6,5 Millionen Euro hat das Bundesministerium des Inneren (BMI) in den Jahren 2011 bis 2020 für die Entwicklung der De-Mail ausgegeben. Herausgekommen ist nichts. Der Bundesrechnungshof zieht in seinem aktuellen Prüfungsbericht für das Haushaltsjahr 2020 eine vernichtende Bilanz. "Das BMI ist gescheitert, De-Mail als elektronisches Pendant zur Briefpost in der Bundesverwaltung zu etablieren", konstatieren die Rechnungsprüfer. "Verwaltung, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen nutzen De-Mail fast gar nicht zur elektronischen Kommunikation."
Mit der De-Mail sollte eine rechtssichere Kommunikation zwischen Behörden, Bürgern und Unternehmen aufgebaut werden. Absender und Empfänger seien bei einer De-Mail eindeutig identifizierbar und die Kommunikation damit nachweisbar, hieß es.
De-Mail sollte Standardverfahren werden
Die Erwartungen waren hoch. 2014 hatte die Bundesregierung das Ziel ausgegeben, De-Mail als Standardverfahren der Bundesverwaltung zu etablieren. Die Verantwortlichen im BMI rechneten damit, dass innerhalb der ersten vier Jahre nach der Einführung 2016 die Behörden des Bundes bis zu sechs Millionen De-Mails versenden würden. Gegenüber der Briefpost sollte De-Mail in den Jahren 2016 bis 2019 bis zu 3,5 Millionen Euro einsparen.
Tatsächlich versandten die Behörden in diesem Zeitraum gerade einmal 6.000 De-Mails und sparten damit knapp 3.500 Euro ein. 2019 hätten von den insgesamt 121 Bundesbehörden mit De-Mail-Zugang nur neun Ämter De-Mail in ihre elektronischen Arbeitsabläufe eingebunden, heißt es in dem Prüfungsbericht. Weitere sieben Behörden hätten De-Mail lediglich in eine fachliche Anwendung integriert, um ihre Verwaltungsaufgaben zu erfüllen. Die Rechnungsprüfer werfen dem BMI vor, keine Erfolgskontrollen durchgeführt zu haben, obwohl das Projekt weder das erwartete Aufkommen noch das Einsparpotenzial erreicht hatte.
Die Verwaltung sei prinzipiell für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen über De-Mail erreichbar, erwiderte das Ministerium lapidar. Die gesetzlichen Ziele zu De-Mail wären damit schließlich erreicht. Den wiederholten Aufforderungen der Rechnungsprüfer, Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der De-Mail zu untersuchen, kam das BMI bis dato nicht nach.
De-Mail-Misserfolg wurde nicht gesehen
Das BMI hätte fortlaufend beobachten müssen, wie die Bundesverwaltung, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen De-Mail nutzen, moniert der Bundesrechnungshof. Die ursprüngliche Annahme zum Aufkommen an De-Mail und das erwartete Einsparpotenzial hätten sich nicht eingestellt. "Damit hat das BMI seine Ziele gänzlich verfehlt."
Die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen werde nur dann erfolgreich sein, wenn Verwaltung, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen digitale Angebote auch annehmen und anwenden. Das BMI müsse nunmehr entscheiden, inwieweit De-Mail für die Kommunikation von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen mit der Bundesverwaltung noch benötigt wird. Dabei sei auch zu betrachten, De-Mail als Kommunikationsmittel für die Bundesverwaltung aufzugeben.
Telekom hat die Nase voll von De-Mail
Bereits aufgegeben hat die Deutsche Telekom. Ende August dieses Jahres hatte der Telekommunikationskonzern, der als strategischer Partner für De-Mail mit dem Bund gestartet war, angekündigt, den Dienst Ende August 2022 einzustellen. Es ist die Rede von Verlusten in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags.
Schon Anfang des Jahres hatte Telekom-Chef Timotheus Höttges in einem Interview mit dem YouTuber Tilo Jung mit der De-Mail abgerechnet. Er sprach von einem "toten Gaul" und einem "überkomplizierten" Dienst. Niemand habe dieses Produkt verwendet:
Offenbar hat die Telekom einen im Sommer ausgelaufenen Rahmenvertrag mit dem Bundesinnenministerium genutzt, um aus dem defizitären Projekt auszusteigen.