Mangelendes Verständnis für VDI-Techniken
Das sieht Gartner in einem Arbeitspapier über Argumente für VDI vom Januar 2012 allerdings anders. Hier wird BYOD als wichtiges Argument für alle Desktop-Virtualisierungstechnologien gesehen. Ebenfalls wichtig ist danach das vereinfachte Management. Bevor das zu Buche schlagen kann, muss man allerdings das Konzept VDI und seine Unterschiede zu den anderen Client-Virtualisierungsmöglichkeiten erst einmal verstehen - und genau das, so IDC-Mann Srikumar, sei bei vielen potentiellen Anwendern noch nicht der Fall.
Das liege auch an der "wolkigen" Kommunikation der Hersteller. Srikumar: "Es fehlt Wissen in den Unternehmen, deshalb braucht man am Anfang Berater." Die aber kosten wiederum Geld. Ein weiterer Grund ist die oft verwirrende Kommunikation der Hersteller, die die reichlich fein gedröselten Unterschiede zwischen den Technologievarianten nicht immer so kommunizieren, dass sie jedem eingängig und verständlich werden. "Die Hersteller reden derzeit viel über Cloud, und Anwender wollen eigentlich auch Cloud-basierende Anwendungen. Doch wie sie die im Unternehmen implementieren sollen, wissen sie häufig noch nicht im Detail", sagt Srikumar.
Am komplexen Markt kann der fehlende Überblick über die Desktop-Virtualisierung jedenfalls nicht liegen. Denn die Zahl der Anbieter, die wirklich etwas in petto haben, ist extrem übersichtlich: Bei weitem führend mit rund 90 Prozent Anteil sind Citrix und VMware, hinzu kommen derzeit Player wie Microsoft, Quest, Red Hat oder Parallels, wobei aber Microsoft eng mit Citrix zusammenarbeitet und wichtige Teile von VDI-Implementierungen dort bezieht. Die einschlägigen Produkte heißen VMware View, Citrix Xen Desktop, vWorkspace (Quest) und Red Hat Enterprise Virtualization for Desktops. Um sie herum bauen die Hersteller immer weitere Schichten ergänzender Module oder Lösungen, die zwar nicht die Übersicht erhöhen, aber helfen sollen, VDI für die Unternehmen handhabbarer zu machen.
Ein Beispiel dafür sind Versuche, mehr Speichervolumen vom Server in einen vor Ort befindlichen Cache oder anderweitigen Speicher zu verlagern, wie es Citrix Intellicache und VMware View Accelerator tun. Das senkt die überbordenden Speicherkosten. Ein weiterer Ansatz besteht darin, die Thin-Client-Hardware billiger zu machen. So berichtet Gartner-Analyst Wolf von neuartigen, ARM-basierenden Clients, wie sie etwa Wyse im vergangenen Jahr auf den Markt brachte. Auch Citrix und N-Computing, ein Desktop-Virtualisierungs-Pionier, arbeiten an billigeren Thin Clients. "Bis Ende des laufenden Jahres wird es viele Alternativen für unter 150 Dollar geben, was dann die Preise für die Gesamtlösung drückt", meint Wolf.
Am höchsten ist der Nutzen von VDI nach übereinstimmender Meinung aller Fachleute in Einsatzumgebungen, wo die Endanwender an den Thin Clients nur auf eine oder zumindest eine überschaubare Anzahl von Applikationen zugreifen müssen, und dies möglichst auch nicht mit einer unüberschaubaren Vielfalt von Endgeräten. Denn dann hält sich der Aufwand für die Implementierung in Grenzen und die VDI-Implementierung erhöht die Effizienz des Managements tatsächlich sehr, da sich die User-VMs nur geringfügig voneinander unterscheiden. Umfelder dagegen, in denen jeder einen anderen Programmbedarf hat und in denen die unterschiedlichsten Endgeräte vorgehalten werden oder riesige Datenmengen hin- und her zu transportieren sind, wie etwa beim CAD-Design, sind für VDI-Konzepte eine harte Nuss.