CW: Wie hat sich nach dem ganzen Ärger um die Wartungsgebühren Ihr Verhältnis zu den Kunden entwickelt?
SNABE: Alle Kunden, mit denen ich in den vergangenen Monaten gesprochen habe, begrüßen die Annäherung. Schließlich gehen sie mit ihrer Entscheidung, SAP-Software für ihre Geschäftsprozesse einzusetzen, eine langfristige Partnerschaft mit uns ein. Unsere Kunden haben deshalb ein Grundinteresse daran, dass wir erfolgreich sind und umgekehrt. Das heißt, sie wollen uns auch helfen. Sie wollen aber auch sicherstellen, dass sich das Verhältnis nicht zu einseitig gestaltet. Die Entscheidung, die Wartungsgebühren zu erhöhen, hatte SAP einseitig getroffen, ohne die Kunden mit einzubeziehen. Das war ein Fehler. Deshalb kann ich die Reaktion unserer Kunden gut nachvollziehen: Sie erwarten zurecht eine langfristige gute Partnerschaft, von der beide Seiten profitieren und in der sie dem Partner auch vertrauen können.
CW: Wie haben die Kunden die neuen Wartungsbedingungen angenommen?
SNABE: Wir räumen den Kunden wieder eine Wahlmöglichkeit ein. Ich bin überzeugt, dass der Support für Applikationen, die geschäftskritische Prozesse abdecken, für Unternehmen immer wichtiger werden wird. Wenn bei unseren Kunden die Software eine Stunde nicht läuft, hat das oft massive Geschäftseinbrüche zur Folge. Eine Supply Chain von Siemens oder Nokia muss ständig laufen. Deshalb ist gute verlässliche Wartung extrem wichtig. Ich glaube auch, dass die Kunden letztendlich den bestmöglichen Support haben möchten. Aber sie möchten eben auch eine Wahlmöglichkeit haben. Wir bieten erstens den Standard-Support - der ist günstiger als bei vielen unserer Wettbewerber. Und zweitens den Enterprise Support mit wesentlich höheren Leistungen. In den meisten Ländern haben zwischen 80 und 90 Prozent der Kunden den Enterprise Support gewählt. Das heißt: Die Anwender wollen den besseren Support, aber sie wollen nicht dazu gezwungen werden. Das ist nachvollziehbar.
CW: Also ist das Ganze eine psychologische Frage?
SNABE: Es ist eine Frage der Beziehung. Am Ende stellt sich nicht nur die Frage, ob ich als Kunde die beste Software bekomme. Die Kunden wollen auch sicherstellen, dass der Softwareanbieter ihnen hilft, ihr Geschäft optimal zu realisieren. Dabei geht es vor allem um Vertrauen.
CW: Wie wollen Sie das verloren gegangene Vertrauen wieder aufbauen?
SNABE: Es sind im Grunde zwei Dinge passiert. Zum einen haben wir das Wartungsmodell wieder geändert und den Kunden die Wahlmöglichkeit eingeräumt. Das heißt: Wir haben zugehört, die Konsequenzen gezogen und etwas verändert. Ich sage auch ganz offen: Das war ein Fehler. Das muss man erkennen, sonst kann man nichts ändern. Zum Zweiten haben sich mit den Veränderungen an der Spitze von SAP die Türen bei den Kunden wieder ein bisschen geöffnet. Sie sind interessiert und neugierig, was die Veränderungen bedeuten.
CW: Was hat sich denn mit der neuen Doppelspitze bei SAP geändert?
SNABE: Bill McDermott und ich sind extrem kundenorientiert. Ich verbringe ein Drittel meiner Zeit mit Kunden und habe in den vergangenen Monaten bestimmt 160 Kunden getroffen. In den Meetings beäugt man sich zuerst ein wenig, manchmal war es auch ein wenig kritisch am Anfang. Aber nach ein, zwei Stunden ist in der Regel eine neue Basis gelegt. Am Ende diskutieren wir dann, wie wir wieder enger zusammenarbeiten können. Ich lerne viel durch die Interaktion mit den Kunden: Man hört zu und versteht den anderen. Und durch die enge Kommunikation mit unseren Kunden können wir unsere Produkte weiter verbessern. Mit der Veränderung an der Firmenspitze haben wir eine Tür geöffnet und wir sind dann auch durchgegangen.
CW: Was erwarten die Kunden jetzt von SAP?
SNABE: Sie hoffen, dass sich mit den Veränderungen etwas bei SAP bewegt. Das müssen wir nun auch nachweisen. Das heißt, wir müssen das, was wir versprechen mit Leben füllen. Wir müssen unsere Ideen und Visionen mit Inhalten füllen. Die Kunden wollen mehr über unsere Strategie wissen. Wir müssen im Endeffekt Roadmaps für jeden Kunden entwerfen und ihm aufzeigen, welche Möglichkeiten er mit unseren Produkten hat. Manchmal müssen wir zwar erst ein paar Probleme lösen, dann haben wir aber wieder einen Startpunkt und können uns gemeinsam an die Roadmap machen. Dann kommen auch wieder neue Investitionen.