4. Service Management größer denken
Mitarbeiter der Zukunft werden nicht mehr zwischen Anfragen an die IT und Anfragen an Abteilungen wie Personalwesen, Recht oder Einrichtungen unterscheiden. Sie erwarten dafür ein einheitliches System - und zwar unabhängig davon, ob sie Urlaub beantragen, ein Problem mit der Haustechnik melden oder einen neuen PC bestellen wollen. Aktuell werden die verschiedenen Service Requests in der Regel über ein zentrales Enterprise-Service-Management-Portal abgewickelt. Die ITSM-Plattform fungiert dabei als Drehscheibe und die IT-Abteilung konfiguriert automatisierte Workflows, die sowohl die Front-End-Erfahrung als auch die Back-End-Geschäftsprozesse unterstützen.
Künstliche Intelligenz wird dieses Enterprise-Self-Service-Portal auf die nächste Stufe heben und Nutzern eine wesentlich ansprechendere, personalisierter und "intelligentere" Front-End-Erfahrung bieten. CIOs können auf bestehende Erfahrungen ihrer Mitarbeiter zurückgreifen: IT-Teams, die sich bei der Implementierung von Service Management außerhalb der Kern-IT bewährt haben, verfügen über das notwendige Know-how und sollten deshalb in die strategische Planung und Einführung entsprechender KI-Technologien auf jeden Fall einbezogen werden.
Experten-Tipp: Finden Sie eine Fachabteilung mit hohem Beitrag an der Wertschöpfung des Unternehmens, die ein Portal, Automatisierung und Reporting benötigt. Bieten Sie an, ihre Prozesse und Workflows mit Ihrer bestehenden ITSM-Lösung zu automatisieren. Wenn sich diese nicht entsprechend anpassen lässt, ist es möglicherweise an der Zeit, sich nach zukunftsfähigen Alternative umzusehen.
5. Interoperabilität mit Drittanbietern schaffen
Künstliche Intelligenz ist auf die Verfügbarkeit relevanter Informationen aus verschiedensten Quellen angewiesen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie zur Vorhersage von Ereignissen oder zur Automatisierung von Serviceprozessen außerhalb der IT eingesetzt werden soll. In gewachsenen IT-Infrastrukturen werden jedoch Daten oft in separaten Einzelsystemen gespeichert, die sehr unterschiedliche Standards nutzen. Informationen sollten deshalb möglichst an einem zentralen Ort zusammengeführt werden - beispielsweise in einem Data-Warehouse (DWH) oder einer Service Management Plattform. Auf diese zentrale Lösung können künftige KI-Anwendungen schnell und sicher zugreifen.
In Unternehmen werden auch künftig Anwendungen verschiedener Hersteller eingesetzt. Ein zentrales Kernelement moderner Lösungen sind standardisierte Schnittstellen (APIs), die diese miteinander verbinden. Sie ermöglichen auch den direkten Informationsaustausch mit KI-Lösungen und können Nutzern die gewünschten Ergebnisse sehr schnell zur Verfügung stellen. Gartner prognostiziert in seiner strategischen Architektur-Roadmap, dass bis 2020 die Integrationsarbeiten für den Aufbau einer digitalen Plattform 50 Prozent des Zeit- und Kostenaufwands ausmachen werden. IT-Verantwortliche sollten deshalb vor dem Kauf einer neuen Businessanwendung den Grad der Integrationsfähigkeit prüfen und gegebenenfalls als neues Entscheidungskriterium bei Ausschreibungen einführen. Darüber hinaus ist es ratsam, bestehende und zukünftige ITSM-Plattformen auf ihre Integrationsfähigkeit zu untersuchen. Auch müssen sie schnell und einfach in Lösungen von Drittanbietern integrierbar sein. Nur so können Führungskräfte sicherstellen, dass mittelfristig alle Nutzer vom Einsatz Künstlicher Intelligenz profitieren können.
Fazit: Erfolgreiche KI erfordert mehr als Technik
Künstliche Intelligenz ist kein bloßer Hype, sondern ein ernst zu nehmender Trend, der auch den Service Desk grundlegend verändern wird. Manche Kritiker sehen (durchaus nicht zu Unrecht) zahlreiche Arbeitsplätze in IT-Abteilungen gefährdet, doch KI bietet Unternehmen und deren IT-Mitarbeitern vor allem neue Chancen: Während Routineaufgaben automatisiert bearbeitet werden, können sie sich mehr auf strategische Aufgaben konzentrieren als bisher - und die viel diskutierte Digitalisierung im Unternehmen aktiv voranbringen. CIOs sollten jedoch nicht vergessen: Die Nutzer in IT- und Fachabteilungen sind schon heute sehr anspruchsvoll und werden auch in Zukunft die eigentlichen Servicekunden bleiben - ohne breite Akzeptanz kann die unternehmensweite Einführung von Künstlicher Intelligenz kaum gelingen. Führungskräfte müssen deshalb nicht nur die technischen Voraussetzungen für KI schaffen, sondern für die Bereitschaft sorgen, sich auf Neues einzulassen. Nur wenn alle Mitarbeiter bereit sind, diesen Weg gemeinsam zu gehen, wird auch die Einführung KI-gestützter Service-Desk-Lösungen erfolgreich sein. Themen wie Selbstbestimmung, Wissensmanagement, Enterprise Service Management, die Nutzung agiler Methoden und Interoperabilität mit Anwendungen von Drittanbietern, sollten deshalb bereits jetzt auf der Agenda eines jeden CIO stehen - und mittelfristig in die ESM-Roadmap integriert werden.
- Dr. Christoph Angerer, Senior Developer Technologies Engineer - Deep Learning and Accelerated Computing bei Nvidia
"KI stellt kein fundamentales Risiko für den Datenschutz dar, wie oft angenommen wird. So kann Künstliche Intelligenz dazu beitragen, das Sicherheitsniveau zu erhöhen, etwa indem Daten bereits größtenteils auf dem Endgerät aggregiert und ausgewertet werden. " - Tobias Beuckes, RPA-Experte bei Horváth & Partners Management Consultants in Stuttgart
"Es ist wichtig, dass auf nationaler Ebene oder durch die EU ein Umfeld geschaffen wird, das den Einsatz von Technologien wie KI fördert. Ein regulatorisches Rahmenwerk sollte beispielsweise den Umgang mit den Daten regeln, die Anwendungen aus den Bereichen KI und maschinelles Lernen nutzen. Solche Frameworks sind die Voraussetzung dafür, dass Unternehmen eine langfristige Strategie bezüglich des Einsatzes von KI und maschinellem Lernen entwickeln können." - Hendrik Nieweg, Head of Solution Management bei Device Insight
"Wichtig sind 'Leuchtturmprojekte' im Bereich KI. Denn ein Großteil der Unternehmen wartet erst einmal ab, welche Erfahrungen Mitbewerber oder Partner bei der Umsetzung von KI-Initiativen machen." - Henning von Kielpinski, Vice President Business Development & Alliances bei der Consol Software GmbH in München
"Im Bereich KI und der Anwendung entsprechender Lösungen läuft Deutschland die Zeit davon. Mitbewerber aus dem Ausland bieten ihren Kunden bereits Zusatzdienste an, die auf Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen basieren." - Bernd Gloss, Managing Solution Architect bei Capgemini
"Unserer Auffassung nach konzentrieren sich derzeit viele Unternehmen darauf, existierende Prozesse mittels Industrie-4.0-Technologien zu verbessern. Beim Ausschöpfen der Möglichkeiten gehen sie allerdings noch sehr zaghaft vor." - Jan Karstens, Chief Technology Officer bei der Blue Yonder GmbH in Karlsruhe
"Die Disposition von Waren im Handel zählt zu den Einsatzfeldern, in denen nach unseren Erfahrungen KI und Maschinelles Lernen bereits heute unverzichtbar sind." - Michaela Tiedemann, Chief Marketing Officer bei der Alexander Thamm GmbH
"Bei Künstlicher Intelligenz geht es nicht nur darum, bestehende Prozesse zu verbessern. Vielmehr erlaubt der Einsatz von KI die Schaffung ganz neuer Geschäftsmodelle."
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