CW: Frau Zimmer-Wagner, Sie haben vor kurzem auf der Messe Women & Work viele Kandidatinnen in Sachen Karriere beraten. Welches Thema hat die Frauen am meisten umgetrieben?
Birgit Zimmer-Wagner: Selbstvermarktung. Viele Frauen wollten wissen, wie kann ich am besten zeigen, was ich zu bieten habe, und reicht das für den Job, den ich mir vorstelle? Wie kann ich meine Unterlagen, meinen Lebenslauf verbessern? Wie falle ich auf und wie kann ich mich von anderen abheben? Aber es ging ihnen auch um das Thema Alternativen.
CW: Alternativen zum jetzigen Job?
Birgit Zimmer-Wagner: Eher alternative Bewerbungen. Eine MBA-Absolventin etwa hat sich bei den üblichen Big Five beworben, weiß aber auch, dass sich dort zu viele bewerben. Sie wollte wissen, welche Alternativen es beispielsweise im Mittelstand gibt. Und welche Branchen da in Frage kommen auch außerhalb der IT.
CW: Was haben Sie ihr geraten?
Birgit Zimmer-Wagner: Ich habe ihr empfohlen, sich die Maschinen- und Anlagenbau genauer anzusehen.
CW: Warum kommen Frauen in ihrer Karriere so viel schwerer voran als Männer?
Stolpersteine für Frauen
Birgit Zimmer-Wagner: Ich habe da fünf Thesen:
1. Frauen sind zu kritisch mit sich selbst.
2. Sie trauen sich nicht, ihren eigenen Standpunkt zu vertreten.
3. Sie sind konfliktscheu und zu konsensbetont.
4. Forderungen zu stellen, fällt ihnen schwer.
5. Und Frauen übernehmen oft zu viel Verantwortung, ohne dass die Rahmenbedingungen stimmen.
- Frauen verkaufen sich bei der Bewerbung (und im Job) oft unter Wert
Die Personalexpertin Dr. Birgit Zimmer-Wagner verrät, wie Frauen besser Karriere machen. - Birgit Zimmer-Wagner von Bewerber Consult
... hat fünf Thesen, warum Frauen in der Karriere schwerer vorankommen. - Frauen ...
... sind zu kritisch mit sich selbst. - Frauen ...
... trauen sich nicht, ihren eigenen Standpunkt zu vertreten. - Frauen ...
... sind konfliktscheu und zu konsensbetont. - Frauen ...
... fällt es schwer, Forderungen zu stellen. - Frauen ...
... übernehmen oft zu viel Verantwortung, ohne daß die Rahmenbedingungen stimmen. - Was können Frauen tun, damit es mit der Karriere besser klappt?
Überlegen Sie sich gründlich: Was kann ich, was will ich und was ist möglich? Bevor Sie sich nach einer Karriere-Chance in einem anderen Unternehmen umschauen, überprüfen Sie zunächst die Aufstiegschancen bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber und bewerben Sie sich! Nehmen Sie aber auch in Kauf, dass das eventuell nicht klappt. - Verlassen Sie die klassische Bewerberautobahn, sprich: nur nach Stellenanzeigen gucken
Stellenanzeigen machen nur 30 Prozent aller vakanten Stellen aus. Überlegen Sie sich, welche Messen interessant sein könnten, gehen Sie Initiativbewerbungen an, aktivieren Sie Ihr Netzwerk. Dann bekommen Sie auch Einladungen zum Vorstellungsgespräch. Oft klappt das über das Einholen von Referenzen. Unter der Hand bekommen Sie dann oft Tipps, wo es gerade offene Positionen gibt.
Frauen lassen sich zusätzliche Verdienste oft nicht bescheinigen
CW: Welche Rahmenbedingungen?
Birgit Zimmer-Wagner: Frauen in der IT akzeptieren häufig trotz hoher Qualifikation und Berufserfahrung, Jobs, die weit unter ihren Möglichkeiten liegen. Auf der Women & Work sprach ich mit einer Masterabsolventin, die im Ingenieurwesen mit mehreren Jahren Berufserfahrung tätig war. Nach der Kinderpause arbeitet sie nun als Teamassistentin - also Office-Management.
In unserer Beratungspraxis erleben wir auch häufig, dass Frauen von spannenden Projekten erzählen, die sie machen. Aber wenn wir uns ihre Zeugnisse ansehen, steht das nicht drin. Das heißt viele Frauen übernehmen zusätzlich zu ihrer primären Aufgabe noch andere und leisten dann deutlich mehr, als sie müssten.
CW: Der Fehler ist also, dass sie sich diese Zusatzverantwortung nicht bescheinigen lassen?
Birgit Zimmer-Wagner: Genau. Sie sollten sich also fragen, was ist mein Job, was mache ich und was bekomme ich dafür? Ich übernehme die Position nicht, wenn ich es nicht wirklich bin. Nehmen wir eine Ärztin in der Facharztausbildung, die aber schon die Privatsprechstunde des Chefarztes leitet (was sie übrigens eigentlich nicht darf), aber mit ihrer eigenen Facharztausbildung nicht weiterkommt. Der Chefarzt zögert ihre Ausbildung heraus, denn er weiß, je schneller sie fertig wird, desto schneller geht sie in die Niederlassung oder in ein anderes Krankenhaus als Oberärztin. Er selbst befördert nur Männer in diese Position.
Karriereplanung gezielt betreiben
CW: Was kann sie tun?
Birgit Zimmer-Wagner: Die Ärztin sollte sich mal hinsetzen und überlegen, wohin sie will. Und dann das Gespräch mit ihrem Chef suchen, ihn konfliktorientiert ansprechen. Sie muss allerdings auch damit rechnen, dass es knallt. Sie sollte also auch den Worst Case annehmen und überlegen, was mache ich, wenn es nicht klappt.
CW: Sie haben einmal gesagt, die wenigsten Frauen machen sich über den nächsten Schritt Gedanken.
Birgit Zimmer-Wagner: Das erleben wir oft. Vor kurzem hat uns eine erfahrene Managerin im SAP-Umfeld beauftragt, sie bei ihrer Karriereentwicklung zu unterstützen. Sie wollte den Arbeitgeber wechseln. Wir haben sie gefragt, warum Sie nicht zuerst an einen Aufstieg innerhalb der jetzigen Firma denkt, die passende Karriere-Optionen anzubieten hat Sie war geplättet. Daran hat sie gar nicht gedacht.
CW: Warum?
Birgit Zimmer-Wagner: Die Angst vor der Absage ist oft der Grund. Denn wenn man den nächsten Karriereschritt innerhalb des Unternehmens nicht schafft, dann weiß es ja jeder.
CW: Und das ist peinlich?
Birgit Zimmer-Wagner: Nein, dann ist man unter Zugzwang, dann muss man handeln. Dann muss man sich bewegen. Oder auf der Stelle treten. Das heißt, jeder, der sich extern bewirbt, sollte sich zunächst intern nach einem Aufstieg umsehen. Es sei denn, man will nicht im derzeitigen Unternehmen bleiben. Über diesen Punkt war unsere Kandidatin sich noch gar nicht klar. Und falls eine Absage kommt, kann man ja immer noch wechseln.
CW: Trauen sich Männer mehr?
Birgit Zimmer-Wagner: Viele Männer trauen sich das auch nicht, aber Männer netzwerken mehr, empfehlen sich gegenseitig und dann ziehen andere die Strippen. So funktioniert der Aufstieg unproblematischer.