So krass haben es die anderen Teilnehmer der Runde zwar noch nicht erlebt, aber Stender räumt ein, dass die Flexibilitätserwartung der Generation Y deutlich höher sei als von der IT bislang vorgelebt: "Diese Mitarbeiter denken nicht in Projektzeiträumen von bis zu 2 Jahren, sondern erwarten neue Services morgen oder übermorgen." Ein Punkt, der den Cloud-Anbietern in die Hände spielen könnte. Grundsätzlich rät Kappler den Unternehmen, sehr wachsam zu sein, da hier die Gefahr lauere, dass ihre Compliance grundsätzlich mit Cloud-Angeboten unterlaufen werde, wenn die IT nicht rechtzeitig und schnell auf die Bedürfnisse der Anwender reagiere.
Verschiedener Meinung war die Runde in Bezug auf die Ausfallsicherheit der Cloud-Telefonie. Während die einen - etwa mit Blick auf einen Stromausfall - einräumen, dass eine mit ISDN vergleichbare Ausfallsicherheit zu vertretbaren Kosten nicht realisierbar sei, sehen andere kein Problem. Sie argumentieren, dass eine solche Ausfallsicherheit überhaupt nicht mehr erforderlich sei, denn im Notfall greife die Generation Y einfach zum Smartphone. Grundsätzlich rät Mühlner hier der Branche, weder etwas zu beschönigen, noch ihr Licht unter den Scheffel zu stellen. Beide Verhaltensweisen könnten den noch jungen Markt zerstören. Mit Blick auf die Erfahrungen aus diversen IT-Projekten stellt er fest, dass heute in Sachen IP- und Cloud-Ausfallsicherheit bereits viel gemacht werden könne, nur müsse dies bei Projektausschreibungen berücksichtigt werden und habe seinen Preis.
Für andere ist diese Diskussion wiederum eher akademischer Natur, da das Aus für ISDN seitens der Telekom besiegelt sei. Entscheidender sei vielmehr die Frage on premise versus Cloud - also eigene TK-Anlage versus virtuelle PBX. Hier spricht für Teamfon-Manager Weiß alles für die Cloud, "denn es sei nur an das berühmte Putzfrauen-Beispiel erinnert, die im Gebäude einen Stecker zieht, weil sie staubsaugen will". Deshalb müsse dem Anwender klar sein, dass er on premise nie das gleiche Sicherheitsniveau wie in der Cloud erreichen könne.
Die Mär vom sicheren ISDN
In das gleiche Horn stößt auch Städing. "Zumal das Thema Internet/IP-Access sowohl für die Cloud-Telefonie als auch für die TK-Anlage on premise gilt, denn die benötigt einen SIP-Trunk." Gleichzeitig spricht Städing noch einen anderen Punkt an: Da für die Cloud-Telefonie-Anbieter die Bestimmungen des TKG (Telekommunikationsgesetz) etc. gelten, müssten diese viel strengere Regularien und Bestimmungen erfüllen als sie der Betreiber einer on-premise-Anlage erreichen können. Denn: Cloud-Anbieter sind sogenannte Telekommunikationsdienstleister die von der Bundesnetzagentur entsprechend überwacht würden.
Gleichzeitig warnten die Diskutanten vor dem weit verbreiteten Trugschluss, das ISDN viel sicherer als die IP-basierte Cloud-Telefonie sei. "Bei ISDN hatte ich immer die Möglichkeit, direkt am Stecker - egal, ob im Keller oder am Verteiler - Telefonate abzuhören", führt etwa Stender aus. Ferner biete die Cloud-Telefonie per se eine höhere Sicherheit als eine on- premise-Lösung, da die Rechenzentren der Anbieter in Deutschland stehen und damit die relativ strengen deutschen Rechtsvorschriften gelten. Hundertprozentige Abhörsicherheit werde es aber nie geben, denn die Anbieter seien schon per Gesetz dazu verpflichtet Schnittstellen zum Abhören für die legal interception vorzuhalten. Ansonsten kann per IP durchaus sicher telefoniert werden, denn zahlreiche Unternehmen bieten wie David Son, Geschäftsführer von Wirecloud, eigene Verschlüsselungsverfahren an, damit Unternehmen untereinander sicher telefonieren können. Allerdings werde dieses Feature von den Anwendern zwar oft auf dem Papier gefordert, schlussendlich fehle dann aber die Bereitschaft dafür zu bezahlen.
Letztlich fordert Mühlner, Angriffspunkte klar zu analysieren und zu kontrollieren, denn in einer All-IP-Welt genüge eine Schwachstelle, um das Gesamtsystem zu diskreditieren - und dies könne eben auch die TK-Anlage sein. Gleichzeitig beklagten die Teilnehmer eine gewisse Doppelmoral der Anwender: So werde von den Cloud-Betreibern höchste Sicherheit und Abhörschutz gefordert, während die Generation Y, diplomatisch ausgedrückt, nicht unbedingt durch besonderes Sicherheitsbewusstsein auffalle.