"RIM ist noch immer ein sehr innovatives Unternehmen"
Sacco: Noch vor wenigen Jahren war RIM der unbestrittene König im Mobile-Geschäft. Heute schreibt sein CEO Leitartikel, um Aktionäre davon zu überzeugen, dass RIM weder tot ist noch im Sterben liegt. Wie konnte sich das Blatt so schnell wenden? Aus Ihrer Sicht: Was hat RIM in den vergangenen paar Jahren versäumt zu tun?
HEINS: Es gab eine Strategie, die besagte: Macht RIM global und last uns den weltweiten Smartphone-Markt in Angriff nehmen. Zur Erinnerung: In den Jahren 2007, 2008 und 2009 war der Markt gerade erst im Entstehen und Blackberry hatte geschaffen, was man später das Smartphone-Segment nannte. Das bedeutete, dass wir in regionales Portfolio aufbauen mussten und den Markt wirklich ins Visier nehmen mussten. Und das führte zu dem unbestreitbaren Erfolg des Unternehmens.
Was ebenfalls passierte, in den USA, war der Wechsel auf 4G und dieser Trend nahm Geschwindigkeit auf. Die Carrier übersprangen buchstäblich ihre Ausbaupläne mit 3G, etwa HSPA+ und investierten stark in 4G LTE. Ich glaube, wir waren nicht darauf vorbereitet. Wir waren zu sehr damit beschäftigt, unser weltweites Portfolio aufzubauen. Wir hatten außerdem eine leicht andere Vorstellung, wann der LTE-Rollout stattfinden wird. Und wir hatten beschlossen, uns auf den Rest der Welt zu konzentrieren, was uns zwar sehr hohe Absatzzahlen brachte. Letztendlich aber führte es dazu, dass wir uns nicht auf die neuen innovativen Technologien in den USA fokussierten. Die USA erlangte jedoch mit diesem Schritt die Führung im Bereich Mobile-Technologie zurück. So gesehen lag nicht nur unser Unternehmen falsch, es war auch so, dass der ganze Markt in den USA wieder technologisch gesehen Weltspitze erlangte. Das ist ein großer Schritt.
Das Blackberry-Betriebssystem, das wir heute haben, ist eine gute und solide Plattform, die uns erlaubte, all das zu machen, was wir taten. Aber gemessen an unserer Auffassung, dass Mobile Computing jetzt mit Laptops gleichzieht, mit Dual-Core, Quad-Core, hochauflösender Grafik, GPU, brauchten wir eine neue Plattform. Aus diesem Grund entschlossen wir mit Blackberry 10 eine neue Mobile-Computing-Plattform aufzubauen.
In den USA haben wir eine sehr sehr große Herausforderung und wir sind in puncto Innovation zurückgefallen, aber in der restlichen Welt erfreuen wir uns noch eines guten Geschäfts und - wie ich sagen würde - etlichen Platz-Eins-Positionen in bestimmten Ländern.
Sacco: Ich höre oft, dass RIM es verpasst habe, "Neuerungen vorzunehmen" und dass der Mangel an Innovationen zu der Klemme führte, in der RIM heute steckt. Ist es so einfach?
HEINS: Ich würde nicht sagen, dass wir es verpasst haben, Innovationen vorzunehmen. RIM ist immer noch ein sehr innovatives Unternehmen. BlackBerry 10 wird das auf jeden Fall beweisen. Ich denke, der Grund liegt woanders. Wir hatten ein sehr sehr erfolgreiches Rezept mit dem, worum es bei Blackberry ging. Da gab es vier Säulen: Akkulaufzeit, Texteingabe, Sicherheit und Komprimierung. Und dann kam der Wechsel mit LTE. Mit LTE war es auf einmal nicht mehr wichtig, Netzwerk-Ressourcen zu sparen, es war wichtig, die Netze voll zu machen, Datenverträge und Datenvolumen zu verkaufen. Wir haben in Sachen Innovation nichts falsch gemacht. Ich denke, unser Fehler lag in der mangelnden Erkenntnis, insbesondere in den USA, dass sich der Trend verändert und unsere Positionierung und unser Wertbeitrag im US-Markt ist diesem Trend nicht gefolgt.