Kurzinterview mit Angela Bisch
Frau Bisch, Sie sind in den USA aufgewachsen und kamen mit Mitte 20 nach Deutschland. Sie kennen also beide Welten. Wo bestehen mit Blick auf die Frauen in der IT Unterschiede, wo Gemeinsamkeiten?
Bisch: Wie in Deutschland sind auch in den USA Frauen in IT-Berufen eher selten zu finden. Das war im Amerika der 1980er-Jahre auch schon einmal anders. Der Anteil an weiblichen IT-Experten ist seitdem deutlich zurückgegangen. Aus meiner Sicht liegt das daran, dass es in der Vergangenheit nur wenige Frauen in der Branche gab, die als Vorbild dienten. Hinzu kommt, dass junge Frauen weder in den USA noch in Deutschland während der Schulzeit genügend für die MINT-Fächer motiviert werden. Das ändert sich langsam.
Komplett unterschiedlich ist dagegen die Art und Weise, wie das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf wahrgenommen und wie damit umgegangen wird. In den USA gibt es so gut wie keine staatlichen Regelungen - keine Elternzeit, keine öffentliche Kinderbetreuung. Die Leute organisieren sich selbst. Zusätzlich bieten viele Unternehmen Betreuungsmöglichkeiten an und punkten so im Wettbewerb um die fähigsten Mitarbeiter. In Deutschland erwarten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dagegen, dass der Staat sich kümmert. Unternehmen beginnen erst langsam, sich hier zu engagieren.
Würden Sie sich wünschen, dass Unternehmen in Deutschland mehr tun, um die Vereinbarkeit von Familien und Beruf zu verbessern?
Bisch: Ich halte es für sehr wichtig, dass sich Unternehmen in Deutschland viel stärker um die Kinderbetreuung bemühen. Sie selbst würden davon profitieren, weil sie Eltern - Mütter und Väter - so bei einem sehr praktischen Problem entscheidend unterstützen. Das fördert zum einen die Loyalität zum Unternehmen, zum anderen können sich Eltern voll auf den Job konzentrieren, wenn sie wissen, dass die Kinder gut versorgt sind. Dabei kann das Angebot von der Ferienbetreuung bis zu unternehmenseigenen Kindergärten reichen.
Warum sollte es aus Ihrer Sicht mehr Frauen in der IT geben?
Bisch: Frauen bringen teilweise andere Eigenschaften mit als Männer. Sie agieren häufig mit mehr Feingefühl und vorausschauender, sie lesen zwischen den Zeilen und verstehen Hintergründe besser. Das kann gerade in größeren Projekten sehr wertvoll sein. Unternehmen sollten sich aber nicht nur viel stärker um Frauen in IT-Jobs bemühen. Auch Menschen aus anderen Kulturen sind eine Bereicherung, weil sie neue Perspektiven und Herangehensweisen mitbringen. Die IT ist in diesem Zusammenhang eine gemeinsame Sprache, die Menschen aus verschiedenen Kulturen verbindet.