Customer Experience Readiness

Rundum zufriedene Kunden - so heißt das Ziel

18.11.2016
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Im Rahmen einer Roundtable-Diskussion haben Experten darüber diskutiert, wie weit die Anwenderunternehmen mit ihren Customer-Experience-Strategien sind. Das Thema besitzt zwar eine hohe Priorität, lautet das Fazit. Allerdings gilt es noch etliche Herausforderungen zu meistern, wie etwa das Auflösen von Datensilos sowie die strikte Ausrichtung der eigenen Organisation auf die Bedürfnisse der Kunden.

Die Art und Weise, wie Unternehmen mit ihren Kunden in Kontakt treten, interagieren und kommunizieren, hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt. Die Zeiten, in denen die Unternehmen die Fäden in der Hand hielten und alle Aspekte rund um den Kundenkontakt mehr oder weniger unter Kontrolle hatten, sind endgültig vorbei. Heute hat der Kunde das Heft in der Hand. Käufer und Interessenten tauschen sich über soziale Kanäle aus, was sie von Produkten beziehungsweise Services eines Anbieters halten. Bewertungen, die Zahl der Sternchen oder Likes können über das Schicksal einer Markteinführung, ja sogar das Wohl und Wehe eines ganzen Unternehmens entscheiden.

Gleichzeitig eröffnet die Digitalisierung, die das Verhalten der Konsumenten so nachhaltig verändert, auch neue Chancen für die Unternehmen selbst. Dort greift die digitale Transformation genauso tief in Prozesse und Geschäftsmodelle ein. Das betrifft vor allem den Umgang mit den eigenen Kunden. Für die Verantwortlichen in den Unternehmen wird es künftig entscheidend sein, sich innerhalb ihrer digitalen Strategie insbesondere um die Gestaltung der Kundenbeziehungen zu kümmern.

Eine ganze Reihe von Experten diskutierte im Rahmen eines COMPUTERWOCHE-Roundtables das Thema Customer Experience Readiness.
Eine ganze Reihe von Experten diskutierte im Rahmen eines COMPUTERWOCHE-Roundtables das Thema Customer Experience Readiness.
Foto: Patrick Hagn / IDG Business Media GmbH

Doch mit den neuen Chancen im Zuge der Digitalisierung steigen auch die Herausforderungen. Heutzutage geht es nicht mehr darum, den Kundenkontakt zu verwalten und eine möglichst hohe Zahl an Werbebotschaften über vielfältigste Kanäle in die schöne neue Online-Welt hinaus zu blasen. Die Kunden wollen zielgerichtet nach ihren jeweiligen Interessen adressiert werden. Sie verlangen, dass die Unternehmen sie individuell wahrnehmen und betreuen. Schlagworte wie die Customer Experience beziehungsweise die Customer Journey sehen deshalb heute im Fokus, wenn Unternehmen ihre Strategie rund um das Kundenmanagement neu sortieren und planen.

Sämtliche Kanäle müssen miteinander verbunden sein

Wie weit die Unternehmen in Sachen Customer Experience Readiness heute sind, haben Experten anlässlich eines exklusiven Roundtables der COMPUTERWOCHE diskutiert. "Die Unternehmen fangen an, Strategien aufzusetzen", berichtet Dominic Veit von Maihiro aus seiner Praxiserfahrung. Allerdings, so schränkt der Berater ein, seien diese Strategien derzeit noch nicht bis ins letzte Detail ausformuliert. Die damit verbundenen Aufgaben seien nämlich nicht einfach. Veit zufolge geht es dabei vor allem darum, die komplette Prozesskette im Blick zu behalten. Daten müssten überall verfügbar sein, alle Kanäle miteinander verbunden werden. Allerdings befänden sich die Unternehmen auf einem guten Weg: Heute könne man bereits über konkrete Projekte sprechen. "Die Vision kommt in die Praxis", so die aktuelle Bestandsaufnahme von Veit.

Auch aus Sicht von Cosima Stelzner, Questback, ist das Thema Customer Experience bei den Verantwortlichen in den Unternehmen angekommen - allerdings seien die Organisationen unterschiedlich weit. Die zentrale Frage aus Sicht der Questback Marketing Managerin lautet: "Wie mache ich meinen Kunden glücklich?" Für die richtige Antwort gilt es, verschiedenste Facetten rund um die Customer Experience zu beachten. Eine bloße Betrachtung der Verhaltens- und Konsumdaten der Kunden reiche dabei nicht aus. Eine große Bedeutung habe die Berücksichtigung von Kundenfeedback. "Der Mensch entspricht eben nicht exakt seinem digitalen Zwilling. Unternehmen müssen Ihren Kunden tatsächlich zuhören und zwar auf allen den von ihnen genutzten Kanälen." Aber auch firmeninterne Faktoren spielten eine wichtige Rolle. Beispielsweise müsse man gerade im Service die Fähigkeiten, das Verhalten und vor allem das Feedback der eigenen Mitarbeiter in die Betrachtungen mit einbeziehen. "Da ist man vielerorts erst am Anfang", konstatiert Stelzner.

Werbung passt nicht: "Ich brauche keine Brille"

In der Beschäftigung mit den Kunden ließe sich noch einiges optimieren, bestätigt Jürgen Litz vom CRM-Anbieter Cobra und verweist auf Werbung, die oft nicht auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt sei. Der Manager berichtet von einem Beispiel aus seiner eigener Erfahrung. Nachdem er bei einem Optiker ein Fernglas gekauft habe, bekomme er nun laufend Werbung für Brillen. Dabei würde er - wenn überhaupt - nur eine Sonnenbrille benötigen, erzählt Litz mit einem Schmunzeln. Angesichts solcher Erfahrungen gelte es, noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Dabei sieht der Manager auch die Softwarehersteller in der Pflicht - gerade auch, weil der Status Quo in den Anwenderunternehmen sehr unterschiedlich ist. Manche Verantwortliche wüssten schon sehr konkret was zu tun sei, beispielsweise wie ein Dashboard für Analysen auszusehen habe, andere hätten dagegen nur eine grobe Ahnung, dass sie an dieser Stelle etwas unternehmen müssten, berichtet der CRM-Experte.

Ähnliche Erfahrungen hat auch Catherine B. Crowden von der BSI Business Systems Integration AG gemacht. Viele Anwenderunternehmen seien zum Beispiel daran, eine Omnichannel-Strategie zu entwickeln, unter anderem weil der Druck aus dem Markt immer stärker werde. Allerdings gebe es viele Hürden auf dem Weg dahin - keinesfalls rein technische, sondern meist organisatorische. Es gehe beispielsweise um Aspekte wie KPIs für Abteilungen und Personen anzupassen sowie Incentives zu ändern. Hinter allem müsse eine Kultur verankert werden, die die Mitarbeiter motiviert, für die Firma zu denken und nicht nur für den eigenen Nutzen, sowie Daten zu teilen.