Der Softwarekonzern spricht von einer "Employee Experience Platform", auf der Unternehmen verschiedene Werkzeuge für die Arbeit ihrer Belegschaft, das Lernen sowie das Teilen von Wissen bündeln, an verschiedene Rollen anpassen und in die eigenen Workflows integrieren könnten. Grundlage dafür bilden Funktionen aus bestehenden Produkten wie Microsoft 365, Teams und Sharepoint. Darüber hinaus will der Konzern laufend weitere Features entwickeln und in Viva einbauen. Außerdem soll die Plattform offen sein für die Integration von Tools und Services von Drittanbietern.
"Wir alle haben an dem weltweit größten Experiment zur Remote-Arbeit teilgenommen, und es hatte einen dramatischen Einfluss auf die Mitarbeitererfahrung", sagte Satya Nadella, CEO von Microsoft. Jedes Unternehmen benötige heute eine einheitliche Employee Experience, vom Onboarding über die tagtägliche Zusammenarbeit bis hin zum kontinuierlichen Lernen und der Weiterentwicklung eines jeden Mitarbeiters.
Microsoft Viva: Die Plattform-Module
Microsoft ordnet die Funktionen auf seiner Viva-Plattform in die Kategorien: Arbeit, Wohlbefinden Lernen und Wissen. Zum Start sollen Kunden dementsprechend vier Module zur Verfügung stehen:
Viva Connections
Viva Connections wird über Teams aufgerufen und soll als zentraler Einstiegspunkt für die Einbindung von Mitarbeitern sowie als Drehscheibe für die interne Kommunikation in den Betrieben dienen. Microsoft bezeichnet das Tool als Tor zum digitalen Arbeitsplatz. Viva Connections baut auf Microsoft-365-Funktionen wie zum Beispiel SharePoint auf. In virtuellen Besprechungsräumen könnten sich Führungskräfte und Mitarbeiter treffen und miteinander verbinden. Die Nutzer sollen mit Viva Connections auch in die Lage versetzt werden, auf verschiedene interne Ressourcen zugreifen zu können, wie beispielsweise Unternehmensnachrichten oder Firmen-Policies. Das Tool bietet laut Hersteller einen personalisierten Feed sowie ein Dashboard, über das die User ihre Inhalte, Apps und Nachrichten ordnen können. So sollen die Mitarbeiter bestimmte Ressourcen leichter finden und besser den Überblick in ihrem digitalen Arbeitsplatz behalten. Das Tool lasse sich zudem auch für bestimmte Rollen innerhalb des Unternehmens anpassen.
Fast 60 Prozent der Arbeitnehmer fühlten sich seit dem Wechsel ins Homeoffice weniger mit ihren Teams verbunden, konstatierte Jared Spataro, Corporate Vice President für Microsoft 365, und berief sich dabei auf Untersuchungen des von Microsoft initiierten "Work Trend Index". Es sei zugebenermaßen schwer, die physischen Kontakte wie die Begegnungen im Büro, Betriebsversammlungen, Ausflüge und andere Veranstaltungen im virtuellen Raum zu ersetzen. "Dies ist eine Herausforderung für uns alle", sagte der Microsoft-Manager.
Viva Insights
Viva Insights soll Mitarbeitern dabei helfen, sich besser zu organisieren und auf ihr Wohlbefinden zu achten. Dabei gelte es, Zeiten für regelmäßige Pausen, konzentriertes Arbeiten und Lernen einzuplanen. Manager und Führungskräfte erhalten via Insights Einblicke in die Arbeit ihrer Teams und können Microsoft zufolge so besser abschätzen, wie hoch die Belastung ist und ob Gefahren wie Burnout drohen. Dann könnten Empfehlungen helfen, Benachrichtigungen auch einmal abzuschalten, Zeitlimits im Kalender zu setzen und die Prioritäten zu sortieren, dass sich die Mitarbeiter auf das Wesentliche konzentrieren.
Etwa 30 Prozent der Arbeitnehmer hätten im Work Trend Index angegeben, dass die Pandemie ihr Gefühl von Burnout verstärkt habe, berichtete Spataro. "Daher war es noch nie so wichtig wie heute, Menschen dabei zu helfen, abzuschalten und das Beste aus ihrer knappsten Ressource zu machen: ihrer Zeit."
Darüber hinaus soll Viva Insights das Management dabei unterstützen, komplexe Zusammenhänge in den eigenen Arbeitsmustern und Abläufen zu erkennen. Eine organisatorische Netzwerkanalyse helfe, die Verbundenheit und den Zusammenhalt zwischen den Abteilungen und über Teams hinweg zu verstehen. Diese so gewonnenen Einblicke sollen sich zudem mit anderen Datenquellen kombinieren lassen. Ein neues Dashboard für Microsoft Viva- und LinkedIn-Glint-Kunden verknüpft Erkenntnisse über die Arbeitsweise der Mitarbeiter mit Daten aus Mitarbeiterumfragen zur Stimmung der Mitarbeiter. Anwender könnten darüber hinaus auch Daten von Drittanbieter-Tools wie Zoom, Workday und SAP SuccessFactors nutzen.
Um den Datenschutz zu gewährleisten, anonymisiert Microsoft in Viva Insights die für die Analysen aggregierten Daten. Persönliche Einblicke seien nur für den jeweiligen Mitarbeiter sichtbar, beteuert der Softwarekonzern. Informationen und Einblicke für Manager und Führungskräfte ließen sich nicht auf einzelne Mitarbeiter zurückverfolgen. Damit bleibe die individuelle Privatsphäre geschützt.
Viva Learning
Viva Learning soll Mitarbeiter und ganze Organisationen dabei unterstützen, Lernen zu einem Teil der täglichen Arbeit sowie der Unternehmenskultur zu machen. Die Microsoft-Verantwortlichen bezeichnen das Tool als zentralen Hub für das Lernen in Teams. Mitarbeiter könnten mit Viva Learning Trainingskurse bis hin zu Microlearning-Inhalten einfach nutzen und mit Kollegen teilen. Führungskräfte seien damit in der Lage, Lerninhalte zuzuweisen und den Abschluss von Kursen zu verfolgen. So lasse sich eine Lernkultur im Unternehmen fördern, verspricht der Anbieter. Viva Learning beinhaltet Microsoft zufolge KI-Funktionen, um Lerninhalte passgenauer und zur richtigen Zeit zu empfehlen. Zudem ließen sich in Viva Learning auch Materialien von LinkedIn Learning, Microsoft Learn sowie eigene Inhalte und Trainings von Anbietern wie Skillsoft, Coursera, Pluralsight und edX integrieren.
Viva Learning soll auch mit führenden Lernmanagementsystemen zusammenarbeiten können. Microsoft gab dafür Partnerschaften mit Anbietern wie Cornerstone OnDemand, Saba und SAP SuccessFactors bekannt. Weitere Kooperationen sind offenbar in Planung.
Viva Topics
Mit Hilfe von Viva Topics sollen Unternehmen das in ihrer Organisation verborgene Wissen besser nutzen können. Mitarbeiter könnten effizienter mit dem für ihre Arbeit notwendigen Wissen verknüpft und versorgt werden, stellt der Anbieter in Aussicht. Das Tool nutzt KI, um unternehmensweit Inhalte und Fachwissen automatisch in relevante Kategorien wie "Projekte", "Produkte", "Prozesse" und "Kunden" zu sortieren. Spataro bezeichnete Viva Topics als ein "Wikipedia mit KI-Superkräften".
Dabei will Microsoft die bislang gewohnten Abläufe umdrehen. Nicht mehr die Mitarbeiter sollen nach Wissen suchen müssen, vielmehr soll das Wissen die Mitarbeiter automatisch finden. Viva Topics zeige Themenkarten an, während Nutzer in Anwendungen wie Office, SharePoint und Teams arbeiten. Per Klick auf diese Karten erscheinen Themenseiten mit passenden Inhalten wie zum Beispiel Dokumente, Videos oder Kollegen, die dazu weiterhelfen könnten. Experten im Unternehmen können auch dabei helfen, die in Viva Topics angezeigten Informationen zu kuratieren, indem sie ihr Wissen über diese sogenannten Themenseiten teilen.
Neben eigenen Inhalten zeigt Viva Topics auch Informationen aus Diensten von Drittanbietern wie ServiceNow und Salesforce an und baut auf Partnerintegrationen wie zum Beispiel mir Accenture, BA Insight, Raytion und ClearPeople. Darüber hinaus beinhaltet das Tool Graph-Konnektoren, mit denen Anwender weitere Inhalte einfach einbinden können sollen.
"Die Suche nach einem Experten, das Verstehen von Firmenakronymen oder das Auffinden von benötigten Inhalten kann mühsam sein", sagte Microsoft-Manager Spataro. Eigene Untersuchungen hätten gezeigt, dass Angestellte bis zu sieben Wochen pro Jahr damit verbringen, nach Informationen zu suchen oder diese neu zu erstellen.
Viva: Offene Plattform für Employee Experience
Nach dem Start mit einer Reihe von eigenen Viva-Modulen will Microsoft seine Employee-Experience-Plattform kontinuierlich ausbauen. Dabei setzt der Konzern nach eigenen Angaben auf einen offenen Plattformansatz sowie Integrationen und ein Ökosystem von Viva-Partnern. Beispielsweise sollen Serviceunternehmen wie Accenture, EY und PwC Anwenderunternehmen bei der Implementierung unterstützen. Die Integration in Microsoft-eigene Produkte wie Microsoft 365, die Power-Platform und Dynamics 365 sowie mit Software und Plattformen von Drittanbietern soll helfen, ganze Workflows über verschiedene Systeme hinweg effizienter abzuwickeln, egal wo die Mitarbeiter sitzen und wann sie arbeiten.
Microsofts Erwartungen an Viva sind hoch. "Heute beginnen wir mit der Entwicklung einer völlig neuen Employee Experience, die für das digitale Zeitalter konzipiert ist", verkündete Spataro vollmundig. Die Microsoft-Verantwortlichen gehen davon aus, dass sich die infolge der Pandemie veränderten Arbeitsweisen dauerhaft etablieren werden. Im Zuge des Wandels zu einer zunehmend verteilten und digitalen Arbeitsumgebung werde die Nachfrage nach Lösungen wie Viva steigen, hieß es. Es werde für die Unternehmen künftig verstärkt darum gehen, in diesen heterogenen Umgebungen die Produktivität der Mitarbeiter hoch zu halten und sich gleichzeitig um die Lernbereitschaft und das Wohlbefinden der eigenen Belegschaft zu kümmern.
Das soll sich für Microsoft auszahlen. Der Konzern taxiert das Volumen für Employee-Experience-Lösungen weltweit auf 300 Milliarden Dollar jährlich. Der Markt sei derzeit allerdings sehr fragmentiert. Es gebe verschiedenste Dienstleistungen, Infrastrukturkomponenten und hunderte von Tools, die aber zumeist nur bestimmte Aspekte in der täglichen Arbeit der User abdeckten. Anwenderunternehmen täten sich deshalb oft schwer, die passenden Komponenten für ihre Anforderungen zu identifizieren und in der Folge in den eigenen Workflows zu integrieren. Vor allem so, dass die Mitarbeiter dieses Tools auch finden und nutzen.