Siemens, SBS und viele Krisen

Die Geschichte von Atos und SIS

16.01.2015
Von 
Jürgen Mauerer ist Journalist und betreibt ein Redaktionsbüro in München.
Mit der Übernahme von SIS durch Atos Origin vor knapp vier Jahren endete eine lange Leidensgeschichte der einstigen Siemens-IT-Sparte. Heute ist Atos eines der führenden Unternehmen für Cloud Computing, Cyber Security und Big Data. Ein Rück- und Ausblick mit Bildern.

"Heute ist ein großer Tag für unser Unternehmen. Wir schlagen ein neues Kapitel in unserer Geschichte auf." Das sagte Thierry Breton, CEO und Chairman von Atos am 1. Juli 2011, als sein Unternehmen die Übernahme der Siemens IT Solutions and Services (SIS) mit der Zustimmung seiner Aktionäre endgültig abschloss. Seitdem firmiert die ehemalige Atos Origin unter dem Namen Atos und ist zum zweitgrößten IT-Dienstleister in Europa aufgestiegen.

Thierry Breton, CEO und Chairman von Atos.
Thierry Breton, CEO und Chairman von Atos.
Foto: Atos Origin

Ob sich die Übernahme der chronisch defizitären ehemaligen Siemens IT-Sparte langfristig auszahlt, wird sich zeigen. Von den Bedingungen her gesehen war der Kauf ein Glücksgriff für Atos Origin. Siemens beteiligt sich an dem neuen Unternehmen mit einem Aktienanteil von 15 Prozent und wird gleichzeitig der größte Kunde von Atos. Teil des Geschäfts ist ein dicker Outsourcingvertrag von Siemens an Atos für die nächsten sieben Jahre mit einem Volumen von rund 5,5 Milliarden Euro. Er umfasst unter anderen die Systemintegration für den deutschen Elektrokonzern.

Auf den folgenden Seiten schildern wir die wichtigsten Stationen der Geschichte von Atos Origin und SIS. In der Bildstrecke können Sie die Meilensteine im Zeitraffer verfolgen.

1995: Gründung des SIS-Vorgängers Siemens Business Services (SBS)

SIS entsteht aus der Ausgliederung von Siemens-internen IT-Abteilungen der Bereiche in eine eigene Gesellschaft. Die Siemens Business Services GmbH & Co. OHG (SBS) wird am 1. Oktober 1995 als Tochtergesellschaft der Siemens AG und Siemens Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) unter Leitung von Friedrich Fröschl gegründet. Das Unternehmen startet mit 2.100 Mitarbeitern und erwirtschaftet während seines ersten Geschäftsjahres einen Umsatz von einer Milliarde D-Mark. Das Kerngeschäft besteht im Angebot von IT-Dienstleistungen vor allem für die Siemens AG.

SIS Zentrale München-Perlach.
SIS Zentrale München-Perlach.
Foto: SIS

Als am 1. Oktober 1998 Siemens Nixdorf als Aktiengesellschaft aufgelöst und vollständig in die Siemens AG integriert wird, wandern große Teile zu SBS. Die SNI Hardware- und Computerfertigung wird 1999 in das Joint Venture Fujitsu Siemens Computers (FSC) eingebracht. Friedrich Fröschl will SBS unter die Top 5 der IT-Dienstleister bringen und die globale Expansion durch einen Börsengang finanzieren.

Den Anspruch untermauert ein Outsourcing-Auftrag in Großbritannien von den britischen Sparkassen im Wert von einer Milliarde Pfund. Doch dieses Projekt erweist sich als Fass ohne Boden. Am Ende des Geschäftsjahres 2001 (30. September) verkündet der SBS-Chef einen operativen Rekordverlust (Ebita) von 259 Millionen Euro. Die Folge: Fröschl muss gehen und macht einen zweifelhaften Karrieresprung zum CIO der Siemens AG (siehe dazu auch: "Von Pierer lobt SBS-Chef Fröschl aus dem Amt" aus dem COMPUTERWOCHE-Archiv).