Carsten Bernhard, Autoscout24

"Wir können nicht auf den perfekten Bewerber warten"

25.05.2012
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Der "CIO des Jahres 2011" im Mittelstand, Carsten Bernhard von Autoscout24, erklärt, wie eine Schiffsglocke den Teamgeist fördert und warum agile Entwicklung nicht für jeden das Richtige ist.

CW: Ihre Firma gehört nicht zu den 100 beliebtesten Arbeitgebern der deutschen Informatikstudenten, so die aktuelle Trendence-Umfrage. Dafür sind Sie zum besten IT-Chef im Mittelstand gekürt worden. Ein gutes Argument, bei Ihnen als Computerfachmann zu beginnen?

Carsten Bernhard, IT-Leiter von Autoscout24, wurde 2011 "CIO des Jahres" im Mittelstand.
Carsten Bernhard, IT-Leiter von Autoscout24, wurde 2011 "CIO des Jahres" im Mittelstand.
Foto: Joachim Wendler

BERNHARD: Sehr schade, dass wir bei der Umfrage nicht dabei waren. Wir bieten den Absolventen ein attraktives Arbeitsumfeld - vor allem in der Softwareentwicklung. Die Bewerber, die einmal bei uns reingeschnuppert haben, sind meist begeistert von der Atmosphäre und der Möglichkeit, früh Verantwortung zu übernehmen. Sie können zum Beispiel in einem von elf Produktteams arbeiten, die für 18 Länder verantwortlich sind. Gegenwärtig arbeiten 70 Entwickler, 24 Produkt-Manager und rund 180 weitere Mitarbeiter im Umfeld des Produkt-Managements und der Softwareentwicklung. Das hilft uns dabei, mittlerweile 300 Releases im Jahr umzusetzen.

CW: Das hört sich gut an. Warum sind Sie nicht längt ein Magnet für IT-Profis?

BERNHARD: Bei uns hapert es einen Schritt vorher: Absolventen denken nicht an die Chancen und Freiheitsgrade, die ihnen ein mittelständisches Internet-Portal wie Autoscout24 bietet. Sie wählen dann lieber den bekannten Großkonzern.

CW: Ein guter Chef in einer erfolgreichen IT-Abteilung - das müsste doch ein Garant für spannende Jobs sein...

BERNHARD: Ganz so einfach ist es leider nicht. Zu einem interessanten Job gehören für mich spannende, herausfordernde Aufgaben, ein forderndes und förderndes Arbeitsklima sowie Kollegen und Vorgesetzte, die für den Erfolg brennen. Alles zusammen macht die langfristige Attraktivität aus. Es handelt sich dabei um eine Teamaufgabe und ist nicht nur an einer Person festzumachen.

CW: Sie setzen sehr stark auf agile Methoden. Reicht das als Argument, um IT-Absolventen zu überzeugen?

BERNHARD: Zu der Agilität kommen bei uns auch eine starke Teamorientierung mit Eigenverantwortung und ganzheitlicher Sichtweise hinzu. Wir haben in unseren Teams eine Schiffsglocke hängen. Jeder kann die läuten, wenn ein Problem auftritt. Dann beheben alle Mitarbeiter, die die Glocke gehört haben, das Problem - egal, ob es ihr Job ist oder nicht. Wir brauchen da keine Abteilungsschranken in den Köpfen. Das schafft auf der einen Seite eine gewisse ganzheitliche Verantwortung und damit auch viel Zufriedenheit. Auf der anderen Seite ist ein agiles und ganzheitliches Vorgehen auch nicht für jedermann das ideale Arbeitsumfeld. Die Mitarbeiter, denen das gefällt, sind meist nach kurzem Schnuppern bei uns recht begeistert. Wenn etwas bei uns nicht richtig funktioniert, dann lernen wir daraus und versuchen, besser zu werden. Perfekt sind wir auch nicht.

CW: Wo haben Sie als Mittelständler Vorteile gegenüber Konzernstrukturen?

BERNHARD: Wir arbeiten daran, im Internet-Umfeld neue Märkte zu erobern. Dabei machen wir zwangsläufig Dinge, die noch nicht so viele Leute vor uns probiert haben. Wer das mitgestalten will, ist bei uns genau richtig. Wir haben gerade im recht kontroversen Segment Werkstättenmarkt einen Online-Leistungsvergleich gestartet, der die großen Unterschiede bei Auto-Inspektionen transparent macht. Und wir arbeiten an weiteren Ideen. Zwangsläufig sind unsere Mitarbeiter ganz nah dran am Markt und der Entwicklung. Die Aufgabe ist mit Sicherheit breiter als im Konzern und der persönliche Einfluss auf das Ergebnis auch. Und gerade das erlebe ich als unglaublich motivierend.

CW: Wo sehen Sie als mittelständischer CIO Möglichkeiten, auf Ihr Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber aufmerksam zu machen? Wie wollen Sie den Wettbewerb um die IT-Profis gegen die Konzerne gewinnen, zumal nicht wenige von ihnen überdurchschnittlich hohe Einstiegsgehälter zahlen?

BERNHARD: Wir können nicht warten, dass sich gleich der perfekte Bewerber bei uns meldet und anfangen möchte. Wir müssen früher ansetzen - schon während des Studiums durch Praktika, Diplomarbeiten, Werkstudenten-Tätigkeiten oder Traineeships. Das ist ein wichtiger Hebel, den wir nutzen und zukünftig noch stärker anbieten möchten. Sicher müssen wir im Bewerbermarkt bekannter werden.