Die nahtlose Integration von POS-Systemen, CRM, Finanzsystemen, Warenwirtschaft und Lager- beziehungsweise Logistiksystemen ist jedoch eine zwingende Voraussetzung für effiziente Multi-Channel-Prozesse. Alle Informationen über den Kunden und dessen Waren- und gegebenenfalls korrespondierenden Finanztransaktionen müssen für diese Prozesse innerhalb einer integrierten Datenbasis vorgehalten werden. Betrachten wir dazu erneut die vier Beispielprozesse:
1. Bei "Click 'n' Collect" sollten dem Käufer am Prozesspunkt "Lieferanschrift wählen" auf der E-Commerce-Plattform des Händlers neben den beiden klassischen Optionen "an Rechnungsadresse" und "abweichende Lieferanschrift" direkt die umliegenden Verkaufsflächen des Händlers aufsteigend nach Entfernung zur Auswahl angeboten werden. Dazu sollte das E-Commerce-System in der Lage sein, per "IP adress lookup" (IPAL) den aktuellen Standort des Käufers zu identifizieren. Steht IPAL nicht zur Verfügung, kann auch die Adresse des vorigen stationären Einkaufs (wenn diese zum Beispiel durch den Einsatz einer Kundenkarte bekannt ist) oder als letzte Option auch eine einfache Umkreissuche um die hinterlegte Rechnungsanschrift erfolgen.
Zu jedem angezeigten Ort erfährt der Kunde zudem, wann die gekaufte Ware dort zur Abholung bereitliegen kann. Der Termin für eine Abholung kann "sofort" sein, sofern sich alle gekauften Artikel im Bestand eines einzigen Standortes im Umkreis befinden, oder muss auf Basis der Prozesslaufzeiten für die Bereitstellung und den Transport je Lokation vom System berechnet werden. Für einen Kauf von vielen unterschiedlichen Artikel, die unter Umständen aus verschiedenen anderen Lokationen des Einzelhändlers umgelagert oder vielleicht sogar bei Vorlieferanten beschafft werden müssen, kann sich hier recht schnell ein durchaus komplexer IT-Prozess ergeben.
IT-Prozess: online bestellen, im Laden abholen
Dieser muss außerdem sicherstellen, dass eine Abholung für eine Lokation nur angeboten wird, wenn sich dies auch wirtschaftlich darstellen lässt. Dazu ist wiederum eine Integration von Kalkulations- und Logistikdaten notwendig. Entscheidet sich der Käufer für eine Lokation zur Abholung seiner Bestellung, muss schließlich auch das Verkaufspersonal vor Ort informiert werden. Handelt es sich um die Abholung von Ware, die nicht angeliefert werden muss, sondern bereits vorhanden ist, muss diese Information umgehend erfolgen. Denn die nun bereits online verkaufte Ware sollte sofort in ein Sperrlager gebracht werden.
2. Für "Click 'n' Return" müssen die IT-Prozesse eines Einzelhändlers in der Lage sein, einen im E-Commerce-System erfolgten Kauf im stationären Handel vollständig rückgängig zu machen. Dazu muss das Personal im stationären Handel direkt am POS den vollständigen Zugriff auf die kundenspezifischen Transaktionsdaten aus dem E-Commerce-System erhalten. Da nicht vorausgesetzt werden kann, dass der Kunde die Rechnung seines Online-Kaufs vorlegt, muss das IT-System in der Lokation eine Recherche der Kundentransaktion ermöglichen.
Dies kann auf Basis des Kundennamens oder der Seriennummer eines Verkaufsartikels geschehen. Darüber hinaus müssen die IT-Prozesse geeignet sein, die zurückgenommene Ware in den Bestand der Lokation zu übernehmen oder mit minimalem Aufwand für das Verkaufspersonal die Rücksendung an eine zentrale "Retourenstelle" zu veranlassen. Sofern der Online-Verkauf und der stationäre Handel zu unterschiedlichen rechtlichen Einheiten gehören, muss ein IT-Prozess etabliert sein, der die Finanztransaktion zwischen diesen beiden rechtlichen Einheiten abwickelt. Hat der Käufer im Rahmen seines Kaufes "Bonuspunkte" (wie Payback oder Miles and More) oder andere ähnliche reversible Vorteile erworben, müssen diese Buchungen ebenfalls storniert werden.
3. "Shelf-Extension" wird heute oft mit Tablets oder mit Kiosk-PCs auf den Verkaufsflächen umgesetzt, die in der Regel zur Artikelidentifikation mit Scannern ausgestattet sind. Die Applikation auf diesen Systemen muss einem potenziellen Käufer zu einem gewählten Artikel neben umfassenden artikelspezifischen Informationen auch die Artikelverfügbarkeit darstellen - sowohl in der aktuellen Filiale als auch im Online-Shop und bei entsprechender Filialdichte auch für nahe gelegene weitere Standorte des Einzelhändlers.
Dafür müssen IT-Prozesse existieren, die sehr schnell kanalübergreifend artikelspezifische Bestandsdaten bereitstellen. Die Applikation muss dem Interessenten darüber hinaus eine Möglichkeit bieten, einen Artikel, der im stationären Handel nicht verfügbar ist, mit wenig Aufwand im Online-Shop zu ordern. Ergänzende Komfortfunktionen, die sich heute etablieren, sind die Möglichkeit, ein Foto des
gewählten Artikels direkt mit einem persönlichen Kommentar in sozialen Medien zu posten, oder die automatische Empfehlung von zum gewählten Artikel passenden weiteren Artikeln (besagter Gürtel oder Handycover). Diese Empfehlungen können statisch in den Warenwirtschafts- oder E-Commerce-Systemen hinterlegt sein oder - und das ist der modernere, aber auch IT-lastigere Ansatz - dynamisch aus den zurückliegenden Käufen anderer Kunden absatzkanalübergreifend generiert werden.