Eine Frage bereitet diversen IT-Beratern, IT-Führungskräften und praktizierenden Informatikern Kopfschmerzen: Wie lassen sich die Wörter "agil" und "führen" sinnvoll in einem Satz verwenden? Die Aufregung resultiert aus der Angst vieler Manager vor einer bisher unbekannten und weitestgehend unverstandenen agilen Welt. Sind es moderne Teufel? Hype oder eine substanzielle Veränderung in der Führungskultur und der Arbeitsweise bis hin in die Chefetagen?
Manch einer plädiert gänzlich für die Abschaffung des Managements (Holakratie). Andere reden von autarken, selbst-organisierten Teams. Wir fragen uns: Wie lassen sich überhaupt die Selbstorganisation, Kontroll- und Planbarkeitsillusion miteinander vereinbaren? Kann überhaupt eine gestandene Führungskraft Macht abgeben und freiwillig agil werden?
Was Agilität bedeutet
Zunächst zum Begriff der Agilität. Eine Definition aus dem Lexikon oder Wikipedia wäre an dieser Stelle wenig hilfreich. Schauen wir lieber, woher dieser Begriff kommt und wofür er steht. Agile Methoden sind in der Softwareentwicklung als Alternative für konventionelle, Wasserfall-orientierte Lösungsentwicklungsmethoden entstanden. Heute steht agil für kurze Auslieferungszyklen der Software, direkte Beteiligung der Fachseite am Entwicklungsprozess, Adaptivität durch Feedback nach jeder Auslieferung. Agil wird oft definiert als iterativ und inkrementell. Iterativ, weil man sich schrittweise in wiederholten Gängen der Lösung nähert. Inkrementell, weil der Umfang der Software - wie beim inkrementellen Erhöhen der Variable - nach jeder Iteration wächst.
Was Führung bedeutet
Nun zum Begriff der Führung. Führung ist vor allem Orientierung schaffen: Mitarbeitende müssen wissen, warum sie tun was sie tun. Führungskräfte erklären den Sinn der Aufgabe, setzen das Setting auf, kontrollieren üblicherweise die Resultate. Führen heißt entscheiden: Ziele definieren, Konflikte auflösen, Prioritäten setzen, Ressourcen zuteilen.
Was agiles Führen bedeuten soll
Nun zum agilen Führen. Viele Agilisten verwenden diesen Begriff, um Auswirkungen agiler Trends auf Führung als solches zu beschreiben. Dies sorgt für Verwirrung. Partizipative Führung (z.B. kollektiver Einzelentscheid, Konsens etc.) sind bereits seit Jahrzehnten bekannt. Situative Führung und Reifegrad des Geführten werden oft im Kontext von Selbstorganisation angesprochen und seit langer Zeit an deutschen Universitäten in der Vorlesung Entscheidungstheorie gelehrt. Kontinuierliche Verbesserung setzte Toyota bereits in den 1950ern ein. Dass die Führungskräfte mehr loslassen müssen - alleine sich selbst zuliebe - wussten wir auch schon. Was ist nun grundliegend anders gegenüber früher?