IT-Teams brauchen Vielfalt

Diversity für Anfänger

05.04.2012
Von 
ist freie Wirtschaftsjournalistin in London.

Feedback der Minderheit einholen

Führungskräfte wie Maier stehen vor neuen Herausforderungen. "Das verlangt, dass wir regelmäßig unsere Bequemlichkeit überwinden, die uns so gerne mit Unseresgleichen arbeiten lässt", erklärt Stuber. Der Diversity-Trainer empfiehlt Vorgesetzten, gezielt das Feedback von den Minderheiten im Team einzuholen. "So können Führungskräfte herausfinden, welche Perspektiven und Talente ihnen entgehen, wenn sie sich nur auf bekannte und bewährte Profile konzentrieren", so Stuber. Zudem hilft ihnen ein Blick auf die Entwicklung ihrer Absatzmärkte. Wer etwa seine Produkte in den Nahen Osten verkauft, sollte auf Mitarbeiter mit Migrationshintergrund setzen.

Par Ordre du Mufti geht das allerdings nicht. "Diversity lässt sich nicht von oben anordnen", sagt Georg Bachmaier, Leiter Diversity und Recruiting bei Microsoft in München. Jeder Manager der Softwarefirma sei selbst dafür verantwortlich, dass Vielfalt in seinem Team gelebt wird. Der Anreiz ist allerdings groß. Denn Diversity-Ziele gehen in jede Zielvereinbarung von Microsoft-Führungskräften ein. Einen Bonus können sich die Vorgesetzten beispielsweise verdienen, indem sie ihr Team internationaler aufstellen, mehr Frauen beschäftigen oder Teilzeitarbeit anbieten.

Andreas Merx, Inhaber der Management-Beratung Pro Diversity: "Führungskräfte gewinnen mit Diversity, weil sie zufriedenere Mitarbeiter haben."
Andreas Merx, Inhaber der Management-Beratung Pro Diversity: "Führungskräfte gewinnen mit Diversity, weil sie zufriedenere Mitarbeiter haben."
Foto: Pro Diversity

Je früher sich Führungskräfte für andere Menschen und Sichtweisen öffnen, desto größere Chancen haben sie, ihre eigene Karriere voranzutreiben. "Der Umgang mit Vielfalt ist zukunftsentscheidend - sowohl für Vorgesetzte als auch für die Firma als Ganzes", so Merx. Führungskräfte ohne Diversity-Kompetenz hätten ganz klar Nachteile. Er verweist auf den Similar-to-me-Effekt. Wenn es bei Neueinstellungen nicht mehr genug Kandidaten gibt, die so ähnlich sind wie der Interviewer selbst, ist dieser gezwungen, anders gestrickte Nachwuchskräfte einzustellen. Je eher man die Vorteile hieraus zieht, desto besser stehen die Chancen, im Wettbewerb um die besten Köpfe vorn zu liegen.

Klein anfangen

Das Argument, die Firma sei dafür zu klein, zieht nicht. Mit Diversity kann man auch ganz klein anfangen. Während größere Unternehmen oft eigene Diversity-Management-Programme initiieren, lassen sich Mittelständler andere Ansätze einfallen, etwa indem sie Jugendliche mit Migrationshintergrund ausbilden.

"Riesenetats braucht man für Diversity nicht", betont Merx. Vorgesetzte, die ihre Stellenausschreibungen schon heute Diversity-freundlich gestalten - vielleicht mit einem Foto von Mitarbeitern verschiedener Hautfarben - können auf einfache Weise Akzente setzen. Und beim Bewerbungseingang hilft oft schon ein Umdenken, etwa indem Migranten oder behinderte Bewerber nicht gleich als Problem, sondern vielmehr als Chance gesehen werden.

Ein praktischer Tipp: "Schalten Sie Ihr Kopfkino aus", rät Merx. "Denn dort gelten auch gut ausgebildete Menschen mit Migrationshintergrund oft noch immer als ‚der Ali aus Neukölln`." Wer sein eigenes Schubladendenken hinterfragt, wird belohnt. "Unternehmen profitieren von Vielfalt, indem Ressourcen voll ausgeschöpft und Entscheidungen perspektivenreich und damit ausgewogen getroffen werden", erklärt Stuber. "Und Führungskräfte gewinnen mit Diversity, weil sie bessere Ergebnisse mit ihren Teams erreichen und zufriedenere, loyalere Mitarbeiter haben."