Fast erinnert es an den Übergang von der plumpen Romanik zur filigranen, hoch aufragenden Gotik. In der Massenfertigung noch zu teuer, wird der 3D-Druck oder Additive Manufacturing (AM) schon für den Rennsport eingesetzt, um extrem leichte Motorblöcke zu bauen, während das traditionelle Gussverfahren eine gewisse Wandstärke erfordert, nennt Albert Klein, Finanzchef und Sprecher der FIT AG eines von vielen Beispielen. Die Unternehmensgruppe aus Lupburg in der Oberpfalz zählt sich mit der FIT Production und der netfabb GmbH zu den weltweit führenden Anbietern von Additive Design und Manufacturing (ADM) und 3D-Software. Netfabb for 3D Printing ist als kostenlose Basic-Version bei Heimbastlern sehr beliebt, für Industriekunden mit leistungsstarken Add-ons aber als Servicelizensierungsmodell verfügbar.
Leichtbau und Bionik ziehen ein
Im Endkundensegment mag 3D-Druck gemäß Marktforscher Gartners Hype Cycle bereits den "peak of inflated expectations" erreicht haben. In der Industrie, im Maschinenbau, der Medizintechnik und sogar bei Schmuckdesignern ist Additive Manufacturing längst Realität.
Andere Branchen wie Handwerksbetriebe entdecken auch immer mehr die Möglichkeiten, so dass 3D-Druck im professionellen Umfeld immer weitere Kreise zieht und noch große Wachstumsraten bevorstehen. Denn die additiven oder generativen Fertigungsverfahren ermöglichen durch Geometriefreiheit völlig neue Produktdesigns und Materialien. Leichtbauweise und Bionik (Lernen von der Natur) halten immer mehr Einzug. Man spricht heute von "design driven manufacturing" oder von "Konstruktion bestimmt die Fertigung", wie EOS-Managerin Claudia Jordan es ausdrückt. 3D-Druck lohnt aber nicht bei allen Anwendungen, daher sollte man erst die Ziele und Möglichkeiten analysieren.
- Modell von Löschtanker für Saudi-Arabien
Um Saudi-Arabien für das Großtanklöschfahrzeug CBS zu gewinnen, hat der österreichische Feuerwehrfahrzeughersteller Rosenbauer Rapidobject beauftragt, zwei Modelle zu entwickeln. - CAD-Daten von Rosenbauer
So kamen die CAD-Daten vom Löschfahrzeughersteller Rosenbauer bei Rapidobject an. - So entsteht der Wassertank
Mit Boolschen Operationen lässt sich im CAD-System über Hinzufügen, Weglassen und Verknüpfen aus Grundflächen jede beliebige Form modellieren. Hier wird gerade der Wassertank des Löschfahrzeugs entworfen. - 500 Höhenmessergehäuse über Nacht
Der Flugzeuginstrumentenbauer Kelly Manufacturing kann mit Hilfe der FDM-basierten Fortus-Maschine die Zeit für die Produktion der Höhenmesser deutlich verringern. Über Nacht werden 500 dieser Ringkerngehäuse aus hochtemperaturbeständigem Ultem ausgedruckt. - Unterkiefer aus dem 3D-Druck
3D Systems hat nach eigenen Aussagen den ersten Unterkiefer im 3D-Druck hervorgebracht. - MakerBot Robohand
MakerBot ist aus dem Open-Hardware-Projekt RepRap hervorgegangen und wurde 2013 an Stratasys verkauft. Das Bild zeigt eine Handprothese des US-Herstellers. - Bionischer Flugzeugbau
Früher wurden Brackets genannte Verbindungselemente, wie sie im Airbus A350 XBW zum Einsatz kommen, aus Aluminium gefräst. Nun werden die Elemente aus Titan und wesentlich „luftiger“ im Laserschmelzverfahren ausgedruckt. - Arbeitsschritte für Titan-Flugzeugbauteil
Das Titan-Verbindungselement wurde mit einem CAD-System zunächst entworfen und die Geometrie für die generative Fertigung ausgelegt, um es dann für den Druck per LaserCUSING von Concept Laser auszurichten und Stützgeometrien hinzuzufügen. - Schmuck vom 3D-Druck
Italien hat sich schon zur Hochburg für Schmuck vom 3D-Druck entwickelt. Das Bild zeigt ein Ensemble von Pietro Nardi aus einem SLA-Drucker von DWS. - Acetabulum von Arcam
Medizin und Medizintechnik ist eine neben Luft- und Raumfahrt eine der Top-Anwendungen für 3D-Drucker. Das Bild zeigt eine Hüftgelenkspfanne (Acetabulum), wie sie Arcam AB mit einer EBM-Maschine ausgedruckt hat. EBM steht für Elektronenstrahlschmelzen und kann auch Metall „drucken“. - Siemens NX im Einsatz
Siemens PLM gehört mit Siemens NX zu den führenden Herstellern von 3D-CAD- oder CAE-Software. Hier ist das Modell einer Flaschenabfüllanlage zu sehen, das mit dem System erstellt wurde. - Polylinien mit NX Realize Shape
Siemens PLMs NX Realize Shape basiert auf Subdivision Modeling und erlaubt das Erstellen von freien Flächen ... - Boolsche Operationen mit netfabb
Komplexe geometrische Figuren werden im CAD-Programm wie dem von der FIT-Tochter netfabb aus geometrischen Grundkörpern wie Würfel, Quadern, Kugeln und Zylindern gebildet. - "Löcher im Käse"
Hier im Bild werden von der netfabb-Software Löcher im 3D-CAD-Modell angezeigt. Denn für die Ausgabe und den Druck muss dieses „geschlossen“ sein. Andere Fehler können sich selbst kreuzende Linien sein. - Violine aus dem 3D-Laserdrucker
EOS fertigt zwar hauptsächlich für die Industrie, hat mit dieser Geige aus dem 3D-Laserdrucker aber auch medienwirksam viel Aufmerksamkeit erregt. - Schädelimplantat aus Titanlegierung
Der Eschenloher Dienstleister Alphaform hat diese künstliche Cranial-Platte im SLM- oder Laserschmelzverfahren aus der Titanlegierung Ti6AI4V gefertigt und für den medizinischen Einsatz veredelt. Solchen Platten müssen für jeden Patienten individuell angefertigt werden. - Prototyp einer Zentrifuge
Für die Braunschweigische Maschinenbauanstalt AG hat der Leipziger 3D-Druckdienstleister Rapidobject im Lasersintern- oder SLS-Verfahren diesen Prototyp einer Zentrifuge ausgedruckt.
Evaluierung, Konzeption und Design
Viele kleinere und mittelständische Betriebe beschäftigen sich erst jetzt mit dem Thema, wissen aber nicht, wie sie den 3D-Druck nutzen können und dahin gelangen. Im ersten Schritt muss daher evaluiert werden, ob in dem speziellen Fall der 3D-Druck überhaupt Vorteile bringt, und ob man die additiven Verfahren nur zum klassischen Rapid Prototyping einsetzen will oder auch für die kleinere Serienfertigungen.
Zur Erstellung von Prototypen sind CNC-Fräsen und Spritzguss immer noch sehr bewährte und erprobte Verfahren. Das rechnergesteuerte (CNC-) Fräsen hat zum Beispiel den Vorteil, dass der Prototyp schon aus demselben Werkstoff zerspant werden kann wie bei der geplanten Serienproduktion, was eine Funktionsprüfung der mechanischen, elektrischen und optischen Eigenschaften vereinfacht.
Markus Kaltenbrunner, Geschäftsführer und Leiter der Entwicklung beim österreichischen Hersteller Evotech, zufolge gibt es spezifische Materialeigenschaften, die beim 3D-Druck vielleicht noch nicht gegeben sind und für CNC-Fräsen sprechen. Außerdem entscheide auch immer die Komplexität der Teile. "Wenn ich einen Würfel mit einem Loch darin brauche, werde ich es fräsen, weil es schneller und kosteneffektiver ist", so der Kaltenbrunner. Wie alle Hersteller von Profi-3D-Druckern bietet sein Unternehmen Schulungen an und hat dafür eine eigene Evotech Academy ins Leben gerufen.
Wer bezüglich Materialeigenschaften und 3D-Druck zu wenig Know-how oder Erfahrung hat, sollte externe Beratungsdienstleister in Betracht ziehen, die Optimierungspotenzial bezüglich Werkstoff und Materialverbrauch aufzeigen können. Potenziale ergeben sich auch über die 3D-CAD-Software, weil man über Simulation virtuell verschiedene Szenarien durchgehen kann und je nachdem Vorschläge bezüglich Materialbeschaffenheit und Statik einholen kann.
Wahl der Materialien und Technologie
Apropos Material: 3D-Druck ist freilich nicht 3D-Druck. Je nach Werkstoff und dessen Festigkeit gibt es unterschiedliche Verfahren, die bei der Planung berücksichtigt werden müssen und unter Umständen die Anschaffung mehrerer Maschinen erfordert. Was die Ziele angeht, unterscheidet man grundsätzlich zwischen Rapid Prototyping (RP), Rapid Tooling (RT, "schneller Werkzeugbau") und Rapid Manufacturing (RM), wo es wirklich um die Planung und Herstellung von Produkten mit Seriencharakter geht, wie es der Adverma Think Tank ausdrückt.
Die verschiedenen Technologien zu beschreiben, würde hier zu weit führen. Die von Chuck Hull, Gründer von 3D Systems und Erfinder des 3D-Drucks, 1984 entwickelte und heute noch eingesetzte Stereolithographie (SLA) arbeitet mit lichtaushärtenden Photopolymeren. Fused Deposition Modeling (FDM) oder Fused Filament Fabrication (FFF) ist die am weitesten verbreitete Technologie, die günstige Consumer-Einstiegsprodukte für unter 400 Euro erst möglich gemacht hat. Verarbeitet werden damit hauptsächlich nur Kunststoffe mit geringerer Dichte und Schmelztemperatur, neuerdings aber auch Lebensmittel. Überhänge sind mit der FDM-Technologie jedoch nur schwer zu erzeugen.