Für High-Performance-Unternehmen gilt: Das Streben nach Verbesserung ist ein integraler Bestandteil ihrer (Führungs-)Arbeit. Wer hier die richtigen Prozesse in Gang hat, wird auf Dauer erfolgreich im Markt agieren und aus Sicht seiner Kunden Spitzenleistungen erbringen.
Entsprechend viele Initiativen haben Unternehmen schon ergriffen - häufig mit durchwachsenem Erfolg. Dann gelang es ihnen nicht, das Streben nach Qualität so in den Köpfen der Mitarbeiter und in den Prozessen zu verankern, dass es zu einem festen Bestandteil der täglichen Arbeit wurde.
So war auch die Ausgangssituation bei einem international tätigen Finanzdienstleistungskonzern aus Deutschland Anfang 2013. Auch er hatte schon zahlreiche Initiativen gestartet, um das Streben nach Verbesserung in der DNA seiner Organisation zu verwurzeln. Unter anderem war ein sogenanntes Excellence-Programm aufgelegt worden, um den Mitarbeitern beizubringen, Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen und Verschwendung zu vermeiden.
Die Excellence-Aktivitäten hatten dann auch messbare Erfolge. Ein Manko war jedoch: Die Verbesserungen beschränkten sich auf Abläufe in einzelnen Bereichen, während die kundenrelevanten Leistungen bei dem Finanzdienstleister meist in cross-funktionalen Prozessen erbracht werden. Außerdem existierte kein bereichsübergreifendes Vorgehen beim Versuch, die Performance zu erhöhen. Das größte Problem jedoch war: Das Streben nach Verbesserung wurde vielfach als Zusatzaufgabe und nicht als integraler Bestandteil der Alltagsarbeit verstanden. Entsprechend unsystematisch war das Vorgehen.
Deshalb entschied der Konzern-Vorstand im März 2013, aufbauend auf den Excellence-Aktivitäten ein Lean-Management-Projekt zu starten. Es zielte darauf ab,
• das Streben nach Verbesserung zum integralen Bestandteil der Kultur und der Alltagsarbeit des Unternehmens zu machen und
• hierbei bereichsübergreifend ein einheitliches Verfahren zu nutzen, damit das wechselseitige Verständnis steigt und die Einzelinitiativen miteinander verzahnt sind.
Gute Mitarbeiter, gute Prozesse, gute Ergebnisse
Der Vorstand ließ sich von folgenden Grundgedanken leiten: Top-Leistungen sind das Resultat "guter" Prozesse, und diese sind das Ergebnis guter Mitarbeiter, die die Arbeitsprozesse beziehungsweise Wertströme pflegen. Damit die Mitarbeiter das tun, ist eine Führungsarbeit nötig, die sie ermuntert, fördert und auch fordert. Mit dem Lean-Projekt wurde also auch eine Führungskultur angestrebt, bei der die Führungskräfte eine Coaching-Funktion bezogen auf ihre Mitarbeiter haben.
Der Vorstand entschied, vor einem möglichen organisationsweiten Roll-out zunächst ein Pilotprojekt in drei Bereichen durchzuführen - auch um zu überprüfen, inwieweit sich der Lean-Ansatz für Dienstleistungsunternehmen eignet. Als Pilotbereiche wurden ausgewählt
• der Firmenkundenbereich,
• der IT-Bereich und
• als rein interner Dienstleister der Bereich Human Resources.
Pilotprojekt in drei Bereichen gestartet
Nun wurde ein Steuerungsausschuss für das Pilotprojekt eingerichtet. Ihm gehörte auch ein Mitglied des Vorstands an. Außerdem wurde ein Pilot-Kernteam gegründet, das das Lean-Projekt managen sollte. Es bestand aus dem Leiter des Excellence-Programms, der externen Beraterin Daniela Kudernatsch und drei Excellence-Coachs, die die Teilprojekte in den drei Pilotbereichen betreuen sollten. Zudem wurde in jedem Pilotbereich ein Projektteam gebildet, dem neben der jeweiligen Linien-Führungskraft und der externen Beraterin ausgewählte Mitarbeiter des Bereichs sowie der für das Teilprojekt zuständige Excellence-Coach angehörten.
Im Juni 2013 fanden in den Pilotbereichen Auftakt-Meetings mit der jeweiligen Linien-Führungskraft statt. Anhand von zwölf Leitfragen wurden darin die Wertströme definiert, die in den drei Teilprojekten optimiert werden sollten. Außerdem wurde geklärt, wie das Projekt in dem Bereich verlaufen solle und welche Rolle der Projektleiter hat. An die Auftaktmeetings schloss sich jeweils ein weiteres Meeting an, an dem auch die beteiligten Mitarbeiter teilnahmen. Ihnen wurde nun das Gesamtprojekt vorgestellt. Außerdem wurde mit Hilfe eines Formblatts der A3-Proposal, also der Projektauftrag inklusive der zu erreichenden Ziele, formuliert.
Nach diesen Vorarbeiten wurde ein Masterplan für das Pilotprojekt entworfen. Der Steuerungsausschuss präsentierte ihn in einer Kick-off-Veranstaltung im August 2013 vor dem Vorstand. Wenig überraschend kam die Diskussion bald darauf, ob sich der aus Produktionsunternehmen stammende Lean- und KVP-Ansatz überhaupt auf Dienstleistungsunternehmen übertragen lässt.
Man kam zu dem Konsens: Auch Dienstleistungsunternehmen benötigen, um aus Kundensicht zuverlässig Qualität zu produzieren, eine auf eine kontinuierliche Verbesserung ausgerichtete Kultur und stabile Prozesse für die Leistungserbringung. Deshalb lässt sich der Lean-Gedanke durchaus auf Dienstleistungsunternehmen übertragen.