Die Suche nach deutschen Offshoring-Kunden führt bei den großen indischen Dienstleistern und bei vielen deutschen Anbietern meist ins Leere: Die Scheu, offen über Offshoring zu kommunizieren, ist nach wie vor groß. Dabei zeigen Beispiele aus der Praxis, dass deutsche Unternehmen durch erschwingliches IT-Know-how aus Indien deutlich agiler werden können.
Fachkräfte sind Mangelware
Gemessen an Marktprognosen zum Fachkräftemangel in den nächsten Jahren - Schätzungen zufolge fehlen im Weltmarkt derzeit rund 30.000 SAP-Spezialisten - wird das Thema jedoch nicht nur aus Kostengründen langfristig auf den Agenden deutscher IT-Abteilungen landen. "Es gibt in einigen Bereichen wie der Cobol-Programmierung kaum Nachwuchs, so dass wir weiter mit einem Mangel an Fachkräften zu kämpfen haben werden", warnt Martin Joswig, Offshore-Manager beim IT-Beratungshaus Steria Mummert Consulting, das rund 5000 seiner 18.300 Mitarbeiter in Indien beschäftigt.
Einen Weg zurück gibt es für Joswig nicht: Der Grad der Offshore-Nutzung steige, wenn entsprechende Projekte sich einmal im Unternehmen etabliert hätten. Die Öffentlichkeit nehme die Vorhaben allerdings meistens nur wahr, wenn über schlechte Erfahrungen berichtet werde, beklagt der Experte. Offshoring sei eben immer auch ein politisches Thema.
"Praktisch alle großen deutschen Unternehmen haben mittlerweile Offshoring-Erfahrung gesammelt", vermutet Klaus Gronwald, Geschäftsführer bei Mahindra Satyam in Deutschland. "Innerhalb des letzten Jahres hat sich das Interesse des Mittelstands deutlich stärker entwickelt als zuvor." Das belegt auch die aktuelle Offshoring-Studie von Steria Mummert: Demnach ist die Abneigung der Mittelständler zuletzt gesunken. Die Auslagerung von Aufgaben in Niedriglohnländer hält zunehmend Einzug in interne IT-Abteilungen. Die Herausforderung besteht nun in dem Management der externen und entfernten Dienstleister.
- Indien: Trend- und Taktgeber
Indien ist Pionier sowie Trend- und Taktgeber im Offshore-Markt. Doch das Land muss sich neuer Konkurrenz erwehren, denn Offshore-Services lassen sich weitgehend ortsunabhängig beziehen. Längst haben auch andere Länder das Geschäft entdeckt und bieten IT-Dienste an.<br/><br/> (Foto: T.Gründer) - Malaysia: Der Staat fördert die IT
Als Konkurrenz für Infrastrukturservices hat sich seit geraumer Zeit Malaysia positioniert. In Cyberjaya, einem staatlich eingerichteten IT-Park vor den Toren von Kuala Lumpur, haben sich vorwiegend Data-Center-Betreiber angesiedelt. Sie bieten von dort aus ähnliche RZ-Dienste an wie die Provider in Singapur, allerdings in der Regel zu etwas günstigeren Bedingungen.<br/><br/> Foto:Torsten Gründer - Dubai: Teueres Pflaster
Dubai startete vor wenigen Jahren mit der Gründung der Dubai Internet City in das Geschäft mit IT-Offshoring. Der Wüstenstaat vergibt für die Ansiedlung in dem Industriepark Lizenzen an internationale IT-Dienstleister. Die in den Emiraten für den globalen Markt betriebenen Services ranken sich vornehmlich um die IT-Infrastruktur und das Projekt-Management.<br/><br/> Foto:Torsten Gründer - Südafrika: Gute Voraussetzungen, wenig Ertrag
Die gleiche Zeitzone wie Mitteleuropa und eine enorme Sprachenfülle sind eigentlich ideale Voraussetzungen für einen erfolgreichen Offshore-Standort, doch bislang konnte Südafrika seine guten Möglichkeiten nicht ausschöpfen. Das Land kommt kaum über den Betrieb von einfachen Call-Center-Services etwa für amerikanische Banken hinaus. Nach wie vor behindern große Bildungsunterschiede, ein aus historischen Gründen teilreglementierter Arbeitsmarkt sowie eine schwache IT-Branche die Entwicklung der Offshore-Industrie.<br/><br/> Foto:Torsten Gründer - Fundierte Standortwahl
Torsten Gründer: "Die Zahl der IT-Offshore-Standorte nimmt weiter rasch zu. Nicht alle lokalen Anbieter sind indes reif genug, um IT-Dienste für Anwender betreiben zu können. Die Offshore-Dienstleister unterscheiden sich erheblich, so dass Unternehmen, die IT-Services aus entfernten Regionen nutzen möchten, sich intensiv informieren sollten. Der Entscheidung sollte eine detaillierte Nutzenanalyse und eine fundierte Standort- und Dienstleisterwahl vorausgehen. Unbedingt dazu gehört ein Besuch vor Ort."