Ratgeber 3D Printing

Von der Idee oder Vorlage zum 3D-Druck

17.08.2015
Von 
Klaus Hauptfleisch ist freier Journalist in München.
Viele Handwerks- und Maschinenbauunternehmen entdecken erst jetzt langsam die Möglichkeiten des 3D-Drucks, wissen aber nicht, wie sie diese nutzen können und dahin gelangen. Die Computerwoche erklärt die Abläufe.
Im Rennsport wird 3D-Druck bereits eingesetzt, hier etwa ein Wasserpumpenrad für einen BMW.
Im Rennsport wird 3D-Druck bereits eingesetzt, hier etwa ein Wasserpumpenrad für einen BMW.
Foto: BMW AG

Fast erinnert es an den Übergang von der plumpen Romanik zur filigranen, hoch aufragenden Gotik. In der Massenfertigung noch zu teuer, wird der 3D-Druck oder Additive Manufacturing (AM) schon für den Rennsport eingesetzt, um extrem leichte Motorblöcke zu bauen, während das traditionelle Gussverfahren eine gewisse Wandstärke erfordert, nennt Albert Klein, Finanzchef und Sprecher der FIT AG eines von vielen Beispielen. Die Unternehmensgruppe aus Lupburg in der Oberpfalz zählt sich mit der FIT Production und der netfabb GmbH zu den weltweit führenden Anbietern von Additive Design und Manufacturing (ADM) und 3D-Software. Netfabb for 3D Printing ist als kostenlose Basic-Version bei Heimbastlern sehr beliebt, für Industriekunden mit leistungsstarken Add-ons aber als Servicelizensierungsmodell verfügbar.

Leichtbau und Bionik ziehen ein

Im Endkundensegment mag 3D-Druck gemäß Marktforscher Gartners Hype Cycle bereits den "peak of inflated expectations" erreicht haben. In der Industrie, im Maschinenbau, der Medizintechnik und sogar bei Schmuckdesignern ist Additive Manufacturing längst Realität.

Andere Branchen wie Handwerksbetriebe entdecken auch immer mehr die Möglichkeiten, so dass 3D-Druck im professionellen Umfeld immer weitere Kreise zieht und noch große Wachstumsraten bevorstehen. Denn die additiven oder generativen Fertigungsverfahren ermöglichen durch Geometriefreiheit völlig neue Produktdesigns und Materialien. Leichtbauweise und Bionik (Lernen von der Natur) halten immer mehr Einzug. Man spricht heute von "design driven manufacturing" oder von "Konstruktion bestimmt die Fertigung", wie EOS-Managerin Claudia Jordan es ausdrückt. 3D-Druck lohnt aber nicht bei allen Anwendungen, daher sollte man erst die Ziele und Möglichkeiten analysieren.

Evaluierung, Konzeption und Design

Viele kleinere und mittelständische Betriebe beschäftigen sich erst jetzt mit dem Thema, wissen aber nicht, wie sie den 3D-Druck nutzen können und dahin gelangen. Im ersten Schritt muss daher evaluiert werden, ob in dem speziellen Fall der 3D-Druck überhaupt Vorteile bringt, und ob man die additiven Verfahren nur zum klassischen Rapid Prototyping einsetzen will oder auch für die kleinere Serienfertigungen.

Zur Erstellung von Prototypen sind CNC-Fräsen und Spritzguss immer noch sehr bewährte und erprobte Verfahren. Das rechnergesteuerte (CNC-) Fräsen hat zum Beispiel den Vorteil, dass der Prototyp schon aus demselben Werkstoff zerspant werden kann wie bei der geplanten Serienproduktion, was eine Funktionsprüfung der mechanischen, elektrischen und optischen Eigenschaften vereinfacht.

Markus Kaltenbrunner, Geschäftsführer und Leiter der Entwicklung beim österreichischen Hersteller Evotech, zufolge gibt es spezifische Materialeigenschaften, die beim 3D-Druck vielleicht noch nicht gegeben sind und für CNC-Fräsen sprechen. Außerdem entscheide auch immer die Komplexität der Teile. "Wenn ich einen Würfel mit einem Loch darin brauche, werde ich es fräsen, weil es schneller und kosteneffektiver ist", so der Kaltenbrunner. Wie alle Hersteller von Profi-3D-Druckern bietet sein Unternehmen Schulungen an und hat dafür eine eigene Evotech Academy ins Leben gerufen.

Wer bezüglich Materialeigenschaften und 3D-Druck zu wenig Know-how oder Erfahrung hat, sollte externe Beratungsdienstleister in Betracht ziehen, die Optimierungspotenzial bezüglich Werkstoff und Materialverbrauch aufzeigen können. Potenziale ergeben sich auch über die 3D-CAD-Software, weil man über Simulation virtuell verschiedene Szenarien durchgehen kann und je nachdem Vorschläge bezüglich Materialbeschaffenheit und Statik einholen kann.

Wahl der Materialien und Technologie

Apropos Material: 3D-Druck ist freilich nicht 3D-Druck. Je nach Werkstoff und dessen Festigkeit gibt es unterschiedliche Verfahren, die bei der Planung berücksichtigt werden müssen und unter Umständen die Anschaffung mehrerer Maschinen erfordert. Was die Ziele angeht, unterscheidet man grundsätzlich zwischen Rapid Prototyping (RP), Rapid Tooling (RT, "schneller Werkzeugbau") und Rapid Manufacturing (RM), wo es wirklich um die Planung und Herstellung von Produkten mit Seriencharakter geht, wie es der Adverma Think Tank ausdrückt.

Die verschiedenen Technologien zu beschreiben, würde hier zu weit führen. Die von Chuck Hull, Gründer von 3D Systems und Erfinder des 3D-Drucks, 1984 entwickelte und heute noch eingesetzte Stereolithographie (SLA) arbeitet mit lichtaushärtenden Photopolymeren. Fused Deposition Modeling (FDM) oder Fused Filament Fabrication (FFF) ist die am weitesten verbreitete Technologie, die günstige Consumer-Einstiegsprodukte für unter 400 Euro erst möglich gemacht hat. Verarbeitet werden damit hauptsächlich nur Kunststoffe mit geringerer Dichte und Schmelztemperatur, neuerdings aber auch Lebensmittel. Überhänge sind mit der FDM-Technologie jedoch nur schwer zu erzeugen.