP ab?

SNABE: Jedes Projekt heute muss einen Business Case haben. Man kann keine großen IT-Projekte anstoßen, ohne darzulegen, wo die Mehrwerte für das Business sind. Es wird auch genau geprüft, welche Verbesserungen erzielt wurden. Wir führen keine Preisdiskussionen mehr sondern Value-Diskussionen.

CW: SAP muss sich daran aber auch messen lassen.

SNABE: Wir nehmen uns selbst in die Verantwortung und helfen den Kunden, diesen Business Case zu liefern. Damit sitzen wir auch mit im Boot bei den Projekten. Wir sind bei den wichtigen Entscheidungen dabei. Wir messen anschließend, wie ein Projekt gelaufen ist. Zielvorgabe für so eine Partnerschaft ist nicht, wie viele Lizenzen verkauft werden, sondern inwieweit die Geschäftsziele erreicht wurden. Das ist eine Gelegenheit für SAP, in eine Business-Diskussion einzusteigen und nicht nur über Technik zu reden. In den vergangenen Jahren hatten wir zu viele Diskussionen, die sich nur um die Technik gedreht haben. SOA und Netweaver - wofür ist das eigentlich? Es muss ja einen Mehrwert schaffen.

CW: Aber SAP hängt doch nach wie vor an der Technik hängt, wenn ich mir die aktuellen Diskussionen um In-memory und Mobile ansehe.

SNABE: Hier spielen zwei Punkte eine Rolle: die Kommunikation und der Business Case. Wenn ich mit einem Bank-Vorstand zusammensitze und erzähle, In-Memory sei zehntausend Mal schneller als herkömmliche Festplattentechnik, dann nickt er höflich, sagt "interessant" und fragt mich, ob ich noch einen Kaffee möchte. Wenn ich aber sage: Was würde im Bankengeschäft passieren, wenn man ein Realtime-basierendes Risk-Management für die transaktionalen Daten haben könnte? Dann geht es nicht um Kaffee, sondern um Fragen, wie das funktioniert, und wie schnell so etwas umgesetzt werden könnte. In-Memory ist eine Technik - unsere Aufgabe ist es, diese Technik für das Business zu übersetzen.

CW: Welche Chancen rechnen Sie sich damit aus?

SNABE: Wenn die Technik ein wirklicher "Game-Changer" ist, dann habe ich die Möglichkeit, damit Geschäfte zu machen. Sonst habe ich nur ein Forschungsprojekt. Forschung bedeutet, Geld in Ideen umzuwandeln. Innovation heißt, Ideen in Geld umzuwandeln. Dafür muss ich den Nutzen nachweisen. Sonst habe ich nur eine Technik und die Hoffnung, dass die Kunden mit unseren Partnern eine Einsatzmöglichkeit dafür finden.