Banken flexibilisieren ihre Architekturen
Das klingt nicht so, als hätten die Banken wirklich die Herausforderungen durch die Digitalisierung verstanden.
Lulay: Die Banken wissen, dass sie ihre Architekturen flexibilisieren müssen. Vor ein paar Jahren haben sie noch gesagt: Ich gründe einfach eine kleine, innovative Digitalbank außerhalb meiner Systeme. Dann guck ich mal, was passiert - an die Bank 24 erinnern Sie sich bestimmt. Es geht aber nicht darum, eine kleine Digitalbank am Rande hochzuziehen. Es geht darum, die eigenen IT-Systeme Digitalbankfähig zu machen. Diese Erkenntnis hat sich jetzt durchgesetzt.
Die Banken wissen auch, dass sie sich insgesamt anders aufstellen müssen, um auf einem der drei Spielfelder gewinnen zu können. Wenn sie Allrounder bleiben wollen, müssen sie ihre IT-Architektur sogar so flexibilisieren, dass sie alle Geschäftsmodelle angemessen abbilden können. Für die einen Geschäftsvorfälle agieren sie dann als Produktanbieter, für andere als der Endkundenanbieter. Eine Bank müsste dann eben nicht entscheiden, sie mache generell keinen Endkundenservice mehr, sie könnte sagen: Wir machen das nur noch in bestimmten Bereichen. Oder sie entwickelt Produkte nur noch in bestimmten Bereichen selbst und kauft sie ansonsten woanders ein.
Können die Banken mit den organisatorischen Herausforderungen umgehen, die durch neue Architekturen, agile Projektmethoden, DevOps-Konzept etc. entstehen?
Lulay: Sie können das weitgehend, ja. Wenn sie sich für Agile und DevOps entscheiden und das Team im Haus haben, ist das ja auch ein klarer Fall. Spannend wird es, wenn sie das über mehrere Zeitzonen hinweg mit Remote-Teams umsetzen möchten. Das ist nochmal eine ganz andere Hausnummer. Wir haben unsere Projekt-Management-Methodik angepasst, weil wir als Dienstleister vergleichbare internationale Projekte ganz anders überwachen.
Welche Herausforderungen ergeben sich dabei für Sie als Dienstleister?
Lulay: Das Thema Change Request ist bei agilen Verfahren sehr interessant. Was ist jetzt noch ein Change Request und was war im Scope, wenn Sie in Sprints vorgehen? Der Produktkatalog muss flexibel angepasst werden. Wir haben lernen müssen, wie wir Festpreise, SLAs, mit agiler Projektmethodik und DevOps verheiraten können. Der Kunde muss ja auch aus Sicht der Einkaufsabteilung, der Audit-Committees oder der Compliance-Stellen, die das alles überwachen müssen, sagen können: 'Wir haben unsere Dienstleister im Griff, wir können kontrollieren, was er liefert.' Das ist im Zuge der neuen Methoden nicht mehr so ganz einfach. Da hinkt auch unser Rechtsrahmen hinterher, er bildet das nicht ab.
Analytics und AI werden selbstverständliche Themen
Die Architektur ist das eine, aber echte Innovationen gehen eher von neuen Technologien wie Analytics, Artificial Intelligence oder Blockchain aus. Sind das Themen, die Ihre Teams automatisch mit aufnehmen und anbieten?
Lulay: So weit ist es noch nicht. Das sind spannende Themen, alle Kunden reden darüber. Aber nur wenige gehen es richtig konzentriert an. Wir haben kleine Teams gebildet, wir nennen das Ring Fenced Practice. Da sitzen unsere Spezialisten drin, die sich mit Data Analytics, Artificial Intelligence oder auch Robot Advisory beschäftigen. Diese Mitarbeiter werden als Spezialisten zu den Kundenprojekten hinzugezogen.
In fünf bis sechs Jahren wird das genauso ein Querschnitts-Know-how sein wie heute Java oder Cobol, aber heute ist es noch Spezialwissen. Bei Data Analytics ist es ja eine Sache, die Tools zu beherrschen, mit denen man die Daten aggregiert, und eine andere, mit welchen Tools man die gewünschten Informationen aus den Data Lakes herauszieht oder mit welchen KI-Produkten man sie vorsortieren lässt. Die alles entscheidenden Fragen müssen aber unsere Kunden beantworten: Wie interpretiere ich die Daten und welche Produkte mache ich draus? Dieses Übersetzen in neue Bankprodukte müssen die Kunden leisten. Wir können ihnen höchstens sagen: Diese oder jene Bank hat das so oder so gemacht - vorausgesetzt, wir dürfen darüber reden.