Fragt man IT-Führungskräfte nach ihren Herausforderungen im Bereich Schatten-IT, werden die meisten die Security-, Prozess- und Integrationsrisiken nennen, die für deren schlechten Ruf gesorgt haben. Für einige wenige stehen die tieferen Probleme, die sich zeigen, wenn Technologien in den Geschäftsbereichen ohne Einbeziehung der IT finanziert, beschafft und gemanagt werden, jedoch stellvertretend für verpasste Möglichkeiten der IT, die Bedürfnisse der Anwender zu erfüllen.
Damit sollen die mit Schatten-IT verbundenen Risiken keinesfalls heruntergespielt werden. Es gibt ausreichend Gründe, warum diese für 77 Prozent der im Rahmen einer Entrust-Studie befragten IT-Experten Anlass zur Sorge darstellt. Immerhin erwarben, veränderten oder erstellten 41 Prozent der Mitarbeiter in Unternehmen laut Gartner Technologien außerhalb der Sichtweite der IT-Abteilung. Dabei entsteht Schatten-IT in der Regel nicht auf Grundlage böser Absichten, wie Dinesh Varadharajan, CPO beim Softwareanbieter Kissflow, weiß: "Schatten-IT entsteht aus einem Mangel an Wissen darüber, wie die IT einzubeziehen ist - oder aus einem Mangel an IT-Support und -Spektrum heraus, der verhindert, dass spezifische Herausforderungen der Geschäftsanwender gelöst werden können."
Hier kann eine IT-Strategie helfen, die die Schatten-IT als Chance für eine verbesserte Zusammenarbeit begreift. Das ist keine einfach und schnelle Umstellung, sondern erfordert, dass IT-Entscheider an zwei Fronten gleichzeitig tätig werden, denn:
auf der Nachfrageseite geht es um die Art und Weise, wie die IT-Abteilung Technologieanforderungen managt;
auf der Angebotsseite um die Art und Weise, wie Technologieanforderungen geprüft und geeignete Lösungen evaluiert werden;
Nachfolgend haben wir für Sie in sieben Schritten zusammengestellt, wie Sie Schatten-IT zu einem Wettbewerbsvorteil machen.
1. Geschäftsbeziehungen ausbauen
Laut Brian Platz, CEO und Mitbegründer des Datenspezialisten Fluree, versuchen viele Unternehmen, Schatten-IT zu bekämpfen - allerdings nicht, in dem sie sie abschaffen: "Sie finden Wege, nicht genehmigte IT-Lösungen über offizielle Kanäle zu integrieren, um Sicherheit, Compliance und ein effektives Management zu gewährleisten. Gleichzeitig ermöglichen sie die Innovation und Flexibilität, die die Mitarbeiter dazu veranlasst hat, auf Schatten-IT zu setzen."
Damit diese Strategie aufgehe, müssten die IT-Führungskräfte zunächst "Licht" in die Schatten-IT bringen, so der CEO, nämlich, "indem sie den Kreis der Führungskräfte, mit denen sie in Kontakt treten, erweitern, öfter mit ihnen sprechen und sich tiefgehender mit den Workflows der Mitarbeiter auseinandersetzen."
Im Rahmen dieser Bemühungen stellen größere Unternehmen häufig Business Relationship Manager ein. Sie nehmen eine Schlüsselrolle ein, wenn es darum geht, die technologischen Bedürfnisse der einzelnen Abteilungen zu verstehen und diese in Anforderungen und Use Cases zu übersetzen. Kleinere und mittlere Unternehmen können diese Lücken schließen, indem sie:
ein Kommunikationsprogramm entwickeln, um Unternehmen und Stakeholder einzubinden,
einen Ideenfindungsprozess einrichten, um neue Geschäftsanforderungen zu erfassen, und
Design-Thinking-Methoden nutzen.
2. Parameter setzen
CIOs und IT-Entscheider müssen zudem ein Governance- und Bereitstellungsmodell einführen, um technologische Lösungen zu evaluieren, beschaffen und implementieren - und damit eine der Hauptursachen für die Entstehung von Schatten-IT zu beseitigen. Das beinhaltet auch die Kommunikation darüber, wie Technologieanfragen aufgenommen, priorisiert und dokumentiert werden.
Fehlen ein solides Bereitstellungsmodell und ein Kommunikationsplan, ist es wahrscheinlich, dass frustrierte Business-Nutzer die IT zu umgehen versuchen. Weil es Zeit kostet, Technologie zu kaufen und zu implementieren, besteht die simpelste Waffe der IT-Entscheider im Kampf gegen Schatten-IT darin, mit den Stakeholdern in Kontakt zu treten und ihnen sowohl Vertrauen zu vermitteln. Gleichzeitig zeigen sie ihnen damit, dass eine Zusammenarbeit in ihrem Interesse liegt.
"Das menschliche Element ist am wichtigsten", findet auch Brian Suk, stellvertretender CTO beim Cloud-Lösungsanbieter SADA. Er fügt hinzu: "Die Mitarbeiter wollen sich im Allgemeinen an die Richtlinien halten. Wenn diese aber zu streng sind und Reibungsverluste verursachen, führt das zu Schatten-IT. Kommunizieren Sie deshalb klar und in hoher Frequenz über die Richtlinien, ihre Gründe und Vorteile, schaffen Sie eine Collaboration- und Feedback-Kultur und bleiben Sie dabei flexibel um, Ihre Richtlinien an die sich verändernden Benutzeranforderungen anzupassen."
3. Risiken katalogisieren und mehr
Schatten-IT gibt CIOs die Möglichkeit, ihre Strategien für die Technologielösungen der einzelnen Abteilungen neu zu bewerten. Folgende Punkte sollte dabei eine Rolle spielen, nämlich:
der Umgang mit bestehenden Schatten-IT-Implementierungen;
die Zusammenarbeit mit den Business-Teams, wenn es um neue Lösungen geht;
die Erweiterung und der Support bestehender Applikationen und Technologien;
die Steigerung der Nutzungsraten und die Optimierung der Employee Experience;
die Erfassung von Metriken und der Nachweis über erzielten Geschäftswert.
Ein formalisierter und transparenter Priorisierungsprozess ist dabei ebenfalls essenziell: IT-Entscheider brauchen dazu eine Möglichkeit, um schnell umsetzbare Business Cases zu erfassen oder Vorhersagen über die Business Value zu treffen. Parallel müssen CIO, CISO und Compliance-Beauftragte auch ein Risk Management Framework einrichten, um quantifizieren zu können, wann Schatten-IT zu Geschäftsproblemen oder signifikanten Risiken führt.
Bei diesem Vorhaben sollten IT-Entscheider außerdem die Kooperation mit dem CFO suchen, schließlich entstehen durch Schatten-IT regelmäßig auch höhere Beschaffungskosten und Implementierungsrisiken. Auch Enterprise-Architecture-Spezialisten hinzuziehen, kann an dieser Stelle sinnvoll sein, um wiederverwendbare Plattformen und gemeinsam nutzbare Services zu identifizieren und so Kostenvorteile oder Synergien zu erschließen.
Anant Adya, EVP beim IT-Serviceanbieter Infosys Cobalt, weist auf eine weitere Schattenseite der Schatten-IT hin: "Oft werden dabei Ressourcen verschwendet, weil keine Dokumentation für Software erstellt wird. Eine aufschlussreiche und weitreichende Governance in Verbindung mit detaillierten Anwendungsprivilegien schreckt davon ab, Schatten-IT zu nutzen und hilft dabei, kooperative Betriebsmodelle aufzubauen."