Versicherung beschränkt Dauer aller IT-Projekte auf 6 Monate
Ein führendes deutsches Versicherungsunternehmen beschränkte die Dauer aller IT-Projekte auf maximal sechs Monate. Spätestens nach einem halben Jahr sollte jedes IT-Projekt eine lauffähige Software mit einem zusätzlichen greifbaren Business-Nutzen liefern. Diese Beschränkung bewirkte einen signifikanten Richtungswechsel in der IT. Die Organisation lernte in kürzeren Zyklen zu denken und sah sich gezwungen, die erste Erfolgsbilanz jedes Vorhabens bereits nach sechs Monaten zu ziehen. Auch längere Migrationsprojekte wurden in kleinere Scheiben geschnitten. Es wurde halbjährlich überprüft, ob ein Migrationsprojekt weiterläuft oder beendet wird.
Es liegt auf der Hand, dass kürzere Planungszyklen der IT-Organisation mehr Handlungsfreiheit und Flexibilität verliehen haben. Viel interessanter ist die Tatsache, dass bereits nach sechs Monaten die Entscheidung getroffen werden muss, ob das lancierte Vorhaben Erfolgsaussichten hat und weiterverfolgt werden soll oder ersatzlos gestrichen wird.
Fail-Fast
In der agilen Welt ist dieses Prinzip unter dem Namen Fail-Fast bekannt. Fail-Fast ist die Eigenschaft einer Organisation, frühzeitig Fehler zu erkennen und zu behandeln. Wird dieses Prinzip gelebt, so bekommt die Organisation eine sehr charmante Fähigkeit: Sie kann sich schnell von dem unnötigen, erfolglosen Ballast trennen.
Welche Herausforderungen haben Führungskräfte in diesem Zusammenhang? Zunächst kann eine Führungskraft etwas schlecht "wegwerfen". Führungskräfte beschäftigen sich einen Großteil ihrer Zeit damit, ihnen zugeteilte, in der Regel sehr knappe Ressourcen effizient zu verwalten und wenn möglich zu mehren.
Umdenken im Umgang mit Unsicherheit erforderlich
Die Geschäftsführung und Vorstände verlangen bei IT-Projekten Investitionssicherheit. Wegwerfen passt da nicht rein. Daher ist der Gedanke, ganze MVPs (Minimal Viable Product) wegwerfen zu können, einer Führungskraft fremd. Das Fail-Faster-Prinzip steht darüber hinaus in einem Konflikt zur Null-Fehler-Toleranz. Viele Führungskräfte sind darauf trainiert, auf Nummer sicher vorzugehen. Dazu gibt es genügend Veröffentlichungen unter den Begriffen Planbarkeits- und Kontrollillusion. Ein Try-and-Error-Vorgehen wirkt auf viele Führungskräfte einfach unseriös. Können diese Probleme nun mit einem geänderten Führungsstil alleine gelöst werden? Eher nein. Vielmehr ist ein Umdenken im Umgang mit Unsicherheit erforderlich.