Anbieter und Lösungen

Mobile Payment in Deutschland kommt langsam in Gang

09.02.2016
Von 
Klaus Hauptfleisch ist freier Journalist in München.

Kreditkartenanbieter und Banken legen vor

Das in erster Linie mit O2 in Verbindung gebrachte mpass ist übrigens in Kooperation mit Wirecard und MasterCard auf Technologiebasis von Maestro PayPass entstanden, daher der Name. Maestro wiederum ist der Debitkartendienst von MasterCard, analog zu VISAs V Pay und der Giro- oder EC-Karte. Maestro- und V-Pay-Karten gibt es wie die Kreditkarten der beiden großen Kartenorganisationen und der Partnerbanken auch mit NFC-Funklogo, womit sie sich zum kontaktlosen Bezahlen eignen.

VISA-Pressesprecher Matthias Adel führt die relativ geringe Verbreitung unter anderem darauf zurück, dass sich in Deutschland mit der Giro- beziehungsweise EC-Karte ein eigenes System fest etabliert hat und viele Händler und Einkaufsketten jetzt erst am Umdenken seien. VISA rechnet fest damit, dass die Akzeptanz der Kreditkarte mit integriertem NFC-Chip und entsprechender Smartphones für kontakloses Bezahlen in den kommenden Jahren deutlich zunehmen wird. In Großbritannien ist kontaktloses Bezahlen laut Adel schon so verbreitet, dass in Londoner U-Bahnen und Bussen bald gar kein Bargeld mehr angenommen werde.

Bis es in Deutschland so weit ist, wird wohl noch viel Wasser den Rhein hinabfließen. Einige Anbieter sind derweil längst "abgesoffen" oder verdurstet. Yapital zum Beispiel, vom Versandhaus Otto gegründet, einst einer der großen ureigen deutschen Hoffnungsträger im Bereich mPayment, wurde 2015 gleich zweimal zu Grabe getragen. Im Januar hat Otto den unrentablen bis defizitären mobilen Bezahldienst zunächst für Endverbraucher eingestellt. Nach gescheiterten Verhandlungen mit möglichen Käufern, darunter angeblich auch mit den Sparkassen, kam im November dann das Aus für den selbsternannten deutschen Pionier und die 94 Mitarbeiter "Leider haben wir es nicht geschafft, mit Yapital den Payment-Markt zu revolutionieren, so wie wir es uns vorgenommen hatten. Wir müssen dich deshalb leider darüber informieren, dass Yapital den Betrieb seines Cross-Channel-Payments zum 31.01.2016 einstellt", hieß es bald auf der Ende 2015 noch bestehenden Homepage.

Die Sparkassen haben mit girogo seit Frühjahr 2012 ihr eigenes System für Mobile Payment. 10.000 Akzeptanzstellen bis September 2014 klingt aber nicht nach einem bahnbrechenden Erfolg. Das Aus für Yapital und andere, welche die Durststrecke nicht überstanden haben, ist natürlich traurig so kurz vor dem verhofften Durchbruch. Dabei mangelt es keineswegs mehr an zugkräftigen Supermarkt- und Einkaufsketten für Mobile Payment. 2015 sind laut Vodafone viele hinzugekommen. Nach Aldi Nord hat sich im Dezember auch Aldi Süd angeschlossen. Lidl soll im Februar 2016 das Bezahlen per Smartphone mit NFC-Chip einführen. Media Markt und Saturn (Metro Group) sind schon auf den Zug aufgesprungen, REWE samt Penny, real(Metro) und die Tengelmann-Schwester Kaiser's ebenso.

Es mangelt auch nicht an Geräten, welche die von Vodafone und vielen anderen Anbietern präferierte Near Field Communication (NFC) für das kontaktlose Bezahlen per Smartphone unterstützen. 60 solcher Handys, angefangen vom Smart prime 6 der Eigenmarke für 129 Euro, hat Vodafone schon in dem Portfolio, Tendenz steigend. Kunden, die über kein NFC-fähiges Smartfone verfügen, bietet der Mobilfunkbetreiber einen sogenannten SmartPass Sticker für mobiles Bezahlen an.

In Deutschland überwiegen lokale Pilotprojekte

Ein Großteil der Projekte sind zudem eher lokal zu finden, wobei die vielgescholtene Bundeshauptstadt Berlin hier durchaus mal als einer der Vorreiter zu sehen ist. PayPal hat da zum Beispiel einige Pilotprojekte gestartet. GS1 Germany hat dort mit "NFC City Berlin" unter dem Motto "Zahl einfach mobil" laut eigenen Aussagen die bundesweit größte Mobile-Payment-Initiative ins Leben gerufen. Der haben sich im Frühjahr 2015 in Kooperation mit Deutsche Telekom, Telefónica Deutschland (O2 mPass und BASE Wallet) und Vodafone unter anderem Galeria Kaufhof, real, Kaiser's, Obi, Rewe und Penny angeschlossen. In nur wenigen Wochen sind laut GS1 über 2.000 Kassenterminals in mehr als 500 Märkten und Shops der angeschlossenen Partnerunternehmen für Mobile Payment "aufgerüstet" worden, womit sich die Zahl der Akzeptanzstellen in Berlin verdoppelt habe. Mittlerweile erfasst die Initiative über 1.000 Geschäfte und Gaststätten im Großraum Berlin, darunter auch eine Vielzahl von Filialen der Drogeriekette Rossmann.

Nur wenige bundesweite Angebote

Als bundesweit verfügbar hat Kreditkarte.net 2014 nur wenige Services aufgelistet, darunter das Sparkassen-System girogo mit damals nur gerade mal rund 9.000 Akzeptanzstellen und den Targobank Bezahlchip, der Mitte 2012 zusammen mit E-Plus für die Marke BASE und mit dem MasterCard-Bezahlchip PayPass ins Leben gerufen wurde. Ohne PIN-Eingabe bezahlen kann man damit aber nur kleinere Beträge. In der Eurozone ist das Limit bei 25 Euro. Ende 2012 hat die Targobank als eine der ersten in Deutschland auch VISA payWave für kontaktlose Transaktionen auf NFC-Basis in ihre Kreditkartenangebote integriert.

Im internationalen Vergleich schienen deutsche Geldinstitute den Trend lange verschlafen zu haben, zu lange, wie manche meinen. Das Ende 2015 gerade erst gestartete Paydirekt als deutsche Antwort auf PayPal wäre fast gescheitert, weil die Sparkassen wegen der Frage der Kostenverteilung gezögert hatten, sich dem anzuschließen. Abgesehen davon galt das System Monate vor dem Start schon als veraltet, wie das Handelsblatt (Paywall) im März 2015 schrieb. Und natürlich ist Paydirekt wie PayPal in erster Linie ein Online-Bezahlsystem. Durch Einbindung der bisher nur regional genutzten kesh-Technologie der biw Bank für Investments und Wertpapiere soll paydirekt ab 2016 als Smartphone-App verfügbar sein. Wie ein Kollege von Onlinehändler-News.de Ende 2015 bemerkte, verlief der paydirekt-Start bisher "eher gemächlich". Und was wären schon 60.000 Nutzer gegenüber den 16 Millionen PayPal-Kunden weltweit?

Derweil sind die Sparkassen auch nicht untätig geblieben. Mit Gründung der Tochter B + S Card Services, die Händlern NFC-basierte Lösungen für kontaktlose Bezahlterminals anbietet und mit der Übernahme von Payone zeigen sich die den Landesbanken unterstellten Sparkassen durchaus innovativ. Zalando, Sony Music und Globetrotter setzen unter anderem auf Payone für mobiles Bezahlen über entsprechende Smartphone-Apps.

Schließlich haben sich die Sparkassen doch noch vor den paydirekt-Karren spannen lassen. Allerdings hatte der vermeintliche "PayPal-Killer" nach dem Start Anfang November 2015 laut Mobilbranche.de zunächst nur Online- oder stationäre Shops des Gummibärchenherstellers Haribo, von Sport-Tiedje und des Einrichtungsversandhauses D-Living aufzuweisen. Eine Landingpage der Berliner Volksbank nennt sieben weitere Anbieter, die meisten davon eher unbekannt oder rein lokale Größen. Immerhin soll die Metro Group mit Media Markt, Saturn und redcoonschon Interesse bekundet haben. Größter Hemmschuh für kleine Läden ist laut Mobilbranche.de, dass die erhobenen Gebühren jeweils mit den Geldinstituten selbst ausgehandelt werden müssen.