Wir schreiben das Jahr 1972 - die USA starten mit Apollo 17 ihre letzte Mond-Mission, Deutschland wird in Brüssel Fußball-Europameister, im deutschen Fernsehen läuft die erste Folge von Raumschiff Enterprise, und am Westrand der Oberrheinischen Tiefebene wird ein kleines Softwarehaus aus der Taufe gehoben. Fünf ehemalige IBM-Mitarbeiter, Claus Wellenreuther, Hans-Werner Hector, Klaus Tschira, Dietmar Hopp und Hasso Plattner, legen in der Zwei-Burgen-Stadt Weinheim, etwa 5 Kilometer nordöstlich von Mannheim, den Grundstein für die Firma Systemanalyse und Programmentwicklung GbR, die spätere SAP.
Die ersten Jahre: Die Software entsteht im RZ der Kunden
In ihren Büros sind die SAP-Gründerväter zunächst allerdings nur selten anzutreffen. Sie verbringen die meiste Zeit in den Rechenzentren ihrer Kunden, um die ersten Programme zum Laufen zu bringen. Im Nylonfaserwerk von Imperial Chemical Industries (ICI) entwickeln sie die erste Software für Lohnabrechnung und Buchhaltung auf dem Großrechner. Statt wie damals üblich Daten auf Lochkarten zu speichern und in die Systeme einzuspeisen, setzen die Entwickler auf die revolutionäre Dateneingabe per Tastatur und Bildschirm.
Die Entwickler charakterisierten ihre neue Software vorausschauend als Echtzeitsystem - daher das Kürzel "R" für "Realtime" in den ersten Produktnamen R/1, R/2 und später R/3. Das Konzept geht auf. Am Ende des ersten Geschäftsjahres 1972 zählt das Unternehmen neun Mitarbeiter und kann einen Umsatz von 640.000 Mark verbuchen. In den folgenden Jahren programmiert SAP Module für Finanzbuchhaltung, Einkauf, Bestandsführung, Auftragseingang, Materialplanung sowie Rechnungsstellung und -prüfung.
Maßgebliches Designprinzip war bereits die Integration der einzelnen Bausteine. Anwender konnten alle Aufgaben in einem integrierten System erledigen. So flossen beispielsweise Daten aus der Materialwirtschaft direkt in die Finanzbuchhaltung, und Rechnungen ließen sich in einem Arbeitsgang prüfen und buchen.
Diese Idee eines integrierten Systems in Kombination mit immer leistungsfähigeren Rechnerarchitekturen von IBM und Siemens bedeutete in den 70er Jahren eine Revolution. 1976 gründet das Quintett der Ex-IBMer die SAP GmbH und kann mit 25 Mitarbeitern bereits einen Umsatz von 3,8 Millionen Mark vorweisen.