Ratgeber 3D Printing

Von der Idee oder Vorlage zum 3D-Druck

17.08.2015
Von 
Klaus Hauptfleisch ist freier Journalist in München.

Industriell genutzte Verfahren

Um Metall oder gar Stahl zu verarbeiten, bedarf es anderer, wesentlich teurerer Technologien wie Electron-Beam Melting (EBM), Selective Laser Melting (SLM) oder Lasersintern (SLS) beziehungsweise Direct Metal Laser Sintering (DMLS), letztere drei auch unter dem Begriff 3D-Laserdruck zusammengefasst. Auf der englischen Wikipedia-Seite zu 3D Printing findet sich eine Übersicht der Technologien nach Grundtypen (Extrusion, Draht, Pulverbett, Laminierung und Lichtpolymerisation wie SLA und DLP), auf der deutschen Wikipedia-Seite werden zu den einzelnen Technologien namhafte Player genannt.

Im metallverarbeitenden 3D-Laserdruck, wo mit Hochleistungslasern gearbeitet wird, sind deutsche Anbieter wie EOS, SLM Solutions und Concept Laser übrigens führend. Letzterer veranschlagt 200.000 bis 1,5 Millionen Euro für seine Maschinen mit LaserCUSING genannter SLM-Technologie. Bei solchen Preisen ist zu überlegen, den 3D-Druck an externe Dienstleister wie Fit oder Rapidobject auszulagern oder sich auf dem keimenden Mietmarkt zu bedienen.

Der Münchner Broadline-Distributor Ingram Micro, der 3D-Druck vor zwei Jahren bereits zum Fokusthema erklärt hat, will laut Senior Manager Rudolf Ehrmanntraut 2016 auch den Mietmarkt ins Visier nehmen. Das nur am Rande. Nachteil von Schmelzen und Sintern (Erhitzen bis kurz vor dem Schmelzpunkt) ist eine relativ aufwendige Nachbearbeitung, während mit SLA und den Inkjet-ähnlichen Verfahren wie PolyJet und Multi Jet (siehe Ankündigung von HP) sehr glatte Oberflächen erzeugt werden können, um schnell zu Modellansichten zu kommen.

Interessant für Design- und Modellansichten ist die Möglichkeit des Farbdrucks, zum Beispiel mit 3D-Druck-Gipskeramik, wie sie der Dienstleister HIC Innotec mit der Ausgabe von 160.000 Farben einsetzt. Die ZPrinter der 2012 von 3D Systems übernommenen Z Corporation sollen in der der Spitze sogar bis zu sechs Millionen Farben hervorbringen können.

Datenerstellung oder Scan?

Hat man sich für den 3D-Druck und die betreffende Technologie entschieden, ist die eigentlich erste Aufgabe die der Datenerzeugung oder Wahl der Datenquelle. Heimbastler greifen gerne auf frei im Internet herunterladbare Templates oder Vorlagen zurück. Die Auswahl ist groß, beschränkt sich aber mehr oder weniger auf gängige Formen und "Comicfiguren", wie es Stephan Hinzmann, Geschäftsführer von HIC Innotec formuliert. In der Industrie und in anderen Branchen werden die Objekte dagegen vornehmlich mit 3D-Grafikprogrammen wie am Reißbrett neu konstruiert, weil sich der 3D-Scan oft als zu ungenau oder zu aufwendig erweist.

Ein Beispiel für vom Kunden angelieferte CAD-Daten
Ein Beispiel für vom Kunden angelieferte CAD-Daten
Foto: Rapidobject

Laut Benett Klein, Co-Geschäftsführer der Münchener 3D-Druck-Agentur Trindo, die mit namhaften Dienstleistern wie Alphaform, FKM und Fit Production zusammenarbeitet, greift sein Unternehmen nur selten zum 3D-Scan. Denn man habe die Erfahrung gemacht, dass es dem Reversed Engineering gleichkommt. Über die verschiedenen Scan-Verfahren bis hin zum CT wird eine Art Punktewolke erstellt, die als solche noch nicht von einer 3D-Software bearbeitet werden kann, sondern einer Flächenrückführung über spezielle Software bedarf, was je nach Objekt mehr oder weniger aufwendig ist. Insofern ist die Neukonstruktion bei einer "ausgenudelten" Schraube oder einem anderen relativ leicht aufgebauten defekten und nicht mehr lieferbaren Bauteil nach vielfacher Expertenmeinung tatsächlich oft die günstigere Variante.

Anwendungsbeispiele für den 3D-Scan

Laut Albert Klein von der Fit AG setzt man Scanner nur für die anschließende Qualitätssicherung ein. Bohrlöcher könne man gar nicht scannen. HIC-Innotec-Chef Hinzmann nennt indes Beispiele, wo individuelle Anpassungen oder organische Strukturen wie die runden Gebäude von Antonio Gaudí den Scan oder die Computertomographie (CT) günstiger machen. Sein Unternehmen habe eine Handmanschette entwickelt, die bei sich ständig wiederholenden Tätigkeiten vor einer Überdehnung der Finger oder Daumenpartie schützen soll. Da wird die Manschette gescannt.

Im Fall eines kleinen Mädchens, das ohne Ohren geboren wurde, ist sein Schädel mit einem CT erfasst und als Modell ausgedruckt worden. Dies ermögliche es dem Chirurgen, punktgenau die Stelle zu lokalisieren, wo die Titanstifte eingesetzt werden sollen, an die später magnetisch die künstlichen Hörmuscheln angebracht werden.

Durch Tiefseepipelines wiederum werden sogenannte Molche geschickt, die die Rohre auf mögliche Bruchstellen untersuchen. Eine fragliche Stelle wurde durch den Molch gescannt und schließlich farbig ausgedruckt, um das Teilstück eingehender zu untersuchen, so Hinzmann. Hat man die Daten erzeugt oder erfasst, geht es weiter dazu, diese zu bearbeiten. Zuvor muss aber sicher gestellt sein, dass das 3D-CAD-Modell in sich sauber oder "geschlossen" ist. Das heißt, es dürfen keine Löcher, sich selbst kreuzende Linien oder andere Fehler auftreten, wie sie beim Übertragen, Herunterladen aus dem Internet oder bei der Bearbeitung oft entstehen.

Datenbearbeitung mit 3D-CAD-Programm

Wie Bernd-Rüdiger Meyer und Dirk Falke in "Maßhaltige Kunststoff-Formteile" (Carl Hanser Verlag, 2013) feststellen, setzen alle Simulationsprogramme "eine mit einer Vielzahl von Dreiecken vernetzte Abstraktion des realen CAD-Modells" und ein in Fachkreisen heiles oder geschlossenes 3D-CAD-Modell voraus. Die Datenbearbeitung erfolgt mit einem 3D-CAD-Programm wie denen von Autodesk, Dassault Systèmes (Solidworks und Catia V5), von Siemens PLM (NX), netfabb oder ZWSoft(ZW3D). Welches sich besser eignet, das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Einige 3D-CAD-Programme können über Simulation nicht nur verschiedene Szenarien durchspielen, sondern auch tatsächlich Vorschläge in Sachen Werkstoff und Materialeinsparungen aufzeigen. Das über Boolsche Operationen aus einfachen Grundkörpern zusammengesetzte Volumenmodell wird zum Körpermodell, das virtuell alle relevanten physikalischen Eigeschaften annimmt, um es zum Beispiel plastisch oder thermisch zu verformen. Das bekannteste Ausgabeformat für den 3D-Druck ist STL. Dieses ist im ASCII-Code oder heute meist im binären Format geschrieben und hat sich zum Quasi-Standard für CAD-Systeme entwickelt.

Ist das virtuelle Modell abgeschlossen und für den 3D-Druck optimal positioniert, wird es meist im STL-Format ausgegeben. STL steht für "Stereo Lithography" und wurde von 3D-Systems-Gründer Hull ursprünglich im ASCII-Code geschrieben. Heute wird aus Platzgründen meist das binäre Format genutzt. Dabei werden 3D-Körper als Oberflächenmodelle in ganz kleine Dreiecksfacetten tesseliert oder parkettiert. Mindestens drei der Dreiecke, meistens eher mehr, haben einen gemeinsamen Eckpunkt, was im ASCII-Code eben zu Dateien mit enormer Größe führen kann. VRML arbeitet ebenfalls mit Dreiecksfacetten, vermeidet jedoch die vom STL-Format bekannten Redundanzen. Die in den Dateien enthaltenen geometrischen Werte sind für die weitere Datenaufbereitung wie das Positionieren und "Slicen" von Bedeutung.