Zufriedene und motivierte IT-Teams neigen dazu, effizient, innovativ und hochproduktiv zu sein. Ein toxisches Team ist hingegen dazu bestimmt, sich zu streiten, Ziele zu verfehlen und das Gegenteil einer positiven Transformation zu erleben.
Toxische Verhaltensweisen innerhalb eines Teams sind ein Problem, mit dem fast alle IT-Führungskräfte irgendwann im Laufe ihrer Karriere konfrontiert werden - höchstwahrscheinlich mehr als einmal und in unterschiedlicher Ausprägung. Wir haben sieben toxische Verhaltensweisen innerhalb eines Teams zusammengetragen und sagen Ihnen, wie Sie mit ihnen umgehen können, bevor ernsthafte, langfristige Schäden entstehen.
1. Unverschämtheiten
Unhöfliches, unverschämtes und grobes Verhalten kann ein Team und die Zusammenarbeit in diesem im Handumdrehen zerstören, Projekte verzögern und das Gefühl der psychologischen Sicherheit einzelner Teammitglieder bedrohen. Davor warnt Binyamin Cooper, Post-Doc-Forschungsstipendiat an der Tepper School of Business der Carnegie Mellon University: "Unhöflichkeit umfasst Verhaltensweisen wie herabsetzende und erniedrigende Kommentare, Beleidigungen, die Augen zu verdrehen, sich mit fremden Federn zu schmücken oder Kollegen bewusst auszugrenzen."
Solche Verhaltensweisen wirkten sich nicht nur auf die direkt betroffenen Personen aus, sondern können auch auf ein komplettes Team oder eine ganze Abteilung übergreifen: "Unverschämtes Verhalten lässt oft negative Gedanken in die Köpfe der Menschen einsickern. Diese verbleiben dort und schlagen sich in negativem Verhalten nieder", so Cooper.
Mitarbeiter, die zu Unhöflichkeit oder Unverschämtheit neigen, ließen sich oft schon im Einstellungsprozess erkennen. Cooper: "Unterhaltungen mit Bewerber mit Hilfe von strukturierten Interviews und Fragen zu höflichem Verhalten können erste Hinweise auf solche Tendenzen liefern. Darüber hinaus kann es hilfreich sein, im Unternehmen ein Klima der Höflichkeit und Verantwortlichkeit zu schaffen und - insbesondere bei stressigen Interaktionen - Schulungen zur zwischenmenschlichen Kommunikation anzubieten."
2. Entkoppelung
Manchmal kommen Mitarbeiter an einen Punkt, an dem sie sich nicht mehr für ihre Arbeit interessieren und sich still und leise von ihrem Team und ihren Aufgaben abwenden. "Das kann daran liegen, dass sie Probleme mit dem Unternehmen, ihrer Rolle, ihren Kollegen oder vielleicht mit ihrem Vorgesetzten haben", weiß Paul Baird, CTSO beim Cloud Service Provider Qualys. "In manchen Fällen kann es auch eine Kombination aus allen genannten Gründen sein."
Die Arbeit in der IT setze die Mitarbeiter unter erheblichen Druck, insbesondere diejenigen, die nur wenige oder gar keine Details darüber erhalten, wie ihre Tasks in die Gesamtmission des Unternehmens eingebunden sind. Einige gestresste Mitarbeiter reagierten darauf instinktiv und zögen sich in die Neutralität zurück: "Wenn sich ein Teammitglied emotional zurückzieht, kann das eine vergiftete Atmosphäre schaffen, die auf den Rest des Teams übergreifen kann. Wenn Negativität erst einmal angesteckt hat, sind Schäden im Regelfall nicht mehr zu verhindern," so Baird.
Dabei würden IT-Führungskräfte allzu oft vergessen, dass ihre Mitarbeiter nicht nur eine Ansammlung von Tools sind: "Es handelt sich um Menschen mit komplexen Persönlichkeiten und privaten Angelegenheiten, die ihre Arbeit beeinflussen können", erklärt Baird. "Führungskräfte müssen sich die Zeit nehmen, den Einzelnen zu verstehen und zu erkennen, wie das Team als Ganzes funktioniert. Nur wenn Sie wissen, was in den einzelnen Bereichen tatsächlich vor sich geht, können Sie Probleme erkennen und verhindern, dass Negativität sich ausbreitet."
3. Pessimismus und Zynismus
Viele erfahrene IT-Fachleute seien im Laufe der Zeit dazu übergegangen, Enttäuschungen und Frustrationen wegzustecken, indem sie sich ein dickes Fell zulegen und immer mit dem Schlimmsten rechnen, meint Berater und Coach Aviv Ben-Yosef: "Ein wenig Fatalismus ist im Allgemeinen gut, denn er hilft den Teams, den Worst Case zu berücksichtigen. Das sollte jedoch keinesfalls zum Standardmodus für alle Team-Interaktionen werden."
Übermäßiger Pessimismus und Zynismus sorgten für ein riesiges Energieloch: "Ohne Positivität und Optimismus können Innovation und Kreativität nicht stattfinden. Die Fristen werden so gestreckt, dass sie den ungünstigsten Einschätzungen entsprechen, während die Parkinsonschen Gesetze dafür sorgen, dass die gesamte zugewiesene Zeit ausgeschöpft wird. Das führt zu einem Prozess, bei dem die Teams fast zum Stillstand kommen und jede Änderung zu einer Herkulesaufgabe wird", sagt Ben-Yosef.
Der Berater empfiehlt IT-Führungskräften, sich von Zeit zu Zeit mit ihren Teams zusammenzusetzen und negative Gedanken aus dem Weg zu räumen, sobald sie auftauchen: "Lassen Sie kein zynisches Geplänkel zu."
4. Neid
Neid, Missgunst oder auch Eifersucht am Arbeitsplatz treten in der Regel dann auf, wenn sich ein Kollege wegen der Skills eines anderen Teammitglieds ängstlich oder verunsichert fühlt. Ein solches Verhalten könne sich stark auf wettbewerbsintensive IT-Umgebungen auswirken, so Akram Assaf, CTO der Karriereplattform Bayt.com: "Wenn Neid ein Team beherrscht, kann das äußerst destruktive Auswirkungen haben. Wie die meisten anderen Arten von toxischem Verhalten kann auch Neid die Zusammenarbeit im Team behindern."
Bestehe der Verdacht auf solche Emotionen, müsse man sie in einer Teamsitzung ansprechen, rät Assaf: "Analysieren Sie das Problem gemeinsam und stellen Sie fest, ob jemand ungerecht behandelt wird. Betonen Sie den Wert einer guten Zusammenarbeit am Arbeitsplatz und belohnen Sie Mitarbeiter, die das praktizieren."
Die Förderung einer offenen Kommunikationskultur könne ebenfalls einen großen Beitrag dazu leisten, Neid und Missgunst zu verhindern: "Ich ermutige meine Mitarbeiter immer dazu, Probleme anzusprechen, bevor sie zu einem Problem werden. Ich ziehe es vor, dieses Thema in Teamsitzungen anzusprechen, aber ich ermutige auch zu Gesprächen unter vier Augen", so der CTO.
- Der Über-Versprecher
Speziell in Situationen, in denen immenser Druck herrscht, neigen manche Mitarbeiter dazu, alle möglichen, absurden Versprechungen zu machen. Entweder um Aufmerksamkeit zu erringen oder um dem Vorgesetzten beziehungsweise dem Management zu gefallen. Versprechungen machen ist immer einfach, aber wenn das Mega-Projekt dann eben nicht in den versprochenen zweieinhalb Wochen abgeschlossen ist, ist das ungünstig. <br><br/> Alexander Maasik empfiehlt: "Wenn es ein Teammitglied gibt, das am laufenden Band falsche Versprechungen gibt, von denen bereits vorher klar ist, dass sie unmöglich einzuhalten sind, sollten Sie seine Worte nicht mehr für bare Münze nehmen. Wenn Sie können, verlängern Sie den Zeitrahmen und/oder erhöhen Sie Budget oder Ressourceneinsatz, um Engpässe in anderen Bereichen kompensieren zu können." - Der Verantwortungsschieber
Dann gibt es diese Kollegen, die das Collaboration-Prinzip der geteilten Verantwortung auf ihre ganz eigene Weise interpretieren. Getreu dem Motto: "Die anderen werden es schon richten." Experte Maasik rät in einem solchen Fall dazu, dem betreffenden Mitarbeiter eine definierte Rolle und spezifizierte Verantwortlichkeiten im Team zuzuweisen. Alternativ könnten Sie den Verantwortungsschieber auch fragen, ob es Bereiche gibt, die ihn besonders interessieren. Eventuell könnten Sie so seine Leistungs-Leidenschaft neu entflammen. <br><br/> "Manchmal können Sie solche Leute motivieren, indem Sie ihnen Führungsverantwortung übertragen oder ihnen die Verantwortung für ein bestimmtes Gebiet/Thema übertragen, das ihnen am Herzen liegt. Sollte betreffender Kollege allerdings für ausschweifende Arbeitsunlust bekannt sein, hilft unglücklicherweise nur, ihn (oder sie) im Auge zu behalten und sich wenn nötig an höhere Instanzen zu wenden." - Der Fremdfeder-Connoisseur
Es ist nur menschlich, nach Wertschätzung und Anerkennung zu streben. Aber einige Menschen übertreiben das in einem Ausmaß, dass sie fast schon selbst daran glauben, wenn sie sich fälschlicherweise die Erfolge anderer zuschreiben. <br><br/> Maasik: "Leider nimmt der Enthusiasmus dieser Leute rasant ab, wenn es darum geht, die Verantwortung für Misserfolge zu übernehmen. Um solchen Entwicklungen entgegenzuwirken, empfiehlt es sich, genau festzuhalten, wer für welchen Part der Projektarbeit zuständig ist. So können auch alle Beteiligten sehen, wer welchen Beitrag leistet. Sollte jemand auf das Einheimsen von Lorbeeren bestehen, stellen Sie sicher, dass derjenige auch im Fall des Misserfolgs sein Fett abbekommt." - Der Makel-Magnat
Nicht führt die Team-Moral schneller und geradliniger in den Abgrund, als einer, der ständig nur kritisiert, auf Fehler "hinweist" oder sich über jeden Aspekt eines Projekts nur beschwert. Egal, ob es um Zuständigkeiten, Workloads oder die Strategie geht, der Makel-Magnat hat einfach immer was zu meckern. <br><br/> "Dieses Verhalten ist absolutes Gift für das Teamwork. Diese Leute verbringen mehr Zeit damit, sich zu beschweren, als mit der Erfüllung ihrer Aufgaben. Der beste Weg solche Menschen zu handlen: 1. Ignorieren Sie das Gemecker, 2. Geben Sie ihm so viel Verantwortung, dass er (oder sie) keine Zeit mehr hat rumzujammern." - Der Aussteiger
Manche Leute arbeiten besser alleine. Ist auch gar kein Problem. Außer es handelt sich um Personen, die in Team-Projekte eingebunden sind. Dann könnte jemand, der Anweisungen aus Prinzip ignoriert und affin für Alleingänge ist, das ganze Projekt auf's Spiel setzen. <br><br/> Deswegen empfiehlt auch Alexander Maasik, solche Leute lieber aufs "Abstellgleis" zu befördern: "Finden Sie einen Bereich im Projekt, an dem ein solcher Mitarbeiter alleine arbeiten oder sich selbst verwirklichen kann. So holen Sie das Maximum an Produktivität aus diesem Kollegen heraus und stellen gleichzeitig sicher, dass der Rest des Teams intakt bleibt."
5. Passive Aggressivität
Passiv-aggressives Verhalten, also negative Gefühle gegenüber Teamkollegen indirekt zu äußern, ist besonders destruktiv, da es sehr schwer zu erkennen und zu bekämpfen ist. Passiv-aggressive Handlungen könnten zu Zaudern und Misstrauen führen und den Enthusiasmus in einem IT-Team vergiften, ist Andrew Chornyy, CEO des Webseiten-Analysedienstes Plerdy, überzeugt: "Es ist eine echte Herausforderung, passiv-aggressives Verhalten bereits im Anfangsstadium zu erkennen, weil die Betroffenen normalerweise nicht gerne über solche Vorgänge sprechen."
Chornyy erinnert sich an einen Vorfall mit passiv-aggressivem Verhalten, der Ende letzten Jahres zu einer größeren Störung in seinem Team führte: "Unser Backend-Entwickler war ein wichtiges Teammitglied, aber auch ein Stolperstein. Designer, Spezialisten für Conversion-Rate-Optimierung, digitale Vermarkter und Front-End-Entwickler stellten ihm regelmäßig Fragen und machten Verbesserungsvorschläge. Das Problem? Er konnte nicht widerstehen, seine Kollegen für dumm zu verkaufen. In Slack-Chats zum Beispiel wies der Entwickler seine Kollegen ab, indem er Fragen nicht direkt, sondern mit Google-Suchlinks beantwortete."
Im Laufe der Zeit habe der Entwickler so toxisch reagiert, dass die Kollegen jeden Kontakt mit ihm vermeiden wollten: "Das verlangsamte die Produktion und - weit schlimmer - schürte das Misstrauen. Es war eine schwierige Entscheidung, aber ich musste diesen Mitarbeiter entlassen", gibt Chornyy preis.
Um Vorkommnisse wie diese zu vermeiden, schlägt Chornyy vor, Standardverfahren für Vorschläge und Fragen an Kollegen einzuführen: "Ein transparentes Verfahren kann die Kommunikation für alle Beteiligten erleichtern. Mit klaren Regeln lassen sich viele Situationen vermeiden, in denen es zu passiven Aggressionen kommen kann."
6. Überlegenheitskomplex
Die IT zieht in der Regel intelligente Menschen an. Das ist eigentlich eine gute Sache - es sei denn, die Besserwisserei eines Teammitglieds behindert die Zusammenarbeit und die gemeinsame Zielerreichung, wie Dennis Hancock, Präsident und CEO des Biotechnologieunternehmens Mountain Valley MD, anmerkt: "In der Technik ist die beste Lösung nicht immer die einfachste. Wenn mehrere Köpfe zusammenarbeiten, ergeben sich kreativere Lösungen, die unterschiedliche Perspektiven miteinbeziehen."
Führungskräfte könnten hochtrabendes, bevormundendes Verhalten minimieren, indem sie ein institutionelles Umfeld schaffen, das auf Teamarbeit ausgerichtet ist: "Eine Führungskraft, die ihr Team bei kritischen Angelegenheiten um Feedback bittet, trägt dazu bei, dass sich jedes Teammitglied wertgeschätzt fühlt und lebt das Verhalten vor, das vom Team erwartet wird", erklärt Hancock.
7. Hyper-Individualismus
In einer Zeit, in der die meisten Management-Experten zu einer engen Teamzusammenarbeit raten, fördern einige IT-Führungskräfte weiterhin eine Kultur der Gewinner und Verlierer. Wenn bevorzugte Teammitglieder auf Kosten kompetenter, aber weniger angesehener Kollegen belohnt werden, entstünden Anreize für Verrat und Hinterhältigkeit und es herrsche ein übertriebener Individualismus, meint Trevor Larson, CEO des HR-Softwareunternehmens Nectar: "Übertriebener Individualismus sowie die mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch mit Kollegen sind schädlich, denn die kooperative Zusammenarbeit ist die Grundlage eines erfolgreichen IT-Teams. Sie brauchen Mitarbeiter, die bereit sind, sich gegenseitig zu unterstützen und bei Bedarf füreinander einzuspringen. Wenn die Mitarbeiter alles als Nullsummenspiel sehen, wird das praktisch unmöglich."
Führungskräfte müssten unbedingt vermeiden, bestimmte Teammitglieder zu bevorzugen, empfiehlt Larson: "Machen Sie deutlich, dass die Ergebnisse des Teams über den Ergebnissen des Einzelnen stehen und dass die Mitarbeiter zwar persönliche Karriereziele haben können, der Erfolg des Teams aber an erster Stelle steht." (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.