Lehrer Bömmel aus der "Feuerzangenbowle" hätte kein Problem damit gehabt, seinen Schülern das Phänomen zu beschreiben. "Wat Diversity inne IT is? Da stelle wa uns ma janz dumm. Diversity inne IT, dat is ne jroße volle Konferenzraum. Früher saßen da überall Männer. Alle Informatiker, alle jung, alle Deutsche. Heute nisch."
Tatsache: Die IT-Branche entdeckt derzeit die Vielfalt ihrer Belegschaften als neue Chance. "Das Geschäftsumfeld wird immer komplexer, veränderungsintensiv und talentkritisch, so dass Diversity eine Notwendigkeit darstellt", sagt Michael Stuber, der in Köln die Beratungsgesellschaft Ungleich Besser Diversity Consulting leitet. "Zudem macht der öffentliche Erwartungsdruck das Thema zu einer akut dringlichen Priorität."
Der Druck ist nicht nur politischer Natur. Auch Fachkräftemangel und demografischer Wandel zwingen die Unternehmen, sich für neue Mitarbeitertypen zu öffnen. Allein mit den üblichen Verdächtigen in der Belegschaft - Nerd, männlich, jung - lassen sich in Zukunft keine Geschäftserfolge mehr sichern.
Besonders begehrt sind Frauen. Bis zum Jahr 2020 streben die ITK-Unternehmen hierzulande im Schnitt eine Versechsfachung ihres Frauenanteils an. Das geht aus einer repräsentativen Studie des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) hervor. Von einer Gender-gerechten Personalpolitik versprechen sich die Arbeitgeber eine höhere Kundenzufriedenheit, effizientere Teams und eine leichtere Gewinnung und Bindung von Personal.
- Noch bilden sie eine Minderheit: Frauen in der IT haben in den meisten Firmen Exotenstatus, erst recht im Management.
- Ralica Yancheva, Beraterin bei Conargus:
"Die Diskussionen und politischen Debatten zur Frauenquote haben viele Manager für das Thema sensibilisiert." - Inge Hanschke, Geschäftsführerin bei Iteratec:
"Frauen müssen wissen, was sie wollen und gelassen auf das Platzhirschgebaren reagieren." - Rebecca de Souza, Diversity Managerin bei General Electric (GE)
"Zu wenige Frauen in Führungspositionen sind überall in Europa ein Problem, doch besonders in Italien und Deutschland." - Patricia Rezic, verantwortlich für Controlling und Personal bei Projektron
"Das Durchschnittsalter unserer Mitarbeiter liegt bei 32 Jahren; viele haben Kinder." - Eva Faenger, Diversity-Managerin bei Hewlett-Packard:
"Besonders im Service und im Outsourcing-Geschäft gibt es Handlungsbedarf." - Claudia Kedor: Leiterin Marketing bei Projektron:
"Wir sprechen schon vor der Geburt des Kindes mit den Kollegen, wie sie sich den Wiedereinstieg vorstellen." - Edeltraud Leibrock, Vorstand IT bei der KfW Bank:
"Frauen tendieren öfters als Männer dazu, ihre Fähigkeiten kritisch zu bewerten." - Katrin Jenkins, Abteilungsleiterin Systemdesign und Customizing bei DB-Systel:
"Junge Mütter sind besonders engagiert, weil sie sich nichts nachsagen lassen wollen." - Claudia Payer, Projektleiterin Commerz Finanz:
"In über 20 Jahren habe ich mir fundiertes IT-Know-how angeeignet, das heute eine solide Grundlage bildet, um Projekte zu leiten."
Doch im Suchraster stehen nicht nur Frauen. Auch ausländische, ältere oder behinderte Mitarbeiter geraten in den Fokus. "Unternehmen befassen sich mit Diversity nicht nur aus sozialer Verantwortung heraus, sondern auch aus reinem Eigeninteresse", sagt Andreas Merx, Inhaber der Management-Beratung Pro Diversity in Berlin. "Das ist der beste Ansporn überhaupt, um Vielfalt voranzutreiben."
Je mehr Unterschiede, desto erfolgreicher
Vorreiterunternehmen der Branche zeigen, wie das funktioniert. Annette Maier zum Beispiel, Sales Director bei Hewlett-Packard in München. In ihrem Team arbeiten insgesamt 18 Personen, vier davon sind Frauen, vier haben eine doppelte Staatsbürgerschaft, es gibt 25-Jährige und 55-Jährige. Die bunte Mischung hat Methode. "Im Geschäft müssen wir immer neue Wege gehen", so Maier. "Je unterschiedlicher unsere Ansätze und Denkweisen sind, umso erfolgreicher werden wir sein." Die Teammitglieder könnten so am besten voneinander lernen und sich gegenseitig neue Perspektiven eröffnen.