Intel dreht weiter an der Leistungsschraube seiner Chips und denkt gar nicht daran, das Rennen um den schnellsten Prozessor aufzugeben. "Seit Jahren diskutieren wir darüber, ob Moores Law tot ist", sagte Intel-CEO Pat Gelsinger zum Auftakt der Hausmesse Intel Innovation 2022, die Ende September in San José stattfand. "Die Antwort lautet Nein", rief er ins Publikum. Fortschritte in der Transistortechnik, Durchbrüche bei der Lithografie und neue Packaging-Methoden würden dafür sorgen, dass sich die Zahl der Transistoren je Chip-Package von derzeit maximal 100 Milliarden bis zum Ende des Jahrzehnts auf eine Billion verzehnfachen lasse.
Entsprechend hat Intel seine Fertigung angepasst. Statt immer mehr Transistoren in eine einzelne CPU zu packen, will der Halbleiterhersteller verschiedene, miteinander verschaltete Chips in einem Prozessor-Package bündeln. Damit lasse sich mehr Leistung herausholen, als mit immer komplexeren monolithischen Chips, hieß es. Auch andere Hersteller, allen voran die Hauptkonkurrent AMD,Nvidia und auch Apple, verfolgen ähnliche Strategien.
Intel mit Problemen in der Fertigung
Intel hatte in den vergangenen Jahren mit massiven Probleme in seiner Chipproduktion zu kämpfen. Die Einführung neuer Verfahren mit feineren Strukturbreiten von zehn beziehungsweise sieben Nanometern hatte sich immer wieder verzögert. Erzrivale AMD, der seine Halbleiter von Auftragsfertigern wie Samsung und TMSC herstellen lässt, zog an Intel vorbei.
AMD hat soeben die ersten Vertreter seiner neuen Ryzen-7000-Prozessoren vorgestellt. Mit einem neuen Sockel, leistungsstärkeren Chipsätzen und der Unterstützung des schnelleren DDR5-Arbeitsspeichers verspricht der Intel-Konkurrent einen deutlichen Leistungssprung gegenüber der Vorgängergeneration.
Von der erstarkten Konkurrenz und den eigenen Fertigungsproblemen war auf der Intel Innovation jedoch keine Rede. Stattdessen zündete Gelsinger in San José ein wahres Produktfeuerwerk, mit dem er Intels Führungsanspruch in der globalen Halbleiterbranche zu untermauern suchte.
Highlight waren die bereits erwarteten neuen Desktop-CPUs der 13. Core-Generation - Codename: Raptor Lake. Intel stellte drei Prozessoren aus der Core-i-13.000-Reihe vor, den Core-i5-13.600, den Core-i7-13.700 sowie das Flaggschiff den Core-i9-13.900. Alle CPUs gibt es in zwei Versionen - als F-Variante ohne und als K-Version mit integriertem Intel-770-Grafikchip. Die Prozessoren arbeiten mit 14 (i5-13.600), 16 (i7-13.700) beziehungsweise 24 Rechenkernen (i9-13.900). Intel verbaut jedoch im Unterschied zu AMD unterschiedliche Core-Typen in seinen CPUs: Efficient (E-Cores) und Performance Cores (P-Cores), die unterschiedlich getaktet sind. Die je nach CPU sechs bis acht P-Cores schaffen im Turbo-Modus zwischen 5,1 und 5,8 Gigahertz, während die acht bis 16 E-Cores mit einer Taktrate von maximal 3,9 bis 4,3 Gigahertz arbeiten.
Intels 13.000er Prozessoren können 20 (i5-13.600), 24 (i7-13.700) oder 32 (i9-13.900) Rechenaufgaben (Threads) parallel abarbeiten. Unterstützt werden sie dabei von 24, 30 und 36 Megabyte Level-3-Cache. Herstellerangaben zufolge bieten die neuen CPUs im Vergleich zur Vorgängergeneration bis zu 15 Prozent höhere Single-Thread- und bis zu 41 Prozent verbesserte Multi-Thread-Leistung. Das kostet allerdings Energie. Der i7-13.700 und i9-13.900 schlucken im Turbomodus bis zu 253 Watt, der i5-13.600 zieht in seiner höchsten Leistungsstufe bis zu 181 Watt.
Um das Leistungspotenzial seiner neuen Chipgeneration auszureizen, hat Intel zudem die 700er Chipsatz-Familie vorgestellt. Wichtigste Neuerung: Acht zusätzliche PCIe-Gen-4.0-Pipelines, mit deren Hilfe der Datenaustausch mit Peripheriegeräten beschleunigt werden kann. Außerdem soll sich mit DMI Gen 4.0 der Datendurchsatz zwischen Chipsatz und CPU deutlich erhöhen. Wie AMD unterstützt auch Intel mit seinen neuen Prozessoren DDR5-Arbeitsspeicher. Doch während die Konkurrenz ausschließlich auf den neuen RAM-Typ setzt, können Anwender Intels 13.000er-CPUs auch mit herkömmlichem DDR4-3.200-Arbeitsspeicher betreiben.
Auf das Packaging kommt es an
Gelsinger sprach im Zusammenhang mit Intels Chip-Philosophie von einem neuen Zeitalter, der "Systems Foundry Ära". Der Trend gehe vom System on Chip (SoC) hin zum System in a Package. Vier Komponenten seien dafür entscheidend: die Wafer, das Packaging, die Software und die Chipsätze.
Damit alle Komponenten gut zusammenspielen, will der Hersteller ein industrieübergreifendes Bündnis schmieden. Mit dabei: Advanced Semiconductor Engineering Inc. (ASE), AMD, Arm, Google Cloud, Meta, Microsoft, Qualcomm, Samsung und Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. (TSMC). Ziel ist es, einen offenen Die-to-Die-Interconnect-Standard namens Universal Chiplet Interconnect Express (UCIe) zu fördern. Basis für den UCIe-Standard soll der von Intel entwickelte Advanced Interface Bus (AIB) sein, den der Hersteller dem Konsortium als offene Spezifikation zur Verfügung will.
"Die Integration mehrerer Chiplets in einem Gehäuse ist die Zukunft der Halbleiterindustrie und eine Säule der IDM 2.0-Strategie von Intel", sagte Sandra Rivera, Executive Vice President und General Manager der Datacenter and Artificial Intelligence Group bei Intel. Entscheidend dafür sei ein offenes Chiplet-Ökosystem mit den wichtigsten Industriepartnern. Es gehe darum, "die Art und Weise, wie die Industrie neue Produkte liefert, zu verändern und das Versprechen von Moore's Law einzulösen".
Um wieder in die Erfolgsspur zu kommen, muss Intel jedoch auch die Schwierigkeiten in der eigenen Fertigung in den Griff bekommen. Die neuen 13.000er Prozessoren werden in einem vom Hersteller als Intel-7 bezeichneten Verfahren mit Strukturbreiten von zehn Nanometern produziert. Die Konkurrenz fertigt jedoch längst im fortschrittlicheren 7-Nanometer-Verfahren.
Um den Rückstand zu kaschieren, will sich Intel aus dem Nanometer-Wettbewerb verabschieden und eine eigene Nomenklatur einführen. Mit Intel 7, Intel 4 und Intel 3 sollen bis Mitte des Jahrzehnts sukzessive neue Verfahren eingeführt werden, hatte der Hersteller bereits im Frühjahr 2022 angekündigt. Bei Intel 7 setzt der Hersteller auf sogenannte FinFET-Transistor-Optimierungen im 10-nm-SuperFin-Verfahren.
Intel 4 nutzt die EUV-Lithografie, um mit ultrakurzwelligem Licht besonders kleine Chip-Strukturen zu drucken. Der Anbieter verspricht sich davon eine Leistungssteigerung von zirka 20 Prozent pro Watt. Das Verfahren soll in der zweiten Jahreshälfte 2022 produktionsbereit sein. Mit Intel 3 sollen FinFET-Technologie und EUV weiter optimiert werden. Der Hersteller erwartet eine weitere Leistungssteigerung von etwa 18 Prozent pro Watt gegenüber Intel 4. Das Verfahren soll ab der zweiten Jahreshälfte 2023 in Produktion gehen.
Milliardeninvestition: Intel baut Fab in Magdeburg
Ab Mitte des Jahrzehnts will der Halbleiterhersteller mit "Intel 20A" und "Intel 18A" die sogenannte Angström-Ära einläuten - wobei zehn Angström etwa einem Nanometer entsprechen. Dabei sollen neuen Technologien die Leistung weiter verbessern. RibbonFET, Intels Implementierung eines Gate-All-Around-Transistors, soll die Transistor-Schaltgeschwindigkeiten erhöhen. Mit einer neuen rückseitigen Stromversorgung namens PowerVia soll zudem die Signalübertragung optimiert werden, indem sie das Power-Routing auf der Vorderseite des Wafers überflüssig macht.
Ob Intels neue Prozessoren dem PC-Markt den nötigen Schub geben können, bleibt indes fraglich. Hersteller wie Dell und HP hatten zuletzt ihre Erwartungen deutlich zurückgeschraubt. Analysten von Gartner und IDC bescheinigten dem weltweiten PC-Markt im zweiten Quartal 2022 Absatzrückgänge im zweistelligen Prozentbereich. Das verwundert angesichts der wirtschaftlichen Gesamtsituation niemanden. Die grassierende Inflation und explodierende Energie- und Strompreise veranlassen Verbraucher und Unternehmen sämtliche Investitionen genau zu hinterfragen - auch die Anschaffung neuer PCs und Notebooks. Das hinterlässt Spuren - auch in der Intel-Bilanz.
Gelsinger will sich davon jedoch nicht die Laune verderben lassen. "Wir leben in einem neuen Zeitalter", konstatierte er auf der Intel-Konferenz. "Technologie hat sich zu einem zentralen Bestandteil in jedem Aspekt der menschlichen Existenz entwickelt."
Arc-Grafikkarten - was lange währt ...
Neben den neuen Prozessoren, die ab Oktober 2022 zu Preisen zwischen 319 und 589 Dollar auf den Markt kommen sollen, hat Intel ein ganze Reihe weiterer Produkte angekündigt:
Vor allem im Grafikkartenbereich gab es Neuigkeiten: Gelsinger stellte mit der Flex Series eine neue Reihe von Data Center GPUs vor, die sich für verschiedene leistungshungrige Anwendungen eignen sollen. Der Intel-Chef nannte die Verarbeitung von Multimediadaten, Cloud-Gaming und das Training von Machine-Learning-Algorithmen. Flex GPUs seien dem Hersteller zufolge mit KI und Deep Learning Frameworks wie OpenVINO, TensorFlow und PyTorch kompatibel.
Intel hat zudem damit begonnen, seine Data Center GPUs vom Typ Ponte Vecchio auszuliefern. Entsprechend ausgestattete Server Blades würden an das Argonne National Laboratory gehen und kämen dort im Aurora Supercomputer zum Einsatz. Laut Gelsinger will Intel mit seinen Grafikbeschleunigern den weltweit leistungsstärksten Supercomputer antreiben.
Lange erwartet wurden die Desktop-Grafikkarten aus der Arc-Familie, mit denen Intel nun vor allem preisbewusste Gamer ansprechen will. Viele Spieler seien angesichts der hohen Preise für leistungsstarke Grafikkarten frustriert, sagte der Intel-Boss. Man habe lange gebraucht, aber nun seien die Arc-Grafikkarten zu einem fairen Preis verfügbar. Intels Arc A770 soll ab dem 12. Oktober für 329 Dollar zu haben sein.
Mit XeSS (Xe Super Sampling) bietet Intel zudem einen Gaming-Leistungsbeschleuniger für die eigenen Grafikkarten an. XeSS soll noch in diesem Jahr in mehr als 20 bestehenden Spielen verfügbar sein. Der XeSS SDK ist Intel zufolge ab sofort via GitHub verfügbar.
Auch zu den Xeon-Prozessoren gab es Neuigkeiten. Xeons der 4. Generation, Codename Sapphire Rapids, beinhalten mehrere Beschleuniger für KI, Analytics, die Verarbeitung großvolumiger Datenmengen und andere anspruchsvolle Workloads. Zudem könnten Kunden bei Bedarf weitere Beschleuniger hinzufügen - auch über die ursprüngliche Standardkonfiguration hinaus.
Last, but not least hat Intel mit Unison eine Softwarelösung entwickelt, um die Konnektivität zwischen Smartphones (Android sowie iOS) und PCs zu verbessern. Die ersten Funktionen umfassen die schnelle Übertragung von Daten, Benachrichtigungen und Anrufe. Das Tool soll noch 2022 in neuen Laptops verfügbar sein.