Karrierechance oder Sackgasse?

Zurück in die alte Firma

19.04.2012
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Einmal unzufrieden, immer unzufrieden?

Durchweg negativ beurteilt hingegen Heiko Mell das Thema Comeback. Seit rund 25 Jahren berät der Kölner Headhunter Bewerber im Karriereforum des Ingenieurverbandes VDI. Sein Fazit nach rund 15.000 geführten Bewerbungsgesprächen und abertausend studierten Lebensläufen: "Oft enden Comebacks unbefriedigend. Wer zurückkehrt, bleibt nicht lange."

Das Band des Vertrauens zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter, begründet Mell seine ablehnende Haltung, sei durch die erfolgte Kündigung "zerschnitten" und werde bei einem Comeback lediglich "geflickt". Unweigerlich würden Zweifel wachsen, und zwar auf beiden Seiten. "Beim zweiten Mal trennt man sich schneller." Die Karriere sei mit einer Rolltreppe vergleichbar: Bliebe man stehen, komme man ohne eigenes Zutun langsam weiter. Wer aktiv vorwärts strebe, könne ein sich schnell wandelndes Umfeld erleben. Zurückzugehen hingegen rufe nur Probleme hervor: "Das wäre gegen die Spielregeln", begründet Mell seine Skepsis.

Das beurteilt Stephan Dahrendorf, Personalleiter von Xing, völlig anders. Sechs Comebacker, vom Management bis zu Entwicklern, kennt er in den eigenen Reihen. Für Dahrendorf ist die Rückkehr eines ehemaligen Kollegen ein wichtiges Signal nach innen: dass jemand um einer guten Entwicklungsmöglichkeit willen gehe, sei stets möglich. Kehre jemand zurück, sei dies aber Beleg dafür, dass er "nicht weg vom Arbeitgeber, sondern hin zu einer neuen Herausforderung will". Das gebe auch den Kollegen Sicherheit, beim richtigen Arbeitgeber zu sein.

Laut Heike Kandziora kehren neun Prozent derjenigen, die die Firma verlassen, zurück.
Laut Heike Kandziora kehren neun Prozent derjenigen, die die Firma verlassen, zurück.
Foto: Privat

Auch Computacenter-Recruiterin Kandziora hält die Vorbehalte für wenig stichhaltig. Auf Anfrage ermittelte sie, dass neun Prozent derjenigen, die das Unternehmen verlassen, zurückkehren. Eine überzeugende Firmenkultur oder "Nestwärme", wie es Computacenter-Comebacker Gebhardt nennt, zählt ebenso dazu wie tolle Entwicklungsangebote auf breiter Front. "Zunächst wollte ich nur meine Fachkarriere fortsetzen, bewarb mich dann aber für eine Position auf der nächst höheren Ebene", skizziert er seinen Neustart. Nach Abschluss eines erfolgreich gemeisterten Assessments wurde Gebhardt zum Regional Manager ernannt.

Comebacker Kozisek ist zurückgekehrt, weil ihm wichtig ist, nicht alles für den Beruf zu opfern. "Zeitaufwendige Reisen zwangen mich, große Abstriche im Privatleben zu machen." Dabei sind Arbeitnehmer besonders dann leistungsfähig, wenn die Work-Life-Balance stimmt, wie Arbeitgeber immer wieder auf Messen und ihren Karriere-Websites betonen. "Mit Geld lässt sich das nicht durch aufwiegen", hat Kozisek eine wichtige Lektion gelernt.

Attraktive Gehälter und Karriereoptionen, dieses Fazit kann man durchaus ziehen, reichen nicht aus, um Mitarbeiter - auch als Rückkehrer - langfristig ans Unternehmen zu binden. Sie wollen auch als Mensch Wertschätzung erfahren. Und daran scheint es vielfach zu mangeln, wie Xing-Personalchef Dahrendorf nicht ohne Selbstkritik anmerkt: "Als Arbeitgeber und als Führungskraft neigt man dazu, Mitarbeitern erst nach ihrer Kündigung zu sagen, wie wichtig sie sind und wie sehr sie fehlen werden."