Digitale Etikette erforderlich

Generationskonflikte am Arbeitsplatz vermeiden

20.03.2024
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Die Hälfte der Unternehmen in Deutschland beschäftigt drei oder mehr Generationen. Um die Zusammenarbeit und Effizienz am Arbeitsplatz zu fördern, braucht es klare Richtlinien für die digitale Kommunikation.
Auch persönlicher Kontakt kann ein Weg sein, um Konflikte zwischen den Generationen zu entschärfen.
Auch persönlicher Kontakt kann ein Weg sein, um Konflikte zwischen den Generationen zu entschärfen.
Foto: fizkes - shutterstock.com

In den vergangenen Jahren hat sich die Art und Weise, wie und wo wir arbeiten oder auf welche Weise wir kommunizieren, stark verändert. Betrachtet man die Zusammensetzung der Belegschaft in den meisten Unternehmen, angefangen von den sogenannten Baby Boomern bis hin zur Generation Z, und die verwendeten Tools, Kommunikationsmittel und -stile, sind Konflikte eigentlich vorprogrammiert.

Tatsächlich berichteten 81 Prozent der für eine Studie von The Adaptavist Group in Deutschland befragten 1.000 Knowledge Worker, dass es in ihrem Team zu Konflikten im Zusammenhang mit digitalen Tools kam. 72 Prozent räumten ein, dass diese Unstimmigkeiten die Produktivität und Zusammenarbeit beeinträchtigen.

"Lost in translation"

Auch die digitale Kommunikation zwischen den Generationen birgt viele Missverständnisse, was den Bedarf an klareren digitalen Kommunikationsstandards unterstreicht. Von den deutschen Teilnehmern der Studie "Mind the Generational Gap"

  • berichteten 36 Prozent, dass Tonfall und Kontext von ihrem Gegenüber falsch interpretiert wurden,

  • beklagten 33 Prozent die unterschiedlichen Erwartungen an die Reaktionszeit, während

  • 31 Prozent berichteten, dass digitale Ausdrucksformen wie Emojis einige Teammitglieder verwirrten.

Diese Kluft betrifft auch die Arbeitsstile der verschiedenen Generationen, fand The Adaptavist Group heraus. Während nämlich auf der einen Seite 70 Prozent der Generation Z ältere Kollegen um ihr Selbstbewusstsein beim Telefonieren beneiden, ärgert sich die Hälfte der Arbeitnehmer über 50 bei jüngeren Kollegen über den Mangel an traditionellen Werkzeugen wie beispielsweise einem Stift.

Darüber hinaus glauben 41 Prozent der Generation Z, dass ältere Arbeitnehmer die Arbeit mit ihren veralteten Techniken verlangsamen, und knapp drei Viertel behaupten, dass ältere Kollegen grundsätzlich Schwierigkeiten mit Technologie hätten.

Mehr Tools - mehr Verwirrung?

Dieser Umstand, beziehungsweise die Vorurteile dürften sich in Zukunft noch verstärken, da der digitale Werkzeugkasten immer größer wird: Laut Studie setzten sowohl die Generation Z (52 Prozent) als auch ältere Arbeitnehmer (45 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr mehr Tools ein, was auf einen generellen Anstieg des Einsatzes hindeutet.

Ob die Mitarbeiter damit mehr innovative Lösungen in die Hand bekommen oder sich nur der Tech-Stack unnötig aufbläht, bleibt abzuwarten. Ein Zeichen für ein qualitativ hochwertiges Tool ist jedoch die Beständigkeit - für 67 Prozent aller Arbeitnehmer über alle Generationen hinweg ist die E-Mail nach wie vor die wichtigste Anwendung.

Aber auch Künstliche Intelligenz ist stark im Kommen, wobei sich damit ein weiterer Generationenkonflikt ankündigt. So ergab die Studie zwar, dass KI-Plattformen wie ChatGPT, Claude oder Gemini heute für 33 Prozent aller Arbeitnehmer das meistgenutzte Tool sind. Während dabei die Generation Z mit 39 Prozent an der Spitze steht, nutzen nur 13 Prozent der Arbeitnehmer über 50 Jahre KI häufiger als jedes andere Tool.

Damit einher geht allerdings eine tiefe Besorgnis: 70 Prozent der Mitarbeiter befürchten, dass KI die Kluft zwischen den Generationen vertiefen könnte, und 73 Prozent sind der Ansicht, dass sie den beruflichen Aufstieg der Generation Z am Arbeitsplatz beschleunigen könnte.

Kategorisierungen und Klischees vermeiden

Auch wenn im Alltag - und in der Studie - zwischen den Generationen unterschieden wird und jeder Altersgruppe bestimmte Eigenschaften zugeordnet werden: Laut Umfrage lehnen beachtliche 82 Prozent solche Kategorisierungen ab und sind der Meinung, dass Unternehmen aufhören sollten, Generationen-Klischees zu unterstützen.

Die Studie zeigte zudem, dass 38 Prozent befürchten, dass Generationsbezeichnungen zu schädlichen Stereotypen führen, und 36 Prozent sorgen sich vor einer möglichen Ausgrenzung, wenn sie nach Alter kategorisiert werden. Vor allem ältere Arbeitnehmer äußern ihr Unbehagen mit altersbezogenen Klassifizierungen - 60 Prozent der über 65-Jährigen und 78 Prozent der 55- bis 64-Jährigen halten die Einteilung in Generationen für problematisch. Es ist also offensichtlich, dass Altersdiskriminierung ein großes Problem darstellt, vor allem für erfahrenere Mitarbeiter.

"Oftmals verwenden wir Stereotypen in Bezug auf das Alter in einer Weise, wie wir es bei Sexualität, Geschlecht oder Herkunft nie tun würden", kommentiert Dr. Eliza Filby, Generationen-Expertin und Historikerin für zeitgenössische Werte, diesen Umstand. Anstelle eines solchen reduktiven Ansatzes führe das Verstehen von Unterschieden zu einem besseren Arbeitsklima, erklärt die Beraterin bei der Studie."

Adil Nasri, CEO von veniture - Part of the Adaptavist Group, stimmt dieser Ansicht zu. "Am heutigen modernen Arbeitsplatz können verschiedene Altersgruppen und ihre Art, Technologie zu nutzen, aufeinanderprallen", erklärt er. "Es gibt aber auch den deutlichen Willen, dass die Zusammenarbeit funktioniert."

Tools können die Generationenkluft überbrücken

Das Ganze sei verständlich, wenn man bedenkt, dass wir mit ortsunabhängigen Arbeitsplätzen, rasanten Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz und der Zusammenarbeit von vier Generationen jonglieren, so Nasri. So habe die Studie zwar gezeigt, dass 90 Prozent der Teams Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf den Einsatz von Tools haben. Auf der anderen Seite sei sich die überwältigende Mehrheit darin einig, dass digitale Tools dazu beitragen können, die Kluft zwischen den Generationen zu überbrücken.

Der Schlüsselfaktor für Unternehmen ist es seiner Meinung nach, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich alle wertgeschätzt fühlen und gut zusammenarbeiten können, wobei Unterschiede respektiert werden. Das bedeutet, flexibel und verständnisvoll zu sein und Technologien einzuführen, die das Leben einfacher und nicht schwieriger machen. "Es geht darum, die richtigen Werkzeuge zu finden, die uns helfen, trotz unserer Unterschiede besser zusammenzuarbeiten", so Nasri.