Weibliche IT-Karrieren

Wie Firmen Frauen für die IT gewinnen

08.03.2023
Von 
Eva Chloupek ist PR-Beraterin bei der Web&Tech PR GmbH.
Nur 17 Prozent der 1,25 Millionen Beschäftigten in der ITK-Branche in Deutschland sind Frauen. Dieser Mangel lähmt die Wirtschaft. Was ist zu tun? Ein Blick auf Vorbilder und Lösungsansätze.
IT-Expertinnen rücken langsam in eine bislang männerdominierte IT-Welt vor und stehen dort in Projekten erfolgreich ihre Frau.
IT-Expertinnen rücken langsam in eine bislang männerdominierte IT-Welt vor und stehen dort in Projekten erfolgreich ihre Frau.
Foto: Gorodenkoff - shutterstock.com

"Der strukturelle Fachkräftemangel bremst die Digitalisierung aus", beklagt Bitkom-Präsident Achim Berg anlässlich einer aktuellen Studie des Branchenverbands. In Deutschlands Unternehmen, so das Studienergebnis, fehlen quer durch alle Geschäftsfelder 137.000 IT-Experten. Gerade in der IT selbst herrscht ein eklatanter Frauenmangel: Nur 17 Prozent der 1,25 Millionen Beschäftigten sind Frauen. In drei Viertel aller IT-Unternehmen hierzulande liegt der Frauenanteil unter 25 Prozent. Auf offene Stellen in diesem Fachbereich bewerben sich je nach Position nur 10 bis 20 Prozent Frauen.

Schwund bei Informatikerinnen

Verschärft wird die Situation noch dadurch, dass Fachfrauen die Branche zu oft wieder verlassen: Mehr als 90 Prozent der Hochschulabsolventinnen in Informationstechnologie sind im Alter von 45 Jahren nicht mehr im IT-Sektor tätig. "Das ist eine erschreckend hohe Zahl, die deutlich macht, wie unattraktiv dieser Bereich für viele weibliche Beschäftigte noch immer ist", sagte die Präsidentin der Gesellschaft für Informatik (GI), Christine Regitz, vor Kurzem gegenüber der FAZ.

Dabei steht heutzutage völlig außer Frage, dass gemischte Teams das Arbeitsklima, die Produktivität und letztlich den Unternehmenserfolg fördern. Was also tun, um die Lage zu bessern? Hier hilft ein Blick auf Vorbilder in IT-Firmen mit einem überdurchschnittlichen Frauenanteil, die versuchen, mit attraktiven Arbeitsbedingungen kompetente Expertinnen zu gewinnen und auch zu halten.

In den 1990ern häufig die einzige Frau im Raum

Birgit Grosser, Director Managed Cloud Operations für Europa, den Mittleren Osten und Afrika bei Axway,erinnert sich an den Beginn ihrer Laufbahn: "Als Frau in der IT war ich Mitte der 1990er noch die Ausnahme, als weibliche Führungskraft in der IT eher eine Exotin. In Vor-Ort-Meetings bei Kunden war ich häufig die einzige Frau im Raum."

Ihren Karriereerfolg führt die zweifache Mutter auf ein hohes Maß an Organisation und den entsprechenden Rückhalt der Familie und des Unternehmens zurück. Inzwischen sind bei Axway immerhin 31 Prozent der 1.700 Mitarbeiter in 18 Ländern Frauen, bei den Forschungs- und Entwicklerteams liegt der Anteil zum Teil sogar über 40 Prozent. Um die Mitarbeiterinnen auch als junge Mütter im Betrieb zu halten, bietet der API- und Integrationssoftware-Anbieter zum Beispiel flexible Arbeitszeiten, angemessene Entlohnung und Elternurlaub - für beide Elternteile.

Flexibles Arbeiten, gute Bezahlung und Weiterbildung

Theresa Kölnberger ist eine von 34 Frauen unter den 94 Mitarbeitern bei FTAPI. Der Münchner Software-Entwickler hat damit eine Frauenquote von 36 Prozent und setzt ebenfalls auf leistungsgerechte Bezahlung und Flexibilität. Ob Frau oder nicht, macht dabei keinen Unterschied. Die flexiblen Arbeitszeiten ermöglichen zudem Weiterbildung und Studium.

Kölnberger ist als studentische Hilfskraft in die Firma eingestiegen, wurde später feste Mitarbeiterin und war als Softwareentwicklerin im Full-Stack-Bereich tätig. Inzwischen hat sie die Weiterbildung zur Scrum-Masterin absolviert und führt zwei Teams in der FTAPI-Entwicklung. Und weil ihr das nicht genug ist, macht sie gerade zusätzlich noch ihren Master in Informatik. Warum? "Im Bereich Cybersicherheit ist man regelmäßig mit neuen Technologien konfrontiert. Das macht das Arbeiten einerseits sehr spannend, andererseits erfordert es, sich kontinuierlich fortzubilden."

"Die Cyberwelt ist niemals langweilig"

Als Sicherheitsanalystin bei Bitdefender ist Alina Bizga eine von rund 500 Frauen des über 1600 Mitarbeiter zählenden Unternehmens. Der Cybersecurity-Spezialist hat einen Gesamtfrauenanteil von rund 30 Prozent. Das ist bemerkenswert, denn Cybersicherheit ist innerhalb der IT-Welt noch eine besonders männliche Domäne: 2022 lag der Frauenanteil speziell in der IT-Sicherheit in Deutschland bei nur 13 Prozent, weltweit bei 25 Prozent.

Bei Bitdefender rangiert der Anteil eigenen Angaben zufolge mit 19 Prozent Fachfrauen über dem Schnitt westeuropäischer Industrienationen. Alina Bizga betont, dass Frauen bei der Analyse der Cybersecurity-Landschaft besonders hilfreiche Eigenschaften mitbringen: "Sie schenken tendenziell den Details eine größere Aufmerksamkeit. Auch emotionale Intelligenz kann die Kompetenzen in der IT-Sicherheit verbessern." Sie rät, junge Frauen sollten, wenn sie eine Herausforderung suchen und ihre Problemlösungskompetenz umsetzen wollen, einen Berufsweg in der IT einschlagen. Gerade die Cyberkriminalität werde niemals langweilig.