QSC-Manager Stender sieht noch ein anderes Problemfeld. Seiner Erfahrung zufolge wollen die klassischen TK-Lösungsanbieter noch immer am liebsten traditionelle Telefonanlagen vermarkten, anstatt auf die Cloud zu setzen. Dennoch könne auf diese TK-Partner in der All-IP Welt nicht verzichtet werden, da die IT nicht den 100 Prozent-Service-Level der TK-Welt kenne. "Wenn hier und da mal ein Datenpaket verschluckt wird, so toleriert die IT-Welt das, wenn aber ein Knacken oder Rauschen beim Telefonieren, auftritt, dann ist das etwas ganz Anderes", bekräftigt Mühlner.
Insgesamt, so waren sich die Diskutanten einig, sind die deutschen Anwender in Sachen Cloud-Telefonie beziehungsweise Cloud im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn eher zurückhaltend. Ein Grund hierfür könnte der schlechte Internet-Access der deutschen Unternehmen sein. Häufig würde die gesamte IP-Kommunikation über einen einfachen Anschluss - nicht selten ein Consumer-Produkt - abgewickelt. Erschwerend komme hinzu, dass in den meisten Firmen kein redundanter Internet-Anschluss vorhanden sei. Im Fehlerfalle liege dann die komplette Kommunikation darnieder. Allerdings treffe die Schuld die Anwender nicht alleine. Diese müssten zwar erstmal eine Service-fähigkeit für ihre Unternehmen erstellen, ebenso seien aber die Carrier gefordert. Diese, so bemängelten die Diskussionsteilnehmer, würden viel zu wenig redundante Internet-Access-Angebote offerieren.
Mit Cloud-Telefonie sparen
Uneinigkeit herrschte dagegen am COMPUTERWOCHE-Roundtable, als die finanzielle Seite der Cloud-Telefonie zur Sprache kam. Während die einen davor warnten, dass größere Migrationsprojekte aufgrund der Kosten - etwa für Legacy-Systeme - schnell nur noch schwer abzubilden seien, lobte der CPO der Nfon AG, Jürgen Städing, das Sparpotenzial der Cloud-Telefonie. So spare ein Nfon-Anwender mit der Cloud-Lösung 80 Prozent der Kosten im Vergleich zu einer klassischen Telefonie-Lösung.
Letztlich, so war sich die Runde dann einig, gebe es keine pauschalen Aussagen in Sachen Kosten und durchaus Fälle, in denen sich die Cloud nicht rechne. Viel hänge dabei davon ab, wie weit ein Unternehmen mit seiner IP-Infrastruktur ist. Dennoch ist Peter Nowack, General Manager von BroadSoft Deutschland, überzeugt, "dass die Cloud bereits heute die bessere Alternative ist. Ein CIO, der sich nicht mit diesem Wandel befasst, sollte möglichst schnell umdenken, um den Anschluss nicht zu verlieren." QSC-Manager Stender sieht zudem in der Cloud-Telefonie die flexiblere Lösung, die besser an die Bedürfnisse eines Unternehmens angepasst werden kann. Uwe Hollbach, Solution Architect & Business Development bei Alcatel-Lucent, spricht hier konkret die Verknüpfung der Telefonie mit vorhandenen Applikationen an, "die Cloud-TK-Anlage sollte offene Schnittstellen anbieten, um zum Beispiel ein CRM-System wie Salesforce damit zu integrieren." Eine andere Option sei die Fixed-Mobile-Integration über Standards, wie WebRTC. Wer die Cloud so als Kommunikationsplattform nutzen will, sollte mit Blick auf die Interoperabilität darauf achten, dass die Schnittstellen auf entsprechenden Standards basieren, die bereits im Carrier-Umfeld existieren. Ein weiteres Argument Pro Cloud-Telefonie bringt QSC-Manager Stender zur Sprache. Unternehmen mit mehreren Standorten brauchen bei der Cloud-Telefonie nicht mehr an jedem Standort eine TK-Anlage, sondern können eine zentrale Lösung in der Cloud nutzen.
Marco Kappler, Leiter Starface Academy, ist überzeugt, dass solche Aspekte jüngere Mitarbeiter in den Unternehmen kaum interessieren. Diese wollten lediglich ihren Gesprächspartner erreichen, egal ob per Chat, Mail oder Telefon, wobei viele aus der Generation Y nur noch das Smartphone nutzen würden. Mit der Generation Y erlebte Kappler noch eine Überraschung: Eine Fachabteilung, die eigenständig beim Cloud-Provider ein entsprechendes Telefonie-Angebot orderte und dann begann, mit einem eigenen Rufnummernblock zu arbeiten. "Und der Rest des Unternehmens wunderte sich, warum es diese Mitarbeiter nicht mehr erreichte", erzählt Kappler weiter.