10 Prognosen

Wie GenAI Entwicklerkarrieren umkrempelt

20.02.2024
Von 


Isaac Sacolick ist Autor des Amazon-Bestsellers "Diving Digital: The Leader's Guide to Business Transformation thourh Technology". Er schreibt als freier Autor unter anderem für unsere US-Schwesterpublikation CIO.com.

 
Automatisierte Code-Generierung und Copiloten sind nur der Anfang. Lesen Sie, worauf sich Softwareentwickler in der Generative-AI-Zukunft einstellen sollten.
Generative künstliche Intelligenz wird den Job des Softwareentwicklers nachhaltig verändern – wenn auch mehr mit Blick auf die Innenperspektive.
Generative künstliche Intelligenz wird den Job des Softwareentwicklers nachhaltig verändern – wenn auch mehr mit Blick auf die Innenperspektive.
Foto: dotshock | shutterstock.com

Integrierte Entwicklungsumgebungen (IDEs) haben die Entwicklerproduktivität in den 1980er Jahren maßgeblich gesteigert. Cloud Computing und DevSecOps-Tools brachten die nächsten Umwälzungen für die Softwareentwicklung. Nun steht mit Generative AI (GenAI) ein neuer, großer Paradigmenwechsel an. Er wird die Art und Weise, wie Unternehmen Software erstellen und warten sowie neue Tools zum Einsatz bringen, drastisch verändern.

Für Softwareentwickler stellt sich die Frage, welche Auswirkungen diese Entwicklung auf den Softwareentwicklungslebenszyklus (SDLC) und DevSecOps - und damit auf ihre Karriere - haben wird. Wir haben zu dieser Fragestellung Research-Ergebnisse gewälzt und mit Branchenexperten gesprochen. Im Ergebnis stehen zehn Prognosen dazu, wie GenAI die Karriere von Softwareentwicklern in der nächsten Dekade auf den Kopf stellen wird.

1. Code-Generierung wird Standard

Eine aktuelle Umfrage unter Entwicklern von Stack Overflow kommt zum Ergebnis, dass bereits 70 Prozent der befragten Devs KI-Tools in ihren Entwicklungsprozessen zum Einsatz bringen - oder planen, das zu tun. Diejenigen, die KI bereits nutzen, nutzen die Technologie in 82 Prozent der Fälle, um Code zu schreiben.

Zahlen wie diese verdeutlichen, dass sich die Art und Weise, wie Developer Code erstellen, wiederverwenden und Komponenten entwickeln, grundlegend verändern wird. Das kann auch Kaxil Naik, Software Engineer beim Tool-Anbieter Astronomer, bestätigen: "KI-generierter Boilerplate-Code und KI-gestützte Assistenten, die natürliche Sprache in funktionalen Code übersetzen, werden die Effizienz in neue Höhen treiben. Das wird es zudem erleichtern, komplexe Codebasen zu durchdringen und Best Practices anzuwenden."

2. Code-Validierung wird kritischer Skill

Code per Prompt generieren zu können, bringt jedoch nicht nur Vorteile mit sich, sondern schafft potenziell auch Sicherheits- und Performance-Probleme. Die große Hoffnung ist, dass die Zeit, die Entwickler bei der Erstellung des Codes einsparen, nun in seine Validierung fließt - bevor er in Applikationen eingebettet wird.

"In dem Maße, in dem Entwickler KI aufgrund der Produktivitätsvorteile einsetzen, müssen sie das, was sie produzieren, auch auf Herz und Nieren prüfen", konstatiert Peter McKee, Head of Developer Relations beim Softwareanbieter Sonar. Nach Einschätzung des Experten werden künftig auch CIOs und CISOs verstärkt von Developern erwarten, mehr Verantwortung im Bereich Code-Validierung zu übernehmen: "Wenn die Entwickler nicht auf Automatisierung setzen, um KI-generierten Code zu scannen und zu überwachen, muss exponentiell mehr Code gefixt werden und die technischen Schulden steigen."

3. Manufacturing als neues Paradigma

Vor allem mit Blick auf große Unternehmen stellt sich die Frage, wie es sich auf Tools und Standards auswirken wird, wenn viele Development-Teams, die Tausende von Applikationen supporten, Code mit GenAI-Unterstützung generieren. Wie wird, respektive kann die Softwareentwicklung in solchen Organisationen künftig aussehen, wenn Entwickler weniger selbst schreiben und stattdessen KI-generierten Code integrieren?

Markus Eisele, Developer Tools Strategy and Evangelism bei Red Hat, gibt einen Ausblick: "Ein Tooling-Mix führt zu einem Mangel an Standards und komplexem Onboarding. Ganz zu schweigen davon, dass das die kognitive Belastung für die Entwickler erhöht." Der Red-Hat-Experte weiß auch, wie es besser geht: "Eine Mix aus Best Practices in Kombination mit einem zentralisierten Entwicklerportal kann diesen Problemen entgegenwirken. Das kann Reibungsverluste beseitigen."

IDEs könnten sich so künftig zu einer Art "Montageplattform" entwickeln - ähnlich wie Computer-Aided Design (CAD) im Manufacturing-Bereich oder Building Information Modeling (BIM) im Bauwesen. Dabei dürfte sich der Fokus von der Erstellung kundenspezifischer Komponenten hin zur Montage vorgefertigter verlagern, während integrierte Tools zum Einsatz kommen, um Designs zu validieren.

4. Weniger Coding, mehr Supply-Chain-Risiken

KI-generierter Programmcode wird auch die Art und Weise transformieren, wie Unternehmensentscheider künftig Policies entwickeln und ihre Software-Lieferketten mit Blick auf Code Embeddings überwachen. Ging es dabei vor GenAI primär darum, kommerzielle und quelloffene Softwarekomponenten zu tracken, katapultiert die Technologie das Thema Supply-Chain-Risiken in eine neue Dimension.

Ilkka Turunen, Field CTO von Sonatype, illustriert, was das für die Unternehmenspraxis bedeutet: "DevOps-Praktiker werden eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht die KI-Supply-Chain zu managen und in standzuhalten. Die Sicherheit, Authentizität und Herkunft von KI-basierten Modellen wird im Tagesgeschäft eines Unternehmens deutlich stärker unter die Lupe genommen werden."

Das wird Einfluss auf die strategische Ausrichtung haben, wie der Entscheider prophezeit: "KI-Risiken müssen evaluiert und Bill of Materials zu KI-Modellen ordnungsgemäß gemanagt werden. Das wird zu einer ordnungsgemäßen KI-Hygiene in der DevOps-Infrastruktur der Unternehmen beitragen."

Zu erwarten ist zudem, dass SAST-, DAST- und andere Code-Management-Tools künftig weitere automatisierte Code-Scanning-Features mitbringen werden, um sicherzustellen, dass KI-generierter Code den Richtlinien entspricht.