KPIs nicht zu starr anwenden
Als weiteres Problem in Sachen richtiges Kunden-Management identifizieren die Experten die Frage, wie man Erfolg beziehungsweise Misserfolg messbar machen kann. Birgit Eijkhout von d.velop warnt davor, Traffic über das Gießkannenprinzip in der Breite zu generieren, um geplante Key Performance Indicators (KPIs) zu erreichen. "Inzwischen ist es möglich, die relevanten Zielgruppen so genau zu bestimmen, dass mit wenig Streuverlust und geringerem finanziellen Aufwand höhere Konversionsraten zu erzielen sind." Adito-Geschäftsführer Mirwald berichtet aus seiner Praxis von Unternehmen, die ganz harte Vorgaben für Kennzahlen setzen. Da gelte es dann, seine 500.000 Kontaktpunkte zu schaffen, koste es was es wolle. "Von zielgruppenspezifischer Ansprache ist so ein Vorgehen allerdings weit entfernt."
- 1. Prozesse neu denken
Alle Prozesse, die für den Kunden relevant sind, sollten von außen nach innen gedacht werden, also das optimale Kundenerlebnis zum Ausgangspunkt nehmen. Das erfordert ein Umdenken, das zum einen den Kunden in seiner Onlinewelt schon bei der Produkt- und Servicegestaltung in den Mittelpunkt stellt und sich zum anderen auf Datendurchgängigkeit und einheitliche CRM-Systeme fokussiert. - 2. Einheitlichkeit schaffen
Im Rahmen des Umdenkens gilt es auch, die Kundenkontaktpunkte zu vereinheitlichen - und zwar alle, online wie offline, über Texte, Grafiken, Tonalität, Kontaktpersonen und Services hinweg. Diese Einheitlichkeit sollte jeden Prozessschritt für den Kunden einfach und verständlich machen. Dazu gehört auch, eine durchgehend persönliche Ansprache mit einem Berater als Absender oder zumindest einer gleichbleibenden Servicestelle. - 3. Kontinuierlich optimieren
Wer den Kunden besser verstehen will, muss die bestehenden Prozess aus seiner Perspektive analysieren. Dazu gehören sowohl Stärken als auch Schwächen. Anschließend sind messbare Verbesserungen zu definieren, die dann kontinuierlich korrigiert werden sollten. Eine große Rolle spielt hier die Einbindung der relevanten Abteilungen, zum Beispiel Produktmanagement, Call Center, Sales und Marketing. - 4. einen Verantwortlichen bestimmen
Um alle an einen Tisch zu bringen, braucht es eine zentrale Verantwortlichkeit für den Kundenprozess. So kann an einer zentralen Stelle auch objektiv gemessen werden, wie und wodurch der Kundenprozess verbessert wurde. Dieser Person obliegt die Planung und Durchführung der Maßnahmen zum Online-Erlebnis als ein Aktionsstrang der gesamten Digitalisierungs-Roadmap. - 5. Durchgängigkeit gewährleisten
Prozessbrüche und Prozesswechsel sind zu vermeiden. Zum Beispiel der Bruch zwischen Online-Formular und anschließendem Filialbesuch. Es lohnt sich, aus Kundensicht zu prüfen, ob tatsächlich die Notwendigkeit traditioneller Kommunikationskanäle wie Briefsendungen besteht. Hier hilft die Frage: Wie können interne Hindernisse zugunsten einer durchgängigen Online-Customer-Experience verringert oder beseitigt werden?
Die Ursache für derartig Kennzahlen-getriebene Strategien sieht Klaus Enzenhofer von Dynatrace in erster Linie in zu starren Strukturen in den Führungsebenen der Unternehmen. Vielfach fehle der Wille, Dinge zu verändern. Begründet werde dies oft mit der angeblich gefährdeten Sicherheit von Personen-bezogenen Daten. Diese Denkmuster seien gerade in Deutschland und Österreich weit verbreitet und würden die digitale Transformation im DACH-Raum hemmen und dem Rest der Welt einen Vorsprung geben.
Um einer vorgeschobenen Sicherheitsdiskussion den Wind aus den Segeln zu nehmen, gelte es viel Aufklärungsarbeit zu leisten, sagt Cobra-Manager Litz. Dabei stünden auch gerade die Lösungsanbieter in der Pflicht. "Wir müssen zeigen, dass die Systeme gesetzeskonform arbeiten. Die technischen Möglichkeiten, sämtliche Daten gut abzusichern, seien schließlich vorhanden. Ein Konzept dafür zu entwickeln, dauere zwar seine Zeit und koste auch einen gewissen Aufwand. Allerdings hätten die Unternehmen damit auch hinterher eine Strategie.
Analytics eröffnet völlig neue Möglichkeiten
Grundsätzlich wird sich das Thema, wie Unternehmen ihre Kunden ansprechen, künftig noch stark wandeln. Die Projekte bekämen immer mehr Facetten, berichtet Veit von Maihiro. Es geht um Beratung, Implementierung, Datenharmonisierung, Organisation, Skills etc. Gerade die vielfältigen Methoden rund um Analytics eröffneten völlig neue Möglichkeiten, erforderten aber auch eine ganz andere Denke. "Eine Kampagne ist heute nicht mehr nach drei Monaten einfach zu Ende." Oft wisse man vorher gar nicht genau, was am Ende herauskommt. Neue Methoden mit Simulationen und Vorhersagemodellen zeigten verschiedenste Wege und Optionen auf. Dafür brauche es aber zusätzliche Skills, beispielsweise Mathematiker.
Aber, so wendet Crowden von BSI ein: "Marketiers sind keine Mathematiker und Physiker". Von den Managern im Vertrieb und Marketing höre man oft die Aussage: "Das weiß doch das CRM." Das Wissen um die technischen Fähigkeiten und Möglichkeiten ist allem Anschein nach ausbaufähig. Man dürfe sich allerdings nicht in den neuen Themen verlieren, relativiert Mirwald, Geschäftsführer von Adito. "Der Schmerz in den Unternehmen liegt meist noch in den Grundanforderungen." Es sei wichtig, die Unternehmen am richtigen Punkt abzuholen und Vertrauen zu schaffen, dass man die künftigen Anforderungen bewältigen könne, wenn es darauf ankomme.
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