Entlarvte Investment-Banker
Anders im Social-Media-Zeitalter! In ihm griffen im Handumdrehen mehrere Blogger weltweit das Thema auf und erfanden unter anderem Dialoge zwischen Goldman Sachs-Mitarbeitern, in denen diese sich abfällig über ihre Kunden äußern. Woraufhin sich im Netz eine immer höhere Empörungswelle aufbaute. Was wiederum fast alle klassischen Medien weltweit veranlasste, das Thema aufzugreifen, so dass aus der Empörungswelle ein Tsunami wurde - zumal das Thema alle (Vor-)Urteile bestätigte, die in der breiten Öffentlichkeit ohnehin bezüglich der skrupellosen Investmentbanker bestehen. Das Unternehmen Goldman Sachs (beziehungsweise seine Kommunikationsabteilung) versuchte dieser Entwicklung zwar entgegen zu wirken, jedoch erfolglos. Dem Unternehmen entstand ein Imageschaden, dessen Ausmaß (zum jetzigen Zeitpunkt) noch nicht absehbar ist.
Die Beispiele zeigen: Die Mitarbeiter entwickeln sich zunehmend zu einer neuen Kommunikations-Drehscheibe mit der Außenwelt und haben heute mehr Kommunikationsmacht als früher. Und mancher (Ex-)Mitarbeiter wird diese Macht künftig auch aktiv gebrauchen.
Eine, wenn auch nicht die weitreichendste Folge wird sein: Manch Anekdote, die bisher nur die Mitarbeiter eines Unternehmens kannten, wird künftig recht rasch an die Öffentlichkeit dringen, da es in größeren Unternehmen stets einen (Ex-)Mitarbeiter gibt, der "denen da oben" mal eins auswischen möchte. Entsprechendes gilt für Projekte, die so richtig schief liefen. Auch hierüber dringen heute bereits viel häufiger und schneller Infos an die Öffentlichkeit als noch vor wenigen Jahren. Nicht nur, weil die Unternehmen heute stärker als früher zum Beispiel im Bereich Forschung & Entwicklung mit anderen Unternehmen kooperieren, sondern auch weil Mitarbeiter im Online-Verkehr mit ihren "friends" oft unbewusst Firmeninterna ausplaudern. Häufig genügen den "friends" zwei, drei Detail-Infos, dann können sie, sofern sie vom Fach sind, hieraus die erforderlichen Schlüsse ziehen.
Wie sie mit dieser veränderten Situation umgehen sollen, darüber haben sich viele Unternehmen bisher kaum Gedanken gemacht. Deshalb reagieren die Verantwortlichen vielfach mit den alten Mitteln. Sie dehnen zum Beispiel die bestehenden firmeninternen Kommunikationskodizes, in denen steht, wer welche Infos bekommen darf und an wen diese weiter gegeben werden dürfen, auf die sozialen Netze aus und übersehen dabei oft, dass die größte Gefahr von der Online-Kommunikation ausgeht, die die Mitarbeiter als Privatpersonen und vielfach unter Pseudonym führen.
Oder: Arbeitgeber sperren gewisse Web-Seiten und Online-Plattformen für die Mitarbeiter, und übersehen dabei, dass inzwischen die meisten von ihnen ein Smartphone in der Tasche haben, mit dem sie jederzeit die gesperrten Seiten besuchen können. Und: Sie haben, wenn es um das "Auslecken von Informationen" geht, primär (Ex-)Mitarbeiter vor Augen, die sich am Unternehmen rächen wollen. Dabei geht die größte Gefahr von eigentlich loyalen Mitarbeitern aus, die sich zum Beispiel in Expertenportalen mit digitalen "friends" austauschen und diesen die noch fehlenden Info-Puzzle-Teile geben.
Sensibilisierung der Topmanager
Ausgereifte Konzepte, wie Unternehmen mit dieser veränderten Lage umgehen sollten, gibt es noch nicht - nicht nur, weil die sozialen Medien noch recht junge Medien sind, sondern auch, weil sich aktuell durch die starke Verbreitung von mobilen Geräten die Kommunikationsrahmen-Bedingungen erneut stark wandeln. Klar ist aber, dass in den Unternehmen ein Sensibilisierungs- und Bewusstwerdungsprozess stattfinden muss. Topmanager sollte klar werden, dass sich die Grenzen zwischen interner und externer Kommunikation zunehmend auflösen. Sie müssen aber auch begreifen, dass ihre Mitarbeiter heute eine größere Kommunikationsmacht als früher haben. Entsprechend wichtig ist es in einem zweiten Schritt, den Mitarbeitern bewusst zu machen, welche Macht und Einflussmöglichkeiten sie heute haben und wie genau sie folglich, bevor sie Infos verbreiten, analysieren müssen, mit wem und über welche Kanäle sie sich austauschen
Sich mit diesem Thema zu befassen, ist nicht nur notwendig, um Schaden von den Unternehmen abzuwenden, sondern auch um zu verhindern, dass diese zunehmend erpressbar werden - zum Beispiel durch enttäuschte oder frustrierte (ehemalige) Mitarbeiter. Dabei muss es sich keineswegs um die klassischen Geheimnisträger handeln. Ein mindestens ebenso großes Gefährdungspotenzial geht von den Mitarbeitern aus, die aufgrund ihrer jahrelangen Arbeit für das Unternehmen dessen Schwachstellen (zum Beispiel im Qualitäts-Management) kennen, um eine Empörungswelle nicht nur in der digitalen Welt auszulösen.
- 4 Tricks, mit denen Social Media gelingt
Weniger Meetings und Mails: Diese Erwartungen erfüllt Web 2.0 in Firmen eher nicht. Altimeter hat Unternehmen befragt und leitet daraus vier Tipps ab. - Social Media braucht ein Ziel:
Zuerst sollten die Entscheider herausfinden, an welchen Stellen eine verbesserte Kommunikation und Zusammenarbeit sinnvoll wäre. Ein Ziel wäre auch ein langfristiger Wandel in der Unternehmenskultur. - Den Weg vorgeben und Spielregeln aufstellen:
Mitarbeiter wollen wissen, wie sich sie auf der ESN-Plattform konkret austauschen können. Es hilft, ihnen im Vorfeld den Fahrplan für konkrete Kampagnen oder Events aufzuzeigen. - Richtig messen:
Die Zahl der Posts und persönlichen Nachrichten sagt nicht viel aus über eine verbesserte Kommunikationskultur. Wenn zum Beispiel Hierarchien geebnet werden sollen, ist es viel interessanter, ob Mitarbeiter sich auch im sozialen Netzwerk über Hierarchieebenen hinweg vernetzen. - Die Chefs müssen mitmachen:
Vorgesetzte sind, so sollte es sein, Vorbilder. Sie sollten Social Media nicht nur unterstützen, sondern aktiv nutzen - und dabei die Kommunikationskultur vorleben, die sie sich wünschen.