Boston Consulting

Strategie gegen die Komplexität in der IT

03.10.2016
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

3 Muster der Komplexität

Die vier Komplexitätsgründe und die sechs Vereinfachungshebel bestimmen im BCG-Konzept drei gängige Komplexitätsmuster, mit denen auf jeweils unterschiedliche Weise umgegangen werden sollte:

  • erstens Komplexität der Datenlandschaft

  • zweitens schlechte Business-IT-Governance und IT-Prozess-Komplexität

  • drittens Komplexität der Anwendungs- und IT-Infrastrukturlandschaft

Boston Consulting merkt dazu an, dass Umfang und Charakter je nach Unternehmen und Branche unterschiedlich ausgeprägt sind und dass beispielsweise Finanzdienstleister in der Regel im Umgang mit Komplexität besser zurechtkommen als andere Unternehmen.

1. Komplexität der Datenlandschaft

Rund die Hälfte aller Unternehmen hat nach Einschätzung der Berater gerade in diesem Bereich massive Probleme. Nur jede zehnte Firma habe eine "single source of truth" eingerichtet, also Speicherräume und Datenbanken für unternehmensweite Datenobjekte vereinheitlicht. Das Fehlen von Standards und die Existenz verschiedener Datenbanken können laut BCG zu ernsten Problemen führen. Inkonsistente Daten behinderten etwa die Fähigkeit von Analyseprogrammen, Kundenverhalten zu analysieren und digitale Services zu liefern.

Als Grundlage einer Vereinfachung in diesem Bereich empfehlen die Berater die Implementierung von zeitgemäßen Prozessen für Datenqualität und Security Management. Diese Prozesse müssten sowohl auf der IT- als auch auf der Business-Agenda Priorität genießen.

2. Business-IT-Governance/IT-Prozess-Komplexität

Die Ursachen von Defiziten in diesem Bereich klingen wie Klassiker. Es fehlt an Zusammenarbeit zwischen IT und Business, die IT ist auf eine dienende Rolle reduziert, Methoden wie Agile bleiben außen vor, dennoch wird angesichts neuer Herausforderungen schnell kurzfristiger Handlungsdruck auf die IT ausgeübt. Kurzum: Es läuft vieles zu langsam und bürokratisch, um in der digitalen Welt bestehen zu können.

Als Gegengift empfiehlt BCG die Stärkung der IT-Abteilung sowie ihrer Beziehung zum Business - beispielsweise durch eine entsprechende Rolle in der Entwicklung neuer Produkte. Neue Collaboration-Methoden wie etwa DevOps könnten die Time-to-market um ein Fünftel beschleunigen. Gemeinsame Anstrengungen von IT und Business zur Verbesserung von IT-Prozessen hätten in mehreren Unternehmen zu Produktivitätssteigerungen von 25 bis 30 Prozent geführt. Erreicht wurde das beispielsweise durch eine Beschleunigung des Incident Managements und der Anwendungsentwicklung.

3. Komplexität der Anwendungs- und IT-Infrastruktur-Landschaft

Fast zwei Drittel der Unternehmen haben laut Studie in diesem Bereich Schwächen, die die schnelle und effiziente Umsetzung von digitalen Innovationen erschweren. Abhilfe auf der IT-Infrastruktur-Seite können folgende Funktionen schaffen: der Einsatz von Continous Delivery, die Verfügbarkeit von Echtzeit-fähigen Komponenten und die Nutzung von adäquaten Cashing- und Buffering-Systemen, um Wartezeiten und das Volumen prozessierte Daten zu reduzieren.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für alle Simplifizierungsprojekte sei ein starkes Engagement auf Seiten des Business-Managements, konstatieren die Berater. Notwendig sei der Wille zur Eliminierung von Komplexität, indem redundante oder selten genutzte Funktionalitäten tatsächlich außer Betrieb genommen werden.